An den lieben Herrn Baumgartner

18. April 2017

Sehr geehrter Herr Baumgartner,

Sie haben es als eines der Aushängeschilder Österreichs geschafft mich in ein anderes unserer Aushängeschilder zu verwandeln: Wie unserer steirischen Eiche fehlen auch mir gerade die Worte. Ihr Kommentar über eine der bekanntesten Journalistinnen unseres Landes hat mich tatsächlich für zwei ganze Minuten stumm dasitzen lassen.

Bevor ich aber noch zu Ihrer geschmacklosen Aussage über Corinna Milborns Figur komme, würde ich gerne noch etwas wissen: Ab wann fühlt man sich dazu berechtigt, so abschätzig über eine Frau zu schreiben? Aus welcher Höhe muss man springen, um das angemessene Maß an Höhenflug zu erreichen? Anscheinend reicht ja schon der Mini-Sprung von der letzten Treppe, wenn man den Facebook-Kommentaren glauben kann. In denen fühlen sich viel zu viele Männer dazu autorisiert, über die Körper der Mädchen auf dem Bild oder die Figur von Frau Milborn zu sprechen. Danke aber, dass Sie uns als gestandener Weltmann auch mitteilen, dass Sie sich gerne zu den Mädchen legen würden. Ich nehme mal stark an, dass Sie sich damit nicht bereit erklärt haben, auch in einem „Osterhöschen“ Palmers zu promoten. Falls ich falsch liege: Bitte lassen Sie mich bei dem Fotoshooting dabei sein. Ich würde zu gerne live meine persönlichen Kommentare abgeben.

Jetzt zu Ihrem Post: Sie haben nicht gerade dezent und sehr abwertend über die Figur einer Frau gesprochen, die sich öffentlich für andere Frauen stark macht. Corinna Milborn, egal welche Konfektionsgröße sie trägt, ist eine der bekanntesten Frauen in der österreichischen Medienlandschaft. Ich hoffe wirklich, dass mehr junge Mädchen sie im Fernsehen sehen und sich durch ihr Auftreten inspirieren lassen, als sie durch Ihr Facebook-Posting entmutigt werden. Sicherlich haben Sie nicht groß über Ihre Worte nachgedacht, aber ich will Ihnen nur mal sagen, dass sie trotzdem große Auswirkungen haben können. Mit 1,4 Millionen Likes auf Facebook sind Sie kein unbekannter, frauenfeindlicher Facebook-User, sondern eine Person im Auge der Öffentlichkeit, die auch von jungen Frauen bemerkt wird. Ich habe alleine in meinem engeren Freundeskreis drei Mädchen, die Essstörungen hatten oder noch immer haben. Damit meine ich aber nicht die Mädchen, die schon mal eine Diät gemacht haben, sondern: Wochen ohne einen Bissen, rapider Gewichtsverlust, graue Haut, Ausbleiben der Periode, rausstehende Knochen, blaue Flecken, Therapie. Das volle Programm. Zwei von ihnen sind noch davon betroffen, die eine konnte ihren Sieg über die Anorexie leider nicht lange genug genießen. Jede von ihnen wurde von Jungs und teilweise auch von Männern wegen ihrer Figur runtergemacht - Männern wie Ihnen.

Schön zu sehen, dass Sie als Promi Ihre Plattform nutzen, um etwas in der Gesellschaft zu verändern. Dem Backlash der Situation nach zu urteilen, haben Sie schon einige andere Männer dazu ermutigt, Ihrem Beispiel zu folgen und ebenfalls so geschmacklose Sachen auf Facebook zu posten. Danke für Ihr soziales Engagement.

Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag in Ihrem aufgespritzten, operierten LA,

Sarah Nadj.

 

P.S.: Wenn die wütenden Männer und Frauen in den Facebook-Kommentaren gerne auch über die Femi-Nazi-Tante herziehen wollen, die diesen Blogpost geschrieben hat: Meine Konfektionsgröße ist 38. Die besten Kommentare lasse ich mir tätowieren. GO!

Blogkategorie: 

Das könnte dich auch interessieren

Foto: Zoe Opratko
Zum Abschied gibt es kein Trompeten­...
Foto: Marko Mestrović
Ob Hijabi-Style, koschere Perücken oder...
Foto: Marko Mestrović
Nicht über die Communitys zu sprechen,...

Anmelden & Mitreden

1 + 0 =
Bitte löse die Rechnung