Der falsch verstandene Feminismus

14. Januar 2017

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Feminismus
Screenshot: Youtube

Eine gendergerechte Schneeräumung, das Wachsenlassen von Körperhaaren und die Verteidigung des Kopftuchs. Der Feminismus in den westlichen Industriegesellschaften ist zwar stärker geworden. Ihre Forderungen werden jedoch absurder. Sechs Gründe, warum der Feminismus falsch angegangen wird. 

Schweden gilt als das Vorzeigeland in Sachen Gleichberechtigung. Das hat prima funktioniert. Was in der schwedischen Gesellschaft funktioniert, müsste doch auch im Verkehr klappen. Aus diesem Grund hatte sich der Stockholmer Ratsherr Daniel Hellden von den Grünen gedacht, die Schneeräumung zu gendern. Anlass dazu gab ein spektakulärer Wintereinbruch in der schwedischen Hauptstadt. Der stärkste Schneefall seit hundert Jahren hatte Stockholm lahmgelegt. An einem einzigen Tag fielen rund 40 Zentimeter Neuschnee. Bei der gendergerechten Schneeräumung wurden zuallererst die Gehsteige, Bushaltestellen und Fahrradwege freigeräumt, statt wie üblich die von Kraftfahrzeugen benutzten Straßen. Dies hat einen einfachen Grund: Frauen sind öfter zu Fuß unterwegs und benutzen eher die öffentlichen Verkehrsmittel. Männer dagegen setzen sich lieber hinters Steuer.

Eine gut gemeinte Idee ist jedoch völlig nach hinten losgegangen. Stockholm erlebte ein regelrechtes Verkehrschaos. Wegen seiner ideologischen Voreingenommenheit kam dem Ratsherren nicht in den Sinn, dass Frauen nicht nur freigeräumte Bushaltestellen brauchen, sondern auch Busse, die auf freie Straßen angewiesen sind. Die Folge: Der Busbetrieb musste eingestellt werden.

Nicht nur dieses Beispiel zeigt, woran eine gut gemeinte Idee scheitert. Obwohl der Feminismus, meiner Auffassung nach, ein erstrebenswertes Ziel ist, das in allen Gesellschaften etabliert werden müsste, scheitert seine Umsetzung an folgenden sechs Annahmen:

1. Der Feminismus ist eine weibliche Angelegenheit

Zu glauben, dass der Feminismus ausschließlich für Frauen gemacht sei und sie sich von der Unterdrückung der männlichen Geschlechtsgenossen befreien müssen, ist genauso falsch wie die Annahme, dass der Mensch nur zehn Prozent seines Gehirns nutze. Der Feminismus zielt auf die soziale Gleichstellung der Geschlechter ab. Einfacher ausgedrückt: Wenn Männer mit einem Bier in der Hand ihre Lieblingsfußballmannschaft grölend anfeuern, dürfen das Frauen auch. Wenn Frauen in der Titanic-Szene weinen, während Rose Jack verzweifelt auffordert zurückzukommen, dürfen das Männer auch.

2. Frauen werden unterdrückt

Ein paar Fakten vorweg: (Häusliche) Gewalt gegen Frauen ist ein weltweites Problem. Im deutschsprachigen Raum ist jede vierte Frau von körperlicher Gewalt in den eigenen vier Wänden betroffen. Doch im Gegensatz zu ausgewählten Staaten ist es falsch, davon auszugehen, dass Frauen in Deutschland, Österreich und der Schweiz systematisch unterdrückt werden. Es ist hier nicht verboten, sich scheiden zu lassen, wählen zu gehen, am Berufsleben teilzunehmen oder Ehebruch zu begehen. Nein. Frauen werden hier nicht unterdrückt. Richtig ist aber, dass Frauen in vielen gesellschaftlichen Bereichen benachteiligt werden, z.B. dass sie in vielen Berufen 20 Prozent weniger Gehalt bekommen als Männer, obwohl es sich um dieselbe Position handelt.

3. Emanzipation ja, aber nicht in der Partnerschaft

Wenn es um Benachteiligungen auf öffentlich-gesellschaftlicher Ebene geht, dann setzen sich Frauen energisch für ihre Belange ein. Das Ziel ist klar: Frau möchte in der Karriere, in der Bildung und im öffentlichen Leben ebenso respektvoll behandelt werden wie Männer und auch Initiativen ergreifen können. Auf Privatebene begeben sie sich jedoch freiwillig in traditionelle Rollen. Männer sollten Frauen ansprechen und nicht umgekehrt. Er sollte eine starke Schulter haben und sich durchsetzen können. Idealerweise sollte er mehr verdienen und wenn die innere Uhr der Frau anfängt zu ticken, ihr auch ein Kind schenken. Vergessen wird bei der Artikulation solcher Ansprüche jedoch, dass man(n) heute nicht mehr jagen muss, um sich zu ernähren, sondern ein Klick im Internet dafür ausreicht. Aus falsch verstandener Romantik ordnet Frau sich – meiner Auffassung nach – längst überholten Partnerschaftsidealen unter. Was spricht in der heutigen Zeit eigentlich dagegen, dass die Frau den ersten Schritt macht oder in der Beziehung bzw. Ehe mehr verdient?

4. Die Körperbehaarung wachsen lassen

Ein Videoblog einer jungen Frau für ze.tt im Dezember sorgte in den sozialen Netzwerken für eine polarisierende Diskussion. Bloggerin Kristina Lang möchte herausfinden, wie frei Frauen in unserer Gesellschaft sein können und hat sich ein Jahr lang all ihre Körperhaare wachsen lassen. Die Absicht dahinter: Eine Frau soll selber über ihren Körper bestimmen können. Sie hat absolut Recht. Allerdings ist der Kontext etwas verzehrt. Was hat Feminismus mit Körperhaaren zu tun? Gar nichts. Doch in westlichen Industrienationen nimmt der Feminismus immer absurdere Züge an. Den Befreiungskampf der Frau an Körperhaaren oder durch das Zeigen von Brüsten – wie es die Mitglieder der Frauenrechtsbewegung "Femen" gerne praktizieren – festzumachen, ist vor allem eins: dekadent und trotzig. Nicht Frauen, die sich ihre Körperhaare wachsen lassen, müssen befreit werden, sondern Mädchen, die zwangsverheiratet werden und regelmäßige Gewalt erfahren.

5. Männer sind potenzielle Sexisten und Vergewaltiger

Vor kurzem hatte ich eine interessante Diskussion mit einer Freundin über Flüchtlinge. Sie fühlt sich von ihnen belästigt und bedroht. Auf die Frage, warum sie das so empfinde, antwortete sie mir: „Sie schauen mich so angegeilt an, als würden sie mich vergewaltigen wollen. Ich will nicht, dass Männer mich anschauen und dabei denken, wie ich wohl nackt aussehe.“ Ich kann ihr nur zustimmen, wenn sie nur Männer meint, die so pervers denken. Ich muss ihr aber widersprechen, wenn sie annimmt, dass alle Männer potenzielle Sexisten und Vergewaltiger sind. Als ob sie Sexmaschinen wären, die keine Gefühle kennen. Außerdem kann man Gedanken nicht verbieten. Mich als Mann stört es dagegen, wenn ich ehrliche Absichten bei einer Frau verfolge und sie anschaue, weil sie mir gefällt, aber sie davon ausgeht, dass ich nur an einer schnellen Nummer interessiert sei. Wenn bestimmte Frauen daran was auszusetzen haben und nicht angeschaut werden wollen, dann mögen sie bitte in den Iran oder nach Afghanistan auswandern. Die Annahme, dass Männer triebgesteuerte Wesen sind, vor denen man sich hüten muss, geht mittlerweile so weit, dass etwa in bestimmten Fluggesellschaften alleinreisende Kinder nicht neben fremden Männern sitzen dürfen. Das wiederum ist auch sexistisch.

6. Frauen sollten die Freiheit besitzen, ein Kopftuch zu tragen

Da ist sie wieder, die Debatte um das Kopftuch in Österreich. Nein, nicht von der FPÖ initiiert, sondern vom Integrationsminister Sebastian Kurz höchstpersönlich. Er verlangt das Verbot des Kopftuchs im öffentlichen Dienst. Nun kann man dazu stehen, wie man will. Aber eine Sache stört mich in der Debatte um das Kopftuch: Dass Feministen es verteidigen ist einfach widersprüchlich. Denn das Kopftuch ist kein feministisches Symbol, sondern ein Ausdruck einer religiösen, traditionellen und konservativen Haltung. Dass diese drei Attribute nicht unbedingt die Gleichberechtigung fördern, liegt auf der Hand. Zudem erscheint es doch widersprüchlich, dass auf der anderen Seite Feministen fordern, weibliche Körperhaare öffentlich herzeigen zu können und auf der anderen Seite die Verschleierung der Haare toleriert wird. 

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