Mach kein Mode-Praktikum

07. Oktober 2015

Dynamisch, frisch und hochmotiviert war ich, als ich am 3. August im Büro einer weltweit renommierten PR-Agentur in London ankam. Heute weiß ich, nie wieder!

Angefangen hat die ganze Geschichte vor einem halben Jahr, als ich mich für Praktika beworben hatte. Zurückblickend weiß ich, sich zu bewerben ist einem Vollzeitjob gleichzusetzen. Stressig und frustrierend kann eine Bewerbungsphase aussehen, die Bemühungen, eine perfekte Bewerbung zu schreiben, mischen sich mit den vernichtenden Absagen. Man fängt an, an sich selbst zu zweifeln und möchte nicht  weiter machen. „Wenn die mich nicht wollen, will ich die schon gar nicht!". Irgendwann realisiert man aber, dass Absagen nichts Persönliches sind, und setzt sich doch an den Schreibtisch und tippt was das Zeug hält. Survival of the fittest. Durchhaltevermögen zahlt sich aus,  später kamen auch die Zusagen und auf einmal hatte der Wind sich gedreht und ich musste absagen. Nach Abschätzen und Abwägen meiner Optionen hatte ich mich für eine PR-Agentur in London entschieden.

 

Glücklicherweise hatte ich Freunde in London, bei denen ich übernachten konnte. Für Unterkunft war gesorgt, etwas Gespartes hatte ich auch noch und kannte mich dort auch aus. Meiner super Zeit stand nichts im Weg.

Oh doch! Bereits mein erster Tag war eine reine Katastrophe; die zuständige Person war an diesem Tag nicht da und wir drei Praktikanten durften zunächst einige Stunden nur rumsitzen und nichts tun. Danach, als endlich jemand zu uns kam und erklärte, weshalb wir solange warten mussten, war für mich bereits klar: Das konnte nicht gut laufen. Im weiteren Verlauf des Tages wurde uns das Büro gezeigt und uns wurde eine Aufgabe gegeben.

 

Am nächsten Tag bin ich nicht mehr gekommen

 

Die Aufgabe, die sich monoton über Tage hinweg zog, bestand aus Auspacken und Aufhängen von Klamotten. Ah ja, ab und zu durften wir Magazine entsorgen und neue kaufen gehen.

Schon klar, Praktikanten sind billige Arbeitskräfte und am untersten Ende der Karriereleiter. Jedoch ging es mir nach einer Weile ziemlich gegen den Strich, 17-jährige langbeinige Russinnen anziehen zu müssen. Deinen Aggressionen darfst du in der Modebranche nie freien Lauf lassen, die kompensierst du durch unterschwellige Kommentare. Zum Beispiel: „Schönes Shirt. Letzte Saison?“

Mir wurde klar, dass ich in meiner Abteilung nicht mehr bleiben konnte und ich habe versucht, mit meinem Chef zu reden. Dieser meinte jedoch nur, es gäbe genügend Leute, die meinen Posten haben wollten.

Am nächsten Tag bin ich nicht mehr gekommen.

Grundsätzlich gibt es auch gute Praktika, aber in der Modebranche läuft alles über Sympathien und Kontakte. Wenn du es in der Modebranche schaffen möchtest, geh aus und lass dich sehen. 

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