Mein Abend bei einer Burschenschaft

25. August 2017

Ich landete letztens zufällig auf einer Party bei einer Burschenschaft. Meine Notizen zu dem Abend: Sei eine richtige Frau, manche Räume sind verboten und rede auf jeden Fall nur Deutsch!

 

Auch wenn sich das etwas nach investigativem Journalismus anhört, hat es nur wenig bis nichts damit zu tun. Viel mehr mit sehr viel Zufall. Letztes Jahr wurde ich zu dem Geburtstag meiner ältesten Freundin eingeladen. Wir kennen uns seitdem ich denken kann, sie war bei meinem ersten Geburtstag schon dabei und seitdem halten wir auch Kontakt. Sie feierte mit einer Freundin zusammen und schickte mir auch die Adresse von der Location. 

 

"In der Inneren Stadt?", dachte ich verwirrtes Donaustadt-Kind bei der Adresse. "Was für ein nobles Eck haben die sich da gemietet?" 

Zusammen mit einer Freundin kam ich neugierig und gut gelaunt dort an. Doch vor der vermeintlichen Adresse wurde ich wieder stutzig. Eine der Möglichkeiten zum Anläuten war eine Zweigstelle der FPÖ. Mein pazifistisches, feministisches Migrantenherz rutschte mir etwas in die Hose. Meine Begleitung und ich sahen uns zersträubt an, doch fingen auch schnell an Witze zu reißen. "Vielleicht sehen wir dann ja den Kickl wie er auf der Tanzfläche seine Moves auspackt", meinte ich noch.

 

 

Das Geburtstagskind kam uns zur Hilfe und brachte uns - glücklicherweise - nicht zu der Tür mit dem FPÖ Aufkleber. Ich atmete etwas auf und verwarf jeden Gedanken daran. Im Vorraum der Location kam das Gefühl allmählich wieder zurück. Mit einem Blick zu meiner Begleitung nickte ich in die Richtung der Wappen und Degen an der Wand. Im nächsten Raum hingen noch mehr von den Dingern und ich musste unwillkürlich lachen. Hier wurde die Party für meine kroatische Freundin geworfen? Wie ironisch.

 

Bevor wir zu den anderen kamen, unterhielt ich mich schnell mit meiner Begleitung. Sollten wir verschwinden? Zu neugierig um jetzt zu gehen, blieben wir und stellten uns bei den Anwesenden vor. Neben den Gästen, die meine Freundin mitgebracht hatte - welche alle relativ leger gekleidet waren - gab es auch diejenigen, die sich mit ihren Hemden und Burschenbänder in den selben Farben um die Brust gebunden. Bei meinem fragenden Blick, wurde mir erklärt, dass ein Freund des Geburtstagskindes Burschenschafter sein und ihr für ihre Feier den Ort bereitgestellt hatte.

 

Von da an wurde es zunehmend komischer und komischer.

Mit einem der Mitglieder kam ich etwas mehr ins Gespräch nachdem ich erklärte, dass ich - damals noch zukünftig - Politikwissenschaft studieren würde. "Das ist eines der schlechtesten Studienfächer, das kann ich dir sagen!" Er habe danach eigentlich auch Gender Studies studieren wollen, hätte das Studium jedoch nicht ausgehalten. Da wurde ich erst recht hellhörig. Ein Burschenschafter, der Gender Studies studieren will? 

 

Meine Aufregung wurde jedoch relativ schnell gedämpft. "Ich wollte nur mal sehen, was sie da überhaupt unterrichten wollen." Bei dem Thema Geschlechter wurde jedoch einer der anderen Burschenschafter hellhörig und gesellte sich zu uns. 

 

Nachdem er Gender Studies und Feminismus verteufelte, erklärte er mir, wie eine Frau sein sollte. "Eine richtige Frau eben." Aha, also keine "falsche" Frau? Zu meiner Verwunderung sagte er jedoch wenig über die gewünschten Eigenschaften einer Frau sondern meinte nur: "Dünne Mädchen braucht doch keiner. Eine richtige Frau sollte schon etwas zum Anfassen haben." Er fing an, eine gesellschaftlich gesehen attraktive Frau mit breiteren Hüften, großen Busen und Hintern zu beschreiben. Mit einer Handbewegung deutete er auf meine Begleitung und mich. Er hatte sich wohl ein zustimmendes Nicken unsererseits erwartet, doch wir sahen uns beide mit hochgezogener Augenbraue an. Als wir mit ihm zu diskutieren anfingen, wirkte er fast schon verwundert. Wieso mochten wir nicht die Kommentare eines deutlich älteren und - meiner subjektiven Meinung - ungepflegten Mannes nicht?

 

Wütend wollte ich aus dem Zimmer gehen. Unabsichtlich landete ich aber nicht bei dem Eingang zu dem Hauptzimmer, sondern bei einem Nebenzimmer. Es war nur schwach beleuchtet und drei der Burschenschafter waren um einen Tisch versammelt. Noch bevor ich mich für die Störung entschuldigen konnte, wurde mir schimpfend nachgebrüllt, ich solle ja verschwinden. Das Geburtstagskind fing mich ab und schloss die Tür hinter uns. "Wir dürfen nicht in diesen Raum." Etwas verstimmt murmelte ich nur: "Oh, hat mir leider niemand gesagt." 

 

Zusammen gingen wir aber zurück und sie schaffte es schnell, meine Stimmung wieder zu heben. Nach einer Zeit zog sie mich in eine Ecke des Raumes, einige Meter entfernt von der Bar, um mir auf Bosnisch etwas zu erzählen. Da es um etwas privates ginge, wolle sie nicht von allen verstanden werden, doch wir flüsterten trotzdem. Kaum hatte sie angefangen, schrie der "Adonis"von vorhin uns nach, dass wir in Österreich ja Deutsch sprechen sollten. Dabei sah er uns mit etwas erhobenem Kinn und gerümpfter Nase an. Wie er es überhaupt geschafft hatte uns zu hören, verstehe ich noch immer nicht. Als ich ihm bereits vom anderen Ende des Raumes Beschimpfungen an den Kopf werfen wollte, beruhigte mich meine Freundin und ignorierte ihn als sie ihre Geschichte weitererzählte.

 

Auch wenn mir von meiner Freundin versichert wurde, dass die meisten von ihnen liberal wäre und einer von ihnen sogar Grün-Wähler sei, wurde ich nicht sehr warm mit den Leuten. Auf dem Weg nach Hause konnte ich mit meiner Begleitung trotzdem etwas lachen und scherzen. Dieses Mal auch ganz auf Deutsch.

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