H.C. Strache Superstar

09. Oktober 2015

Bei der Wahlkampf-Abschlusskundgebung der FPÖ vor dem Stephansdom versammelten sich Hunderte Schaulustige und FP-Treue, um ihren „Heilsbringer“ zu bejubeln. Band und Vorredner, wie Gudenus, heizten, den herbstlichen Temperaturen und Regengüssen trotzend, dem Publikum richtig ein und Strache brachte es dann in Ekstase.

Johann Gudenus entertaint die Menge gleich nach den Darbietungen der polyglotten Band munter weiter. Nach „Gott weiß, ich will kein Engel sein“ und „I wanna make you sweat“ („Ich will dich zum Schwitzen bringen“) bemüht sich Gudenus um ein wenig Inhalt. Als pünktlich um 19 Uhr die Bummerin kleinlaut erklingt, dankt Johann dem christlichen Abendland. Ein lautes "Amen" in Rammstein-Manier geht durch die Menge. Kurz nach dieser besonnenen Andacht widmet man sich dem omnipräsenten Flüchtlingsthema. „Wirtschaftsflüchtlinge und Islamisten“ werden gegen das Abendland ausgespielt. Langsam wird das Publikum, im modischen Akzentblau, unruhig. Selbst für FPler ist das schon alte Leier. „Wir wollen H.C. seh’n“ grölen sie.

„Scheiß Linke, bescheuerte Asylanten“

Eine Dame in H.C.-Hauberl über FP-Schal und blauem Regenschutz mit dem Statementaufdruck „H.C. X-treme“ rempelt mich von der Seite an. Ich stehe inmitten des Getümmels unter eingeschweißten Hardcore-Fans. Mit meinem Diktiergerät und ohne mich an dem Applaus und  der Euphorie zu beteiligen, stehe ich da im Regen. Der Dame dürfte das negativ aufgestoßen sein, denn sie fängt an, mich zu beschimpfen. „Für wen nimmst du do auf?“ fragt sie mich mit detektivischer Neugier und leichter Paranoia. „Du g’herst zu die scheiß Linken, scheiß Grünen, bescheuerten Asylanten“. Das lasse ich zu ihrer offensichtlichen Enttäuschung unkommentiert, doch ich fühle mich bedrängt und wechsle zum Rand der Veranstaltung. Gleich ist es soweit...

(N)Immer wieder

Die Innenstadt-Uschi kündigt ihn Musikantenstadel-tauglich an und endlich kommt er auch. Heinz-Christian, als H.C. vergöttert, springt energisch auf die Bühne und stimmt in ein Duett ein. Eine kleine Kostprobe seiner Sangeskunst bietet er seinen Getreuen mit „Immer wieder Österreich“. Zwei junge Frauen mit Kätzchen-Schminke im Gesicht wippen im Hintergrund und schmiegen sich in das harmonische Bild der Übertragungskamera. Nach dieser Darbietung schwingt sich der Bürgermeisterkandidat mit Supertalent-Ambitionen ans Rednerpult. Der Jubel des Publikums ist ohrenbetäubend und übertönt für einige Minuten sogar den Lärm der Gegendemonstration.

Die inhaltliche Darbietung ist für stete Wahlbeobachter jedoch ernüchternd. Es sind dieselben O-Töne und Programmpunkte wie in den langen Monate zuvor. Ein Stück Rot-Grün-Bashing, ein bisschen Flüchtlingshetze, eine Prise Abendlandromantik, abgerundet mit ganz viel Polemik und Stammtischschauspiel. Alt bewährtes Rezept, das nicht schmeckt, aber immer wieder gelingt – Fortsetzung folgt am Sonntag. 

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Kommentare

 

Ein super Blog zu einer mehr als traurigen Angelegenheit ..

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