Warum reden wir nicht über Geld?

18. August 2022

Über Geld reden

Geld
Foto: Christian Dubovan

Wie viel verdienst du eigentlich? Schon früh wurde mir beigebracht, dass diese Frage ein absolutes Tabuthema in Österreich ist. Über Geld spricht man nicht, man hat es einfach. Aber welche Probleme entstehen, wenn wir nicht miteinander über Geld reden und wenn man keine Vorstellung davon hat, wie viel eigentlich die eigenen Eltern verdienen?


Woher kommt dieses gesellschaftliche Phänomen, nicht über Geld zu sprechen? Besonders zur Zeit der Teuerungen ist es ein Schuss ins Knie, sich nicht mit Zahlungen, Sparmaßnahmen und konkreten Kosten zu beschäftigen.

Geld ist nicht alles im Leben, Reichtum noch weniger. Trotzdem ist es wichtig, Ahnung davon zu haben. Jede/r von uns, will ja finanziell halbwegs stabil durchs Leben gehen. Einen gewissenhaften Umgang mit Geld lernen wir nur, wenn wir anfangen nachzufragen. Es ist fatal, dass vielen jungen Menschen gar nicht bewusst ist, wie viel was kostet. Wie sollen junge Erwachsene eine Vorstellung von Finanzen haben, wenn es beschämend oder frech ist, darüber zu sprechen?

Ungerechtigkeiten werden totgeschwiegen. KollegInnen sprechen am Arbeitsplatz nicht über ihr Gehalt. Woher soll ich dann wissen, dass bei meinem eigenen Gehalt, etwas nicht mit rechten Dingen zugeht? Besonders bei ungleichen Gehältern, können wir schneller Fairness einfordern, wenn wir uns untereinander austauschen. Unterschiedliche Löhne von Mann und Frau für dieselbe Arbeit, kommt nicht gerade selten vor. Miteinander darüber sprechen? Machen wir nicht, sollten wir aber.

Kosten neuer Anschaffungen werden kaum offengelegt. Der Kauf eines Autos, der Hausbau, wie viel Gewinn bei einer Investition gemacht wurde, die besten Sparmaßnahmen – all das bleibt ein Geheimnis. Durch fehlenden Austausch fällt es schwer, Kosten einzuschätzen. Vielleicht hast du einmal bei einem Kauf zu viel Geld ausgegeben? Vielleicht hat dich der Tischler doch mal abgezogen? Vielleicht hättest du dir woanders, den ein oder anderen Euro sparen können – hättest du einfach darüber gesprochen.

Die Angst, dass uns etwas Weggenommen wird, hemmt viele davor, offen zu sprechen. Wenn es um Geld oder Materielles geht, ist der Neid und das nicht gönnen in unserer Gesellschaft tief verankert. Wir haben nicht nur Scheu davor, dass Leute uns verurteilen oder nicht gönnen, wir gönnen selbst nicht.

Viele meiner FreundInnen wissen gar nicht, wie viel ihre Eltern verdienen. Es war nie ein Thema und wird auch nicht als notwendig empfunden, es den Kindern weiterzugeben. Das führt dazu, dass sie keine Vorstellung davon haben, wie viel Miete gezahlt wird oder wie teuer ein Auto eigentlich ist. Es entsteht ein vollkommen verzerrtes Bild von einem „ausreichenden“ Gehalt.

Junge Erwachsene werden selbstständig und unterschätzen, wie viel Geld sie eigentlich brauchen. Oft geraten sie in Schulden. Der Schuldenreport von 2021 gibt an, dass 24,7% der KlientInnen, die Schuldenberatung ansuchen, unter 30 sind. Natürlich gibt es verschiedene Gründe, warum eine junge Person in Schulden gerät. Doch der erste Schritt für einen vernünftigen Umgang mit Geld, ist darüber zu reden. Fangen wir endlich damit an!

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