Disneyprinzessinnen sind die Heldinnen vieler junger Mädchen auf der ganzen Welt. Aber lasst uns mal diese vermeintliche Glitzerwelt auseinandernehmen und nachsehen, was sich unter Rapunzels Extensions versteckt, und was Schneewittchen wohl unter den sieben Decken so treibt. Spieglein, Spieglein, an der Wand, lass uns mal realtalk machen.

Ziehen wir Rapunzel an den Extensions

Schneewittchen, Dornröschen, Jasmin, Cinderella, Bella, Arielle und Rapunzel – ach, die Heldinnen unserer Kindheit. Sie sind jung, wunderschön, tragen bezaubernde Kleidchen und singen mit Engelsstimmen über ihr Leben. Dazu kommt noch allerhand glitzerndes, pinkes Merchandise, Puppen, Schultaschen, Kugelschreiber – Disneyprinzessinnen sind überall. Kein Wunder, dass viele kleine Mädchen auf der ganzen Welt zu ihnen aufsehen und sie als ihre Vorbilder betrachten. Aber es ist an der Zeit, diese heile Disney-Glitzer-Welt auseinanderzunehmen. Lehnt euch zurück, wir werden jetzt Cinderella aus dem Drogenkoma wecken, Rapunzel an den Extensions ziehen und Schneewittchen bei ihrem Gangbang stören. Es ist an der Zeit, abzurechnen.

Hochzeit heißt Happy End für immer

Blicken wir einmal hinter die glitzernden Kulissen: Ist euch schon mal aufgefallen, wie jung diese Mädchen alle sind? Keine der Disneyprinyessinnen ist über 18. Alle sind im richtigen Alter, um zu heiraten und somit für den Rest ihres Lebens glücklich zu werden. In Disneyfilmen bedeutet Hochzeit gleich Happy End für immer. Denn das größte Bestreben, die höchste Errungenschaft, das allergrößte Ziel dieser Mädchen ist es, einen reichen und schönen Prinzen zu heiraten. Damit sie dann ihr restliches Leben lang an einem Fenster sitzen können, sich die Haare dabei bürsten und darüber singen können. Die Devise lautet: Sei hübsch und warte auf deinen Traumprinzen, der dich retten wird. Dann wird dein Leben perfekt. Klar, die meisten Disneyprinzessinen haben in Zeiten gelebt, in denen so eine Lebenseinstellung gang und gäbe war. Aber sie sind Vorbilder für junge Mädchen heute, im Jahre 2016, und das ist das Problem.

Schneewittchen und ihre sieben Bettchen

Ist euch aufgefallen, wie unselbständig die Disney-Frauen sind?  Bevor sie von ihrem starken Traumprinzen gerettet werden, haben sie meistens eine Armee von Tieren, die sie durch ihr Single-Leben begleiten. Sie sind zwar vermeintlich ihre Freunde, eigentlich aber mehr so etwas wie Diener, die ihnen jedes mal den Arsch retten, wenn es brenzlig wird. Ich meine, die Mäuse und Vögel bei Cinderella, die alles für sie tun würden? Oder man nehme Arielle - Sebastian, der ihr die ganze Zeit zur Seite steht und immer für sie da ist- was sie als selbstverständlich hinnimmt. Sind wir uns ehrlich, diese Tiere sind einfach nur praktische Side-Kicks für die Mädchen, aber Hauptsache in den Songs betonen sie immer ihre enge Freundschaft. Apropos Freundschaft, Schneewittchen zeigt uns, dass es völlig okay ist, bei sieben wildfremden Männern einzuziehen. Auch, wenn es Zwerge sind. Es gibt sicher mehr als einen Porno mit diesem Szenario, aber ich will das jetzt wirklich nicht googlen. Deshalb ziehen wir etwas unschuldiger weiter:

Habt Angst vor der Bösen Kim Kardashian

Was wir aus Disneyfilmen sonst noch gelernt haben, ist, dass wir Angst vor allen Menschen haben sollen, die alt und hässlich sind. Cinderellas Stiefmutter, die Hexe in Schneewittchen, Ja’faar aus Alladin (der übrigens aussieht wie Kim Kardashian anno 2007) -  bleibt fern von ihnen, sie werden euch euer Leben zerstören. Vertraut nur wunderschönen, blonden, reichen jungen Typen - die Prinzen sind, natürlich. Entschuldige, eine Ausnahme: das Biest aus Schöne und das Biest. Aber das ist auch super-reich. Das kompensiert natürlich sein Aussehen. Denn nur darum geht es im Leben, wenn man  schon 17 ist und immer noch nicht geheiratet hat. Wieso hätte Cinderella nicht damit enden können, dass sie endlich von ihrer Stiefmutter wegzieht und einen Job findet? Danach hätte sie immer noch Zeit, ihren Fußfetischisten zu heiraten.

Was, wenn Dornröschen Valium-süchtig wird?

Oder dieses dumme, dumme Schneewittchen: Ein zufälliger Prinz kommt genau zufällig vorbei, als sie in ihrem gläsernen Sarg liegt und erweckt sie mit einem Kuss wieder zum Leben. Hallo, Nekrophilie much? Aber nein, er hat sie einmal geküsst, als sie es nicht einmal mitbekommen hat. Das muss Liebe sein, heirate ihn gleich! Hinterfragen diese Mädchen eigentlich nichts in ihrem Leben? Oder sind sie noch zu jung dafür? Und was passiert nach dem großen Kuss am Schluss? Was ist, wenn Arielle von Fischern gefangen wird? Wenn sich Dornröschen beginnt, im Ehealltag zu langweilen, Valium-süchtig wird und wieder in ein Koma verfällt? Von Schneewittchens Zwergen-WG mal ganz zu schweigen, da geht sicher mehr ab, als uns lieb ist. Ernsthaft jetzt: Ich weiß, es sind „nur“ Märchen. Aber es sind Märchen, die so eine Riesenauswirkung auf so viele Generationen hatten, und irgendwie musste es endlich gesagt werden: Bitte hört auf, sie als eure Heldinnen zu betrachten. Es ist keine Errungenschaft, sein Leben lang durch den Wald zu hopsen und Tiere herumzukommandieren. Wisst ihr, was eine Errungenschaft ist? Den Krieg gegen die Hunnen zu gewinnen. Es gibt nämlich eine, die meine Hoffnung noch am Leben erhält: Mulan.

Zieht doch einfach mal so in den Krieg gegen die Hunnen

Sie ist zwar theoretisch keine Disneyprinzessin, aber sehr wohl eine weibliche Protagonistin und der Aufbau der Geschichte ähnelt sehr dem einer Märchen-Lovestory. Doch sie ist die Einzige, die nicht einfach in ihrem Turm oder sonstwo herumsitzt, singt, und auf ein Wunder wartet, nein, sie zieht einfach mal so in den Krieg gegen die Hunnen. Und das nicht, weil sie sich erhofft, sich dort einen sexy Hunnen-Leader aufzureißen, nein - sie will für ihr Land kämpfen und ihren Vater schonen, der zu alt ist, um im Krieg zu dienen. Gut, zum Schluss endet sie dann sowieso zusammen mit dem sexy General-Sohn, aber erst, nachdem sie ihm den Arsch gerettet hat und nicht er ihr. You go, girl.

Grimm-Brüder und Geschlechterrollen

Mulan ist ein Film, den ich erst als Erwachsene wirklich verstanden habe. Als Kind habe ich mich immer gefragt, wieso das denn so eine Schande ist, als herauskommt, dass Mulan eigentlich eine Frau ist. Und wieso das so ein Riesenproblem ist, obwohl sie ihre ganze Truppe vor dem Tod gerettet hat. Aber komischerweise fand ich es lange Zeit nicht seltsam, dass Schneewittchen aus dem Schlaf geküsst wird, und dachte, dass es vollkommen legitim ist, jahrelang in einem Turm eingesperrt zu sein, solange mich irgendwann ein sexy Prinz rettet. Meint ihr nicht, dass daran irgendetwas verkehrt ist? Ich weiß schon, dass man die Märchen nicht umschreiben wird, und dass beispielsweise die Originalversionen der Grimm-Brüder-Erzählungen noch viel, viel schauriger und dünkler waren – Aber wir sollten aufhören, jungen Mädchen diese hohlen Prinzesschen als Vorbilder hinzuhalten.

Bis wir eine Lösung dafür gefunden haben, wisst ihr, wo ihr mich vorfinden könnt: Ich werde am Fenster sitzen, meine Haare bürsten und singen, während die Tiere des Waldes sich um meine Füße versammeln. Falls ich dabei einschlafen sollte, weckt mich ja vielleicht ein hübscher Prinz, und liefert mir eine Antwort auf meine Überlegungen. Vorausgesetzt, er ist sexy und reich. Happy End.