TÜRKENVERLAGERUNG

01. September 2010

Ein Haus mit Garten statt Wohnung im Gemeindebau ist auch für viele Zuwanderer ein Traum. Herr Mustafa hat ihn sich in Gramatneusiedl erfüllt. So wie ihn zieht es immer mehr Zuwanderer aufs Land.

Von Erkan Yildiran und Petra Rautenstrauch (Fotos)

Wenn wir uns die klischeemäßigen Wohnviertel der Einwanderer vorstellen, sehen wir Bilder der alten, grauen Wohnblocks im
zehnten Wiener Gemeindebezirk, die heruntergekommenen Bauten am Gürtel oder die Wohnhäuser direkt über Wettbüros
oder Jugo-Lokalen in Ottakring. Abgase verpesten die Luft, Kinder lärmen und Jugendliche brüllen herum. Die Wohnungen
sind klein, die Toiletten am Gang und weit und breit ist kein gebürtiger Österreicher anzutreffen.
Abseits dieser Lebensumstände, die wirklich häufig vorzufinden sind, gibt es aber Migranten, die einen neuen Weg gehen und
sich und ihrer Familie einen höheren Standard bieten wollen. Sie ziehen aufs Land, erfüllen sich den Traum vom eigenen Haus
mit Garten und dringen in für sie bisher unbekannte Nachbarschaften vor.

Landpartie
Herr Mustafa ist einer davon. Der gebürtige Türke ist österreichischer Staatsbürger, 48 Jahre alt, Schneidermeister und
Familienvater von zwei Kindern. Nach 28 Jahren harter Arbeit in Österreich kaufte er sich in Gramatneusiedl, 20 Kilometer von
Wien entfernt, ein Grundstück und ließ sein eigenes Haus bauen. Im Inneren duftet es frisch und das sonnige Wohnzimmer ist in Creme, Rot und Schwarz gehalten. Eine dreiteilige, moderne Malerei hängt an der Wand hinter der Sitzecke und gegenüber
ein Gemälde der Sultan Ahmet Moschee in Istanbul. Im Garten des orangen Reihenhauses leuchten Blumen in verschiedensten
Farben. Neben dem gepflegten Beet erblüht uns ein kleiner Obstbaum. Herr Mustafa sitzt mit seiner Frau auf der Terrasse,
trinkt Tee und erzählt über den Umzug aufs Land. „In Wien habe ich im zehnten Bezirk für eine Gemeindewohnung mit drei Zimmern und 100 Quadratmetern knappe 700 Euro Miete gezahlt. Für das Geld kannst du gerademal einen Monat da wohnen und die Wohnung gehört weder dir, noch kannst du dich völlig frei bewegen, da du immer auf die Nachbarn Rücksicht nehmen musst, vor allem wenn man Kinder hat und die Nachbarn eigensinnige, streitlustige Leute sind.“

Mit Kredit zum Traumhaus

Ein Freund hatte ihm einmal von Reihenhäusern in der Nähe von Wien erzählt, die gerade in Planung waren. Herr Musafa wollte einen Blick darauf werfen, fuhr mit seinen beiden Kindern und seiner Frau nach Gramatneusiedl. Alle waren begeistert. Die Familie bekam eine günstige Finanzierung und Wohnbauförderung des Landes Niederösterreich. Der Kredit läuft auf 25 Jahre und die monatlichen Raten sind etwa gleich hoch wie der frühere Mietpreis in Wien. Kurz darauf kauften Freunde der Familie die restlichen Reihenhäuser. „Ich hätte nie gedacht, dass die Bezahlung von einem Haus so angenehm sein kann“,
sagt Herr Mustafa.
Ob und wie viele Zuwandererfamilien von der Stadt aufs Land ziehen, lässt sich nicht genau sagen. Die Statistik Austria unterscheidet bei Umzügen nur zwischen Österreichern und ausländischen Staatsangehörigen. Für Leute wie Herrn Mustafa, die im Ausland geboren sind, mittlerweile aber zu Österreichern wurden, gibt es keine Statistiken. Jedenfalls sind im Jahr 2009 insgesamt 5477 ausländische Staatsangehörige aus Wien in andere Bundesländer ausgewandert. Die meisten von ihnen, 3194 Personen, haben Niederösterreich als ihr neues Zuhause gewählt.

Gramatneusiedl statt Haus in der Ferne
Herr Mustafa hat am Land sein Glück gefunden: „Jetzt haben wir unser eigenes zweistöckiges Haus mit Garten, und es war eine der besten Entscheidungen, die wir in unserem Leben getroffen haben. Unsere Familie lebt schon lange in diesem Land. Meine Kinder haben auch vor, in Österreich zu bleiben. Warum soll ich dann nicht einen eigenen Grund mit einem Haus erwerben und somit meinen Kindern etwas hinterlassen können?“

 

 

 

 

 

Auch andere Einwanderer sparen auf ein eigenes Heim, aber viele von ihnen investieren in der alten Heimat. Sie haben Eigentumswohnungen gekauft oder ein großes, prachtvolles Haus bauen lassen, das sie höchstens einmal im Jahr bewohnen können. Ihre Kinder wachsen hier auf, haben hier ihren Freundeskreis, gründen hier ihr Leben und haben keine Absichten, in das Herkunftsland der Eltern zu ziehen. Das Einfamilienhaus steht dann aber trotzdem in einem kleinen Dorf bei Yozgat oder Belgrad.
In Gramatneusiedl sind Zuwanderer keine gänzlich neue Erscheinung. Schon vor 20 Jahren suchten größere Industriebetriebe in der Umgebung Arbeitskräfte. Die gut bezahlte Schichtarbeit und die Nähe zu Wien zogen auch viele Zuwandererfamilien an. Erika Sikora, die sozialdemokratische Bürgermeisterin der knapp 3000 Einwohner zählenden Gemeinde, begrüßt den Zuzug. In Wien hätten sich Viertel gebildet, wo etwa nur Türken leben, sagt sie.

„Die Häuser sind alt und verschandelt, die Kinder und auch die Eltern lernen kein Deutsch mehr, weil sie in ihrer Umgebung nur noch türkischsprechende Leute haben.

Viele Familien wollen deshalb raus und kommen aufs Land, um sich allgemein ein besseres Leben zu machen.“
Sikora ist stolz auf ihre Gemeinde und besonders darauf, dass der Dorfcharakter erhalten geblieben sei. Jeder kenne
jeden und überall werde man gegrüßt, meint sie.

Der Neid der Österreicher
Fragt man Sikora nach Problemen zwischen Zuwanderern und Österreichern, kommt sie erst einmal auf Letztere zu
sprechen. „Generell kann man sagen, dass viele Österreicher einen Neid auf die Ausländer haben. Viele Ex-Jugoslawen sind vor fünfundzwanzig Jahren als Gastarbeiter hergekommen und sind jetzt Eigentümer von einem eigenen Haus mit Garten. Da fragen sich viele Österreicher, wie so etwas überhaupt möglich ist. Ich sage ihnen dann, dass diese Leute nicht jedes Jahr einen All-Inclusive-Urlaub machen und einen stärkeren Familienzusammenhalt haben, der sich auch finanziell auswirkt. So sparen sie sich über die Jahre viel Geld.“

Sikora erzählt auch, dass sich viele Österreicher bei ihr aufregen würden, weil es hier so viele Türken gebe. „Sie sagen: ‚Da sind wir extra rausgezogen aus Wien und hier sind erst recht Türken da!‘ Ich antworte dann, dass sie auf eine einsame Insel ziehen müssen, wenn sie die nicht wollen. Die ganze Welt ist schon zusammengemischt aus Leuten aus verschiedensten Ländern, sie müssen das begreifen.“ Auch bei der allgegenwärtigen Kopftuchdebatte wählt die Bürgermeisterin einen offensiven Zugang. „Die Kleidung, vor allem das Kopftuch, ist den Österreichern ein Dorn im Auge. Ich sage dann, dass meine Großmutter
nur mit einem Kopftuch herumgegangen ist und ob sie auch was gegen sie hätten. Dann verneinen sie. Ich erkläre ihnen dann, dass das kein Ausländerproblem ist, sondern dass sie selber Angst vor dem Fremden haben.“

 

 

Türken unter sich
Obwohl Sikora das Zusammenleben in Gramatneusiedl positiv beurteilt, hat sie auch Vorbehalte gegenüber manchen Zuwanderern. „Die Türken wollen immer unter sich bleiben, verbringen die gesamte Freizeit mit benachbarten Türken, gehen überall nur mit Türken hin und man hört sie überall nur Türkisch reden. Ich kenne so viele, die schon Jahre hier sind und noch immer kein Deutsch können. Die Frauen versammeln sich immer zu viert oder fünft und bringen ihre Kinder in den Kindergarten. Dort reden sie nur untereinander und das in Türkisch. Das ist erstens schlecht für sie selber und zweitens stört es unglaublich die österreichischen Mütter im Kindergarten.
Manche Österreicherinnen wollen ja Kontakt knüpfen, trauen sich aber dann nicht.“ Dass die interkulturelle Kommunikation
nicht immer so leicht ist, hat Sikora auch persönlich erlebt. „Ich muss auf der anderen Seite schon sagen, dass die Türken
besonders gastfreundlich sind.
Meine Nachbarin hat mir mal wie so oft schon Kaffee angeboten. Ich musste ablehnen, da ich etwas Arbeiten musste. Da
hat sie einfach das Kaffeehäferl zu mir gebracht und wollte mir noch bei der Arbeit helfen. Das habe ich von einem Österreicher noch nie erlebt. Manchmal wenn sie mich fragt, ob ich bei ihr Kaffee trinken will, sage ich ab. Ich hätte eigentlich Zeit, aber weil sie kein Deutsch kann, weiß ich nicht, wie ich mit ihr kommunizieren soll. Die Leute müssen endlich begreifen, dass sie die Sprache, von dem Land in dem sie leben, lernen müssen.“

 

Kleinstadtidylle
Nicht weit vom Gemeindeamt entfernt, gleich auf der Hauptstraße, befindet sich der größte Friseursalon im Ort. Der Besitzer ist ein türkischer Damen- und Herrenfriseur, der hier am Land aufgewachsen ist und sein Handwerk beherrscht. Attraktive Preise und zuverlässiges Service locken auch immer mehr österreichische Kundschaft an. Die Leute sind sehr zufrieden mit ihrem Friseur ‚Seyrani‘. Auf die Frage, wieso er nicht in Wien arbeitet, antwortet er: „Wien ist mir viel zu hektisch und zu sehr verbaut.
Hier kenn’ ich fast jeden, liebe die ländliche Umgebung und fühle mich einfach wohl.“

An diesem Tag strahlt die Sonne in Gramatneusiedl. Viele Radfahrer kurven durch die ruhigen Straßen und auf großzügigen Grünflächen spielen Kindern mit Bällen. Bei einem Spaziergang durch den Ort wird auch die Infrastruktur gleich ersichtlich: ein Kindergarten, Volks- und Hauptschule, Arzt, Apotheke, Supermarkt. Der Gemeindebau ist weit weg.

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Kommentare

 

super story. sehr amüsant! genialer titel

 

...finde ich auch sehr sehr sehr gut und genial!

 

+++

+++

 

Ich hätt auch gern ein Haus am Land. Ich werde hart dafür "hackln", wie der Wiener gern sagt.

 

wer hätte das nicht gern:):) hackln wir weiter:)

 

sehr schön geschrieben und tolles Thema :)

 

die bilderbuchfamilie grenzt aber schon haarscharf an kitsch :-)

ich möcht auch NIE wieder in wien wohnen, ich fühl mich am land sauwohl! ich kann jeden verstehen der aus dem grau raus will - recht hams gehabt mit der entscheidung.

 

wir haben auchsehr gute Freunde vonuns dort, Türken/Kurden, in Gramatneusiedl, aus einem Gemeindebau im 10. kommend xD

 

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