„OK sind meine Initialen“

05. Mai 2014

EU-Spitzenkandidat der ÖVP Othmar Karas im biber-Interview über 10 Jahre EU-Osterweiterung, Reisefreiheit für Bettler und warum auf seinen Plakaten alles „OK“ ist.

biber:In Österreich sehen einige Wähler die EU-Wahl als Denkzettel an die jetzige Regierung. Haben Sie Angst, dass Ihnen das Hypo-Debakel einige Stimmen kosten könnte?

Othmar Karas: Ich will Ängste nehmen. Daher werde ich alles daran setzen, dass es zu einer Europaparlamentswahl wird. Die, die gegen Europa nur protestieren oder es zum Sündenbock machen, die die Wahl zu einer Denkzettel-Wahl machen wollen, haben in Europa keinen Einfluss. Sie können nicht gestalten und haben kein Programm. Mir geht es darum, Österreich zu stärken und nicht Österreich zu isolieren.

 

Europa steckt noch immer in einer Krise. Viele fürchten sich vor Zuwanderung, fürchten um ihren Arbeitsplatz und um Wohlstandsverlust. Was sagen Sie diesen Menschen, die Angst haben, dass sie auf der Strecke bleiben?

Mit Fakten kann man Ängste nicht bekämpfen, aber man darf die Fakten nicht verschweigen. Wir haben seit unserem EU-Beitritt 375.000 Arbeitsplätze stabilisiert und neu geschaffen. Gerade für ein Land wie Österreich in dieser Lage und von dieser Größe ist es wichtig, dass wir gute Beziehungen zu unseren Nachbarn haben. Dass wir wettbewerbsfähig sind, ist das Wichtigste, um den Menschen die Ängste zu nehmen. Daher geht es mir darum, in Bildung zu investieren, in Wettbewerbsfähigkeit zu investieren, Unternehmensgründungen zu erleichtern und Arbeit durch Wachstum zu schaffen.

 

Heuer feiert die EU zehn Jahre EU-Osterweiterung, die größte Erweiterung in der Geschichte der EU. Wie schätzen Sie diese letzten zehn Jahre ein?

Sie sind ein Geschenk.

 

Warum?

Bis zu Erweiterung der Europäischen Union ist Österreich am Rande gelegen. Seit der Erweiterung der Europäischen Union wurden wir vom Grenzland zum Kernland der Europäischen Union. Wir haben uns allein in diesen zehn Jahren einen Handelsbilanzüberschuss vom Vierfachen des Nettomitgliedsbeitrages erwirtschaftet. Viele Betriebe in Österreich, sei es  in Wien, in Niederösterreich, im Burgenland oder in der Steiermark, die an der Grenze liegen, sind nur deshalb profitabel und können Arbeitsplätze schaffen, weil Gäste aus der Slowakei, aus Tschechien, Slowenien, Kroatien und aus Ungarn kommen.

 

Sind denn tatsächlich so viele EU-Osteuropäer in die West-EU ausgewandert, wie damals Skeptiker prophezeit haben?

Es war damals das Spiel mit der Angst, das sich nicht bewahrheitet hat und leider gibt es Politiker, denen auch heute nichts anderes einfällt, als mit der Angst der Menschen zu spielen. Wir haben in der gesamten europäischen Union insgesamt nur 3,1 Prozent Menschen, die in einem anderen Land arbeiten, als sie leben. Das ist eine verschwindend geringe Zahl.

 

Letztes Jahr waren vor allem Bulgaren und Rumänen aus niedrigen sozialen Schichten mit dem Vorwurf konfrontiert, sie seien Sozialtouristen und würden Sozialsysteme in Westeuropa aushöhlen. Finden Sie, dass beispielsweise ein bulgarischer Bettler das Recht haben muss, nach Österreich einzureisen um hier zu betteln?

Ich finde einmal grundsätzlich, dass die Einschränkung der Freiheit von Menschen kein Problem löst. Ich muss klarstellen, dass man aus dem österreichischen Sozialsystem nur dann Geld bekommt, wenn man arbeitet und in das Sozialsystem einbezahlt. Sehen Sie sich das Beispiel England einmal an: Die Engländer haben Einschränkungen für Bulgaren und Rumänen am stärksten gefordert und die EU-Kommission und das Parlament haben England aufgefordert, ein konkretes Beispiel zu nennen, das den Vorwurf begründet. Da hat die Regierung dort feststellen müssen, dass es kein einziges Beispiel im Vereinigten Königreich gibt, das diesen Vorwurf untermauert.

 

Abgesehen von den Sozialleistungen: Soll ein Bettler nach Österreich kommen dürfen und hier anstatt in Sofia oder Bukarest um Geld bitten?

Die Frage kann ich so nicht beantworten, weil ich nicht weiß, wenn jemand über die Grenze kommt, ob er Bettler oder Angestellter ist. Natürlich belastet das und führt eventuell zu sozialen Spannungen. Unsere Gemeinschaft muss lernen, damit umzugehen. Aber ich will einem Bettler die Reisefreiheit nicht einschränken, nur weil er Bettler ist.

 

Wie stehen Sie zum Vorgehen Russlands in der Ukraine?

Die Annexion der Krim durch Russland ist die erste Annexion auf europäischem Gebiet nach dem zweiten Weltkrieg. Sie ist eine Verletzung des Völkerrechtes und daher inakzeptabel.

 

 

Warum gibt es keine klare Haltung der EU hinsichtlich wirtschaftlichen und politischen Sanktionen gegenüber Russland?

Es gibt eine sehr klare und einheitliche Positionierung der Europäischen Union, die heißt: Nichtanerkennung der Annexion der Krim, Entwaffnung der paramilitärischen Kräfte in der Ostukraine und Sanktionen gegen Russland.

 

Auch wirtschaftliche Sanktionen?

Es gibt einen klaren Stufenplan für Sanktionen gegen Russland. Wir brauchen weiter Dialog mit Russland und müssen die Souveränität der Ukraine stärken. Es geht nicht um die Frage, ob die Ukraine in die EU soll oder nach Russland. Wir wollen, dass die BürgerInnen der Ukraine selbst als Staat entscheiden können, in welche Richtung die Ukraine geht.

 

Nun zu einer Leserfrage: Warum kandidiert Othmar Karas für die OK-Partei und was heißt das?

Ich bin Spitzenkandidat der Österreichischen Volkspartei. OK sind meine Initialen. Ich finde, dass das Friedensprojekt Europas ein gutes OK ist und, dass unsere Arbeit im europäischen Parlament OK ist. Mein Plakat drückt aus, dass ich über Parteigrenzen hinweg arbeite und mich nicht nur auf eine Partei reduziere. Parteien und Funktionen sind für mich Werkzeuge der Demokratie, aber nicht Selbstzweck.

 

Ist das auch der Grund, warum Sie beschlossen haben, ohne ÖVP-Logo zu plakatieren?

Es gibt auch ÖVP-Plakate. Meine Arbeit ist keine Distanzierung zur Partei, sondern eher eine Öffnung der Partei.

 

Von Marina Delcheva und Christoph Liebentritt (Fotos)

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