Food-Koma trotz Corona

10. Juli 2021

Diese acht Lokale haben sich über die Krise hinweggesetzt und trotzdem ihre Tore geöffnet. Unser Sommer-Lokalguide, der niemanden mit seinem Hunger im Stich lässt. Für euch gemampft und mit Schnaps hinuntergespült: Miriam Mayrhofer und Viktoriia Dyadya.

Nicht nur Čevapčići 

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(C)Markus Korenjak

„Deftig und würzig: Serbische Klassiker mit einem Twist“, so beschreibt Besitzerin Irena Jovanovic das Essen, das sie im Street Grill Balkanspezialitäten für ihre Gäste zubereitet. In dem Imbiss direkt neben der Mahü packt die Chefin höchstpersönlich überall mit an: Holt Gemüse vom Markt, steht vor dem Grill und liefert die Spezialitäten des Hauses, von Pljeskavica-Special Burger bis hin zu süßen Čupavci (mit Schokolade ummantelter Biskuitteig mit Kokosflocken) auch noch selbst aus. Alles kann sie dann aber doch nicht alleine machen – die Familie schwingt hier gemeinsam die Grillzange. Alles natürlich nach Familienrezept!

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(C)Markus Korenjak

Die Speisekarte ist überschaubar, lässt aber nicht nur die Herzen der Fleischliebhaber höherschlagen. „Viele hören Balkan und denken: Fleisch, Fleisch, Fleisch. Aber ich will zeigen, dass wir Serben sehr wohl auch vegetarisch und vegan draufhaben.“ Getoastetes Fladenbrot mit allerlei gegrilltem Gemüse auf selbstgemachtem Kajmak gibt auch Vegetarier*innen die Chance, sich an die balkanesische Küche heranzuwagen. Sich mitten in der Pandemie in der ohnehin hart umkämpften Gastro-Branche selbstständig zu machen, war auch für Irena auch ein großes Wagnis. Doch ihr Mann und sie wollten nicht länger warten. Besonders wichtig ist Irena, dass sie authentische Küche anbietet: „Unser Essen schmeckt so, wie es meine Oma gemacht hat, dann meine Mama, dann ich für meine Kinder, und jetzt für meine Gäste. Es schmeckt wie zu Hause.“

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(C)Markus Korenjak

Street Grill
Otto-Bauer-Gasse 27
1060 Wien

Afrikanische Fusion als Food-Vision

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(C)Zoe Opratko

„Ich koche gut. Wieso soll ich dann nicht kochen?“, sagt er und grinst verschmitzt. Er, das ist Neo-Küchenchef Khalifa Dampha. Spanisch-westafrikanische Gerichte sind der Schwerpunkt seiner Küche im Popup-Lokal Dampha Kitchen am Brunnenmarkt. Zuerst hat Khalifa nur für seine Freund*innen gekocht. Nach dem Lockdown wagte er schließlich den Schritt zum eigenen Start-Up. Wie sagt der Küchenchef selbst, „weil man sowas sonst nicht in Wien findet“. Die Corona-Zeit hat sozusagen den Grundstein für etwas Neues gelegt. Der Großteil der Speisen ist eine Symbiose aus Reis, Gemüse und Erdnüssen. Einen einzigartigen, neuen Geschmack verleihen den Gerichten Kurkuma, Curry und andere Gewürze, die typisch für die afrikanische Küche sind. Obwohl Dampha nur am Wochenende (ab 12 bis 21 Uhr) geöffnet hat, erfreuen sich seine Speisen schon jetzt großer Beliebtheit unter den Wiener*innen. Es ist für jede*n, der*die offen ist, etwas Neues zu probieren, etwas dabei: Veganerfreuden bringt der Vegan Gambian Cheeseburger (veganes Patty, Salat, Guacamole, frittierte Kochbananen, veganer Käse in Currybrioche); eine Variante mit Fleisch ist mit den Alitas de Pollo (Chicken-Wings) abgedeckt, zusätzlich gibt es Empanadas und Tacos wahlweise jeweils mit Fleisch, vegetarisch oder vegan, jedenfalls aber mit dem gewissen spanisch-afrikanischem Extra. Khalifa ist erst am Anfang seines kulinarischen Weges, hat aber große Visionen: eine andauernde Partnerschaft mit dem türkischen Lokal „Kent“ auf dem Brunnenmarkt ist angedacht.

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(C)Zoe Opratko

Dampha Kitchen
Brunnengasse 67
1160 Wien

Ein Stück Brasilien in Wien

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(C)Zoe Opratko

„Carioca ist ein Ort, wo Brasilianer*innen sich zu Hause fühlen und Österreicher*innen sich weit weg von zu Hause fühlen“, erklärt Eigentümerin Livia Mata die Philosophie ihres brasilianischen Bistros im 2. Bezirk. „Cariocas“ sind Menschen, die aus Rio kommen und, dass die Chefin selbst aus der Nähe von Rio stammt, spiegelt sich nicht nur im farbenfrohen Interieur, sondern auch in der authentischen Kulinarik wieder: Immer auf der Karte ist die Vorspeise „Pão de queijo“ (Brot mit Käse aber doch kein Käsebrot); oder als Hauptspeise, das brasilianische Nationalgericht „Feijoada“ (Eintopf mit Bohnen, getrocknetem Rindfleisch, Würsten und Geselchtem, Reis, geröstetem Maniokmehl), „Coxinha“ (mit Fleisch gefüllte Riesen-Krokette), eine vegane Speise sowie ein „Prato do dia“ (Tagesgericht mit Reis, schwarzen Bohnen, wahlweise mit Fleisch oder vegan). Für Naschkatzen gibt es „Tres delicias“, drei sehr süße Desserts. Auch die Getränkekarte versprüht Copacabana-Flair: Es gibt Cachaça (Zuckerrohrschnaps), Caipirinhas, brasilianisches Bier. Köchin Livia Mata ist die gute Seele des Lokals. Ihr Mann Stefan ermutigte sie, den Schritt in die Gastro zu wagen. Gesagt, getan: ein Jahr lief gut, dann kam Corona. „Ich habe mir jede Woche etwas Neues überlegt. Zuerst haben wir brasilianische Lebensmittel verkauft. Dann habe ich ausgeliefert, aber das war furchtbar. Und schließlich haben wir Caipirinhas to-go angeboten um uns über die Krise zu retten“. Jetzt ist das Bistro wieder offen und es kann brasilianisch aufgetischt werden.

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(C)Zoe Opratko

Carioca
Obere Donaustraße 69
1020 Wien

Allzeit food-and-drink-bereit im P’AM

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(C)Markus Korenjak

Würzige, hausgemachte Cookies, Kaffee- und Teespezialitäten und Cocktails oder Longdrinks. Das und mehr gibt es jederzeit im P’AM in der Kirchengasse im 7. Bezirk. Ihren Gästen bieten Jigit Örme und seine Frau, ein Ehepaar mit türkischem Migrationshintergrund, viel mehr, als man auf den ersten Blick vermutet: hausgemachte Limonaden, gefüllte Bagels, wahlweise mit Lachs, vegetarisch mit Käse oder eine Hummus-Variante für Veganer*innen, Kaffee, Iced Chai Latte, oder Cocktails. Besonders beliebt unter Naschkatzen und auch den jüngeren Gästen sind die ausgefallenen Cookie-Variationen, die auch optisch was hermachen. „Wir sind nicht die Ersten und nicht die Letzten, die Cookies machen. Wir suchen aber neue Geschmäcker und geben viel Liebe und Hingabe rein“, sagt Örme über seinen verwirklichten Lokaltraum.

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(C)Markus Korenjak
Der Cheesecake im P’AM hat schon jetzt viele Fans. Das P’AM ist aber nicht nur Bäckerei, sondern auch Bar und Galerie: „Ich habe mich schon immer mit Kunst beschäftigt. Ich bin selber Fotograf. Essen und Getränke sind auch Kunst.  Deshalb geben wir Künstler*innen Platz zum Ausstellen.“ Dieses Konzept umzusetzen war aber nicht leicht. „Die U-Bahn-Linie liegt unter dem Lokal. Deswegen dauerte der Umbau fünf Monate länger als geplant. Im Februar war alles für die Eröffnung bereit, und dann machte uns der Lockdown einen Strich durch die Rechnung“. Die Neo-Lokalbesitzer reagierten aber schnell, nahmen Glühwein und Punsch ins Angebot auf, boten Lieferungen an. So viel Einsatz, Cheesecake zu essen und mit immer neuen Ideen aufzufahren zahlt sich aus- und egal ob früh, untertags oder am Abend- ein Besuch im P’AM auch.

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(C)Markus Korenjak

P‘AM
Kirchengasse 17 / 2
1070 Wien

         Feuer und Flamme

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(C)Lisa Leutner

Essen im Restaurant ohne Küche? Ja, das geht. Und zwar im neu wiedereröffneten Dogenhof in der Praterstraße. Die Kulinarik in einem Satz? Ehrlich gute Feuerküche. Mile Palikukovski, Geronimo Schiedlbauer und Simon Steiner sind die drei Eigentümer, die hinter einem Konzept stehen: analoges Kochen, nur über offenem Feuer, ganz ohne Küche und Küchengeräte. „Wir versuchen gerade unsere Nische zu finden.“, so Palikukovski. Das merkt man in der bunten Auswahl der Gerichte, von den Vorspeisen wie dem italienisch angehauchten Dogen-Caprese (fermentierte Paradeiser, Ziegenfrischkäse, Stadthonig, Basilikumöl), über amerikanisch inspiriertem rohen Rind (gehacktes XO-Beef, gebeizter Eidotter, Senfkaviar) bis hin zu deftigen Hauptspeisen wie dem Tira de Asada (XO-Beef Shortribs vom Rost, gegrillter Stängelkohl, Chimichurri), oder einer vegetarischen Option wie Kohlrabi-Tatar (gegarter Kohlrabi mit Kren, Salz-Mandeln, Wildkräuter).

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(C)Lisa Leutner

Die Besonderheit am Dogenhof liegt aber nicht nur in der Machart der Speisen oder den kulinarischen Kompositionen des 24 Jahre jungen Küchenchefs Lukas. Einzigartig ist auch, wie handverlesen jede einzelne Zutat ist. „Man braucht gute Grundprodukte. Wir arbeiten nur mit Leuten, die wir kennen, wo wir wissen, was woher kommt und haben nicht zwei, drei Lieferanten, sondern 50 Schnapsbrennern, Obst- und Gemüsebauern, Pilzlieferanten, Winzern, die Naturweine herstellen und mehr“, erklärt Palikukovski. Er erzählt auch, wie das mit Corona für den Dogenhof war: „Wir haben zwei Wochen vor dem ersten Lockdown aufgemacht. Uns hat Corona sogar ein bisschen geholfen, wir konnten uns in der Zeit verbessern. Wir haben viel Streetfood gemacht, unsere Weinkarte erweitert. Wir hatten aber das große Glück, dass wir vom ersten Tag an voll waren.“

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(C)Lisa Leutner

Gut für den Austro-Mazedonier, der in einer ruhigen Stunde von der Geschichte des Dogenhofes erzählt. Dieser diente Ende des 19. Jahrhunderts als Unterkunft für die venezianischen Gondoliere, die im Themenpark im Prater nebenan ihren Dienst verrichteten. Daher auch die prachtvollen Wände des Dogenhofes, die an das Interieur eines venezianischen Palazzo erinnern.

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(C)Lisa Leutner

Dogenhof
Praterstraße 70
1020 Wien

Baba, Sohn und Kokoreç

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(C)Markus Korenjak

Knusprig und weich - diese Widersprüche schafft es die Küche im Baba Kokoreç zu vereinen, besonders in Punkto Lammfleisch. Im 10. Bezirk gibt es viele Angebote türkischer Spezialitäten, doch dieses neue Lokal bietet Fleischliebhabern weit mehr als Kebab. Fevzi Sakar und sein Sohn Aytug stammen aus Sakarya am Schwarzen Meer und bereiten ihren Gästen außergewöhnliche (Edel-)Innereien über offenem Feuer, gegrillt, in Pide, oder am Spieß zu. Auf der Karte stehen beispielsweise Uykuluk Güveç (sautierter Herzbries vom Lamm) oder Kokoreç, die namensgebenden Spezialität, die aus klein geschnittenen, gegrillten oder gebratenen Lamm-Därmen besteht und sowohl pur wie auch im Weißbrot serviert wird. Auch Seltenes wie Kutteln oder Ochsenschwanz landen hier im Topf und am Grill.

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(C)Markus Korenjak

„In Wien gab und gibt es kein Lokal, in dem solche Gerichte wie unsere zur Auswahl stehen“, sagt der „Baba“ des Betriebes. Die ersten zwei Wochen nach der Eröffnung war dieser zufrieden: das Lokal war voll von Fleischbegeisterte*n. „Das Geschäft lief sehr gut. Die Corona-Zeit versetzte den Betrieb aber in eine vierzehnmonatige Pause. Ohne das zweite Standbein durch meinen Sohn hätten wir die Corona-Krise nicht überstanden“, erzählt Fevzi. Doch der Familienbetrieb wurstelte sich durch und zaubert jetzt wieder für Fleisch- und Grillspezialitäten und zeigt eine neue Facette der türkischen Küche.

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(C)Markus Korenjak

Baba Kokoreç
Erlachgasse 79
1100 Wien

Brösliger Start

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(C)Zoe Opratko

Hausgemachtes Eis, selbstgebrautes Bier und nachhaltiges Essen. Mit der saisonalen Speisekarte begrüßt das „Brösl“ seine Gäste in der Nähe von Messe-Prater. Originalität und Nachhaltigkeit sind hier im Fokus: „Die Idee war, dass wir nur Auserlesenes, also überschaubare Küche, machen. Alles, was wir anbieten, soll nachhaltig sein“, sagt Manuel Batrolacci, einer der Besitzer des Lokals. Die täglich neu kreierte Speisekarte hat durch das bunte Team des Brösls viele kulinarische Einflüsse: von der sommerlichen Focaccia, über Puntarelle, Babyerdäpfel und Sardellen, bis hin zu deftigeren Gerichten wie Schweinebauch mit Röstgemüse – das „Brösl“ ist experimentierfreudig und für Vegetarier, veganer und Fleischesser geeignet.

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(C)Zoe Opratko

Eine fixe Spezialität gibt es trotzdem: „Laban ist das einzige Gericht, dass wir das ganze Jahr haben. Derzeit ist auch Forelle besonders beliebt“, so Batrolacci. An die Nachspeise hat Brösl auch gedacht: Nach eigenem Rezept wird Vanille-, Himbeer-, oder Zitroneneis produziert. Die Idee fürs Brösl hatten vier Freunde, die jetzigen Eigentümer, letztes Jahr. Doch durch die Pandemie musste das Brösl-Team die Eröffnung verschieben. Das Warten hat sich aber gelohnt: Regionale Produkte, selbstgebrautes Bier und mehr. Brösl heißt wohl so, weil von gutem Essen eben nur Brösl übrigbleiben.

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(C)Zoe Opratko

Brösl
Wohlmutstraße 23
1020 Wien

Peruanisches Strandfeeling an der Donau

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(C)Zoe Opratko

Pisco, der Weintraubenschnaps, den man in Peru an jeder Ecke kriegt, ist Namensgeber für den Foodtruck der etwas anderen Art. Jesse Caycho-Romero ist gerade mal 24 Jahre alt und betreibt den kleinen, aber richtig feinen Foodtruck in der Nähe des Kletterparks. Unterstützt wird er dabei von seinem Vater Max, der mit der Pisco Latin Bar im 1. Bezirk vor vielen Jahren schon ein Stück seiner Heimat nach Wien verfrachtet hat. Jesse hat es tatsächlich geschafft, innerhalb eines Monats den Truck auf die Beine zu stellen. Und die Mühe hat sich auf jeden Fall ausgezahlt. Doch nicht nur der Durst lässt sich am Truck stillen – Jesse ist gelernter Koch und hat eine einzigartige Auswahl an Snacks konzipiert. Absoluter Verkaufsschlager ist Jesses „Crispy Chicken Sub“, ein Sandwich der Extraklasse, mit knusprig gebackenem Hühnerfleisch, hausgemachtem Coleslaw und einer Sauce, deren Rezept gut gehütet wird. „Der Crispy Chicken liegt mir sehr am Herzen, zwei Jahre lang habe ich an dem Rezept gefeilt, bis es perfekt war“, so der Koch. Für Vegetarier wird der „Veggie Sub“ angeboten, der mit seinen gebackenen Melanzanistreifen, dem cremigen Ricotta, mariniertem Paprika und einer Balsamicosauce niemanden auch nur eine Sekunde an Fleisch denken lässt. Typisch peruanisch im Sortiment ist etwa „Salchipapa“, das sind Pommes Frites mit Würstchen, die in Peru ein beliebtes Streetfood sind. Und auch Empanadas, die klassischen gefüllten und gebackenen Teigtaschen, die in vielen Ländern Südamerikas gegessen werden, dürfen natürlich auch nicht fehlen.

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(C)Zoe Opratko

Pisco Beach
Copa Beach, neben dem Kletterpark

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