Gastkommentar: Ist Distanzierung notwendig?

19. Juli 2016

Ist es notwendig, sich als Muslim und/oder als Ausländer von den schlechten Taten anderer Muslime und Ausländer zu  distanzieren? Und falls dem so ist: Ist es diskriminierend? Ja, vielleicht, aber auch nur, weil es von uns verlangt und erwartet wird. Dennoch ändert das nichts an der Notwendigkeit.


Dzenita Memic
Foto: derFritz.at
Von Dzenita Memic


In meiner Facebook-Community gibt es Meinungen, dass das Wort "distanzieren" an dieser Stelle falsch ist, da es eher den Anschein macht, sich zunächst mit etwas zu identifizieren und dann davon Abstand zu nehmen. Der Duden gibt diesem Wort allerdings, unter anderem, folgende Bedeutung: "(bildungssprachlich) etwas zurückweisen, zum Ausdruck bringen, mit etwas nichts zu tun haben zu wollen"


Wenn wir also davon ausgehen, dass der Ausdruck "sich distanzieren" in diesem Kontext heißt, sich bewusst zu positionieren, dann empfinde ich es sehr wohl als sinnvoll, sich zu distanzieren. Hat dieser Mensch ein wichtiges gemeinsames Identitätsmerkmal mit mir, dann fühle ich mich, ob bewusst oder unbewusst, durch seine/ihre Taten angesprochen. So einfach ist das. Wenn also ein Muslim, so ähnlich wie ich eine bin, einer, der in eine muslimische Familie hineingeboren wurde, der einen muslimischen Namen trägt und sich zumindest hie und da zum Islam bekennt, etwas Schreckliches tut, wie etwa einen oder hunderte von Menschen ermordet, dann finde ich das schrecklich und mit nichts zu rechtfertigen. Selbstverständlich distanziere ich mich dann auch davon als Mensch, aber auch als moderate Muslima.

Warum es wichtig ist, Letzteres auch zu unterstreichen?

Der Großteil der Muslime auf dieser Welt würde keiner Fliege etwas zuleide tun. Aber wegen gewisser Geschehnisse der letzten Monate werden automatisch alle Muslime von der Öffentlichkeit verurteilt. Wir Muslime, egal wie religiös wir sind, welcher Schule wir folgen und ob wir einander für "richtige" Muslime halten oder nicht (und das kann ja wohl nur einer wissen, oder?), sollten nicht nur, sondern müssen uns auch von solchen Taten und solchen Menschen distanzieren und klar sichtbare Positionen einnehmen. Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen, wir müssen die Aufmerksamkeit auf die Schönheit des Islams lenken und denjenigen, die ihn als etwas Schlechtes darstellen, zeigen, dass sie weder uns noch unseren Glauben damit repräsentieren. Denn unser Glaube lehrt uns, andere zu lieben und zu respektieren, das gilt auch für die Kultur und das jeweilige Land, in dem wir leben. Er lehrt uns, Gutes zu tun, von Schlechtem Abstand zu nehmen. Lasst uns das tun! Ich bin sicherlich nicht das perfekte Beispiel einer Muslima, doch schlussendlich fühle ich mich sehr wohl als eine, mit all meinen Fehlern.


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Zur Person:

Dzenita Memic ist stark in der bosnischen Community in Wien vernetzt und engagiert sich ehrenamtlich. Sie kam vor zehn Jahren nach Wien, um zu studieren, hat sich in die Stadt verliebt und ist geblieben.

 

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