Mutter Courage und Wir?!

12. Februar 2013

Kaltes Wetter, rutschige Straßen und verschiedene Krankheiten, bieten für Jung und Alt die „perfekten“ Voraussetzungen um hinzufallen und sich zu verletzen. Doch wo bleiben die Helfer, bis Rettung und Samariterbund eintreffen?


 


Sonntagabend in Wien. Ich möchte in die U-Bahn steigen und nach Hause fahren. Die Tür öffnet sich in der Station und vor mir sehe ich plötzlich einen jungen Mann auf dem Boden liegen. Ein Mann mittleren Alters versucht ihm zu helfen, alle anderen sitzen oder stehen stillschweigend da. Ich höre im Hintergrund: „Des is sicha a Alki, söbst schuid wenn er si ansauft.“ Der Mann der sich über den Verletzten beugt, betätigt die Notbremse, der Fahrer steigt aus. Wir ziehen den jungen Mann aus der U-Bahn und setzen ihn auf, so gut es geht. Der U-Bahn Fahrer ruft die Aufsicht, die sofort die Rettung kontaktiert. Sie kümmern sich weiter um ihn wir sollen wieder in die U-Bahn steigen, sagte eine Mitarbeiterin der Wiener Linien. Ich gebe dem jungen Mann noch mein Wasser aus der Tasche mehr hatte ich nicht bei mir, er meint er ist erkältet und hat Fieber, danach steige ich wieder in die U-Bahn ein und fange zum Nachdenken an: „Er wurde sicher schwach vom Fieber oder hatte etwas Schlimmeres, hoffentlich nichts wirklich Ernstes…“ und die anderen, die diskutieren darüber fein säuberlich in Wiener Manier: „Des woa doch ka Alki, warum is der denn daun umgfoin, wos a woi ghobt hod?“


Tot im Schnee


Einen Tag später ruft mich eine Freundin an, um mir von einem unglaublichen Erlebnis zu erzählen. Mitten auf einer stark befahrenen Straße war ein älterer Mann zusammengebrochen. Er konnte nicht mehr aufstehen und kniete auf der Straße. Lediglich sie und eine andere Frau wollten ihm helfen. Aufgrund seines Gewichtes und seiner Kraftlosigkeit, war das aber ein Ding des Unmöglichen. Der einzige Ausweg war die Rettung. Doch das wollte der alte Mann nicht, er war erst vor Kurzem im Krankenhaus gewesen, ihm fehlte nichts gröberes, er hat Zucker sonst nichts, er sei eigenen Angaben zufolge einfach durch das Stapfen im Schnee schwach geworden. Die nächste Option die den zwei Frauen einfiel, war das Taxi. Der Mann war voll zurechnungsfähig, wusste seine Adresse und alles weitere. Das Taxi kam, hielt und wollte wieder fahren. "Er ist nass, sowas will ich nicht im Taxi haben.“ das war die einzige Meldung die der Taxler parat hatte. Nach einer Drohung der Frau die dem Pensionisten half, ihn wegen unterlassener Hilfeleistung anzuzeigen, überlegte es sich der Taxifahrer anders, half dem Mann auf die Beine und kam zu der Erkenntnis „aso der is jo eh ned so noss“ , setzte den Mann ins Taxi und  fuhr ihn nach Hause.


Ob Jung oder Alt, jeder kann fallen und fast jeder braucht dabei Hilfe. Hört man sich diese Geschichte an oder erlebt sie sogar, fragt man sich zwangsläufig, wohin entwickelt sich diese Gesellschaft, wieso sind alle so kalt und ignorant und seit wann ist Zivilcourage etwas Schlechtes?

Kommentare

 

dem taxler würde ich am liebsten ne gnackwatschn verpassen, so ein vollfposten. zivilcourage ist halt nichts selbstverständliches, auf die hilfe anderer sollte man sich nicht verlassen.. traurig aber wahr

 

Zivilcourage ist enorm wichtig und so herablassende Kommentare sind in einer Notlage total fehl am Platz.

Vorletzten Winter lag am Reumannplatz eine obdachlose Frau auf einer Bank, sie hat wahrscheinlich schon die ganze Nacht im Kalten verbracht - sie hat sich kaum noch bewegt und auf nichts reagiert. Einige wenige, ältere Leute haben sich um sie versammelt und versucht sie aufzuwecken. Ich hab die Rettung gerufen - ich glaub alleim beim Wort "Reumannplatz" scheißen sich die gleich an Krapfn, weil sie eh denken, dass das nur wieder ein Besoffener ist. Nach einer halben (!) Stunde ist erst ein Polizist aufgetaucht, Rettungswagen kam trotzdem keiner. 

Andererseits zur Zivilcourage muss man sich mal ansehen, was manchen Menschen passiert, wenn sie dazwischen gehen - gebrochene Kiefer, zu Tode geprügelt etc. etc. das schreckt viele Leute davon ab einzuschreiten. 

 

unfassbar wie asozial manche menschen sind!!

 

gott sei dank geht es auch anders! ich bin mal am karlsplatz voll ausgerutscht und auf den boden geknallt. sofort standen gefühlte 100 menschen um mich herum, halfen mir aufzustehen, fragten ob alles ok sei und und und. in dem moment war mir das eher peinlich und ich hätte mir gewünscht, die leute hätten weggesehen :D aber im nachhinein, fand ich die reaktion der menschen rührend, denn mir hätte ja wirklich was schlimmes passieren können.

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