The Selflove Club

27. Februar 2018

Selbstliebe ist nicht nur ein Internet-Trend. Das zeigen drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch eines gemeinsam haben: Sie lieben sich selbst – gerade weil sie nicht der Norm entsprechen.

Text und Fotos: Alexandra Stanic

Uns Frauen wird von klein auf viel beigebracht, unter anderem, dass wir bloß nicht aus der Reihe tanzen, bloß nicht au allen sollen. Wer anders ist, muss mit komischen Blicken rechnen. Gut genug ist frau nur dann, wenn sie der gesellschaftlichen Norm entspricht und aussieht, wie die Frauen in der Werbung oder die Bloggerin von nebenan. Wenn es ihr wichtig ist, was andere, oft Män- ner, von ihr halten. Wenn sie sich selbst über ihr Aussehen de niert. Wenn sie Dinge macht, die man von ihr erwartet und jene sein lässt, die man ihr ohnehin nicht zutraut. Biber hat sich mit drei Frauen unterhalten, die sich selbst nehmen, wie sie sind. Ganz unabhängig davon, was ihnen die Gesellschaft suggeriert.

Bianca Schönhofer (24) „In der Welt der Gehörlosen fühle ich mich mehr wie ich selbst.“

Foto: Alexandra Stanic
Foto: Alexandra Stanic

„Mich selbst zu lieben ist wie ein Protest gegenüber der Gesellschaft, die mir oft etwas anderes vermitteln wollte. Dadurch, dass ich Vitiligo habe, ist auf den ersten Blick ersichtlich, dass ich anders bin. In der Schule habe ich nicht wirklich Anschluss gefunden, man hat mich ‚Milkakuh’ genannt und mich wegen meiner Hauterkrankung komisch angesehen. Ich hatte in dieser Phase viel Zeit, mich selbst lieben zu lernen und mich so zu akzeptieren, wie ich bin. Was man - anders als meine Haut - nicht sofort erkennt: Ich bin hörbehindert. Auf meinem linken Ohr höre ich gar nichts mehr, auf der rechten Seite langsam, aber sicher auch immer weniger. Die Ärzte meinen, die Chancen stehen hoch, dass ich mein Gehör vollständig verliere. Wenn du mit so etwas konfrontiert wirst, setzt du dich noch intensiver mit deinem Leben auseinander. Ich habe die Umstände akzeptiert und bin über sie hinausgewachsen. Und um ehrlich zu sein: In der Welt der Gehörlosen fühle ich mich mehr wie ich selbst. Dort werde ich nicht ausgeschlossen und meine Anwesenheit ist niemandem unangenehm. Wirklich repräsentiert fühle ich mich von der Mehrheitsgesellschaft nicht, deswegen habe ich vor ein paar Jahren angefangen, mich selbst zu fotogra eren. Diese Selbstportraits waren eine Art Therapie für mich. Mit jedem Foto bin ich selbstbewusster geworden. Ich poste diese Fotos auch auf Instagram, um anderen zu zeigen, dass sie sich selbst lieben sollen und dass sie gut genug sind– ganz egal wie sie aussehen oder ob jemand etwas anderes behauptet. Mittlerweile sind mir die Menschen egal, die meinen, ich müsse irgendetwas an mir verändern. Wieso sollte ich das tun? Ich finde mich ehrlich gesagt sehr cool, so wie ich bin.“

Darmina Jarsarevic (29) „Ich möchte kein Teil der Leistungsgesellschaft sein.“

Foto: Alexandra Stanic
Foto: Alexandra Stanic

Vor zwei Jahren habe ich mir meinen größten Wunsch erfüllt: Ich bin auf eine tropische Insel gezogen. Seither schlürfe ich auf den Seychellen Kokosnüsse, genieße die schönsten Strände der Welt und führe ein minimalistisches Leben. Wien hat mich nur alle paar Monate, wenn ich meine Familie und vor allem meine kleine Schwester besuche. Nach ein paar Wochen reicht mir das Wetter und der schnelllebige Alltag hier aber auch schon. Natürlich war das Auswandern ein großer Schritt und es gab viele, die meine Entscheidung nicht nachvollziehen konnten. Immerhin habe ich meine Wohnung aufgegeben, auf einen sicheren Job und damit auch auf ein regelmäßiges Einkommen verzichtet und bin ans andere Ende der Welt gezogen. Aber ich habe mich für mich selbst und für ein Leben entschieden, das meinen Ansprüchen gerecht wird. Ich liebe mich selbst so sehr, dass ich das tue, was mich glücklich macht. Dass ich mein Dasein nicht für Jahrzehnte der Arbeit widme, nur um dann müde in Pension zu gehen: Das irritiert manche. Und natürlich bin ich von Zeit zu Zeit auch mit Vorurteilen konfrontiert, wie etwa, dass ich nur auf der faulen Haut liege. Aber ich habe vor meiner Auswanderung all mein Geld angespart und arbeite hier ein paar Stunden pro Woche als Aushilfe in einem Bed & Breakfast. Ich brauche nicht viel und schon gar nicht viel Geld oder Materielles. Ich entspreche nicht der Norm, falle mit meinem Lebensstil aus dem Muster. Dafür habe ich mich ganz bewusst entschieden. Ich möchte kein Teil der Leistungsgesellschaft sein. Ich möchte die Welt bereisen, viele Orte mein Zuhause nennen dürfen und vor allem eins: Jeden Tag in vollen Zügen genießen.

Magdalena Berger (22) „Ich will Witze schreiben“

Foto: Alexandra Stanic
Foto: Alexandra Stanic

Im ersten Moment klingt das für viele wohl wie ein absurder Berufswunsch. Vor ein paar Jahren hätte ich wohl auch komisch geguckt, hätte das jemand als Traumjob genannt. Aber ich möchte das wirklich gerne machen und ich traue es mir auch zu. Das war aber nicht immer so. Dass Frauen grundsätzlich mal nicht so als lustig wie Männer empfunden werden, ist ja nichts Neues. Studien haben gezeigt, dass sich sowohl Männer als auch Frauen einen Partner mit Humor wünschen. Männer, weil sie jemanden möchten, der über ihre Witze lacht. Frauen, weil sie jemanden möchten, der sie zum Lachen bringt. Auch in Freundeskreisen habe ich beobachtet, dass viel mehr über die Pointen von Männern gelacht wird. Ich habe mich wirklich intensiv damit beschäftigt und verstanden, dass Lacher oft nicht nur etwas mit dem Scherz an sich zu tun haben, sondern damit, ob eine Frau oder ein Mann diesen Scherz reißt. Ich kann also gut nachvollziehen, warum die meisten Frauen gar nicht erst auf die Idee kommen, in diese Branche einzusteigen, aber ich nde es wirklich schade. Für mich bedeutet Selbstliebe also, sich Dinge zuzutrauen, die dir die Gesellschaft nicht zutraut. Aber unter Selbstliebe verstehe ich auch zu akzeptieren, dass ich mich nicht die ganze Zeit lie- ben kann und muss. Diese neoliberale Einstellung, alles würde nur an einem selbst liegen und alles passiert im Kopf, geht mir ehrlich gesagt ziemlich auf die Nerven. Man muss ja auch gar nicht alles an sich mögen, das bedeutet nicht, dass ich mich alles in Allem nicht ziemlich ok finde.“ 

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