Serbien bei Impfgeschwindigkeit im europäischen und weltweiten Spitzenfeld

09. Februar 2021

Während in der EU die Impfpläne der einzelnen Länder immer wieder angepasst werden müssen, da es angesichts des schleppenden Anlaufens und aufgrund von Lieferverzögerungen mit der Immunisierung nicht so richtig klappen will, wurden in Serbien bereits 544.000 Menschen geimpft. Damit steht Serbien weltweit an achter und auf dem europäischen Festland sogar an erster Stelle. Aber wie kam es eigentlich dazu, dass Serbien so gut vorbereitet ist? 

Gastbeitrag von Marija Ilić

Der serbische Präsident Aleksandar Vučić verabsäumt es nicht, an den einkommensstarken Ländern Kritik zu üben, welche bis zu sechsmal mehr Impfstoff bestellt haben, als sie über Einwohner*innen verfügen. Ein solches Vorgehen sperre anderen Ländern den Zugang zu Impfstoffen. Deswegen musste sich Serbien schon frühzeitig anderweitig umsehen: es wurde zwar auch ein Vertrag mit Pfizer/BioNTech geschlossen, doch vorrangig wurden das russische Vakzin Sputnik V sowie das chinesische von Sinopharm geordert, und zwar schon Mitte letzten Jahres – in der EU reagierte man bei letzteren Impfstoffen zurückhaltend. Diese Bestelltaktik ist nicht zuletzt auf die guten Beziehungen Vučićs mit Vladimir Putin und Xi Jingping zurückzuführen. Bedeckt hält sich der serbische Präsident jedoch zu Themen wie Preisen oder beispielsweise, wie die Impfstoffe so schnell geliefert werden konnten. Er betont lediglich, dass weitere Lieferungen bevorstünden und dass es keine Verzögerungen geben würde. Zugelassen sind in Serbien bis dato 3 Impfstoffe: jener von Pfizer/BioNTech, Sputnik V sowie das Vakzin von Sinopharm. Zwischen diesen dreien können Impfwillige bei der Online-Anmeldung für einen Termin frei wählen – je nach Verfügbarkeit des gewünschten Impfstoffes kann es dabei zu Wartezeiten kommen. Ist einem der Impfstoff egal, bekommt man relativ schnell einen Impftermin. Anfangs herrschte in den Impfzentren noch reges Gedränge, doch mittlerweile laufen Terminvereinbarung und – wahrnahme geordnet ab.

Wer hat Priorität?

Geimpft wird in drei Phasen, welche wie die meisten Strategien, prioritär eine Immunisierung von Älteren, Beschäftigten im Gesundheitswesen sowie Risikopatient*innen vorsehen. Impfen lassen können sich aber auch nicht-serbische Staatsbürger*innen, sie müssen allerdings einen Wohnsitz in Serbien nachweisen, wird von offizieller Seite betont. Doch auch jene ohne inländischen Wohnsitz können sich registrieren, denn man wolle alle potenziellen Impfwilligen ins elektronische System aufnehmen. Dass sich aber aufgrund der guten Versorgung mit Impfstoff, auch eine Art Impftourismus in der Region entwickelt haben dürfte, zeigt beispielsweise die Immunisierung der kroatischen Schriftstellerin Vedrana Rudan in Belgrad. Sie sei von Verantwortlichen des Theaters „Atelje 212“, mit dem sie zusammengearbeitet habe, zur Impfung „eingeladen“worden. Insgesamt wurden bereits 4000 nicht-serbische Staatsbürger*innen geimpft.

Foto: Andrej Isakovic/AFP/Picturedesk
Foto: Andrej Isakovic/AFP/Picturedesk

Der Impfstoff des chinesischen Unternehmens Sinopharm ist außer in Serbien nirgends in Europa zugelassen. So wurde der serbische Gesundheitsminister Zlatibor Lončar als erster Mensch in Europa mit dem Vakzin immunisiert. Das Ganze wurde natürlich medienwirksam aufgearbeitet: bestand anfangs noch Skepsis in der Bevölkerung gegenüber der Impfung aus China, so sollte der Gesundheitsminister mit gutem Beispiel vorangehen. Der Impfstoff hat lt. einer Zwischenveröffentlichung vom 29.12.2020 eine Wirksamkeit von 79%, ist ein Totimpfstoff und verwendet, anders als Sputnik V (Vektorenimpfstoff) und Pfizer/BioNTech (mRNA), ein inaktiviertes Coronavirus zur Immunisierung. In China wurde das Vakzin am 30.12.2020 zugelassen, die erste Lieferung über eine Million Dosen empfing Serbien bereits am 16.01.2021 und die Massenimpfungen starteten am 19.01.2021. Am 09.02.2020 soll bereits die zweite Runde der Immunisierung beginnen. 

Die Kampagne zeigt Wirkung

Aus dem COVAX-Programm der WHO, welches darauf abzielt, Regionen mit geringerer Kaufkraft mit Impfstoffen zu versorgen, stehen ab März auch Serbien Dosen zu – der Vertrag lautet auf 6,5 Millionen, wieviel tatsächlich geliefert wird, bleibt abzuwarten. Aber für eine kontinuierliche Immunisierung sei gesorgt: durch Abkommen mit Russland und China erwarte man weitere 11,5 Millionen Vakzine. Außerdem plane Serbien, Sputnik V am Forschungsinstitut Torlak in Belgrad produzieren zu lassen – damit könnte man auch Länder in der Region versorgen. Die serbische Impfkampagne zeigt jedenfalls Wirkung: die Zahl der stationär aufgenommenen COVID-Patient*innen sinkt, sodass viele Krankenhäuser zum Regelbetrieb übergehen konnten und wieder planbare Eingriffe vornehmen. 

 

 

Die Autorin Marija Ilić ist freischaffende Journalistin und schreibt für das Vice Magazin in Belgrad.

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