Zimmer mit Aussicht auf Ewigkeit – Wohnen im Jenseits

10. März 2011

Der tote Altägypter wohnt drüben genauso wie hüben. Den toten Goten reichen Höhlen in Gebirgen, die übrigen Germanen brauchen ewiges Saufen im rauchigen Bierzelt. Und verblichene Christen wohnen in einem Themenpark
mit Kino! Wie sich einige Kulturen im Jenseits einrichten – Liestu!

Von Bogumil Balkansky

Ikea für die Pyramide
Für die alten Ägypter ist das Wohnen im Jenseits einfach nur eine endlose Fortsetzung. Nach einer Übersiedelung zum Horizont wohnt man für den Rest der Ewigkeit im selben Haus mit derselben Einrichtung und hat sogar denselben Job wie zuvor. Gipfel der Ödnis: selbst die kostbaren Ewig-Möbel der Pharaonen werden als ordinäre Bausätze bis ins Grab geliefert. Wer seine neue Bleibe im Totenland bezieht, muss Tisch, Sessel und Bett erst zusammenstecken. Archäologen berichten allerdings, dass selbst bei 3500 Jahre alten Schuhkästen das Stecken mühelos klappt. Reiche haben Sklaven, die als Figurensatz in speziellen Kommoden lagern, bis sie gebraucht werden: männliche für schwere Arbeiten und weibliche auch für Liebesdienste, wie man auf obszönen Graffitis in den Ecken der Gräber sehen kann. Tote Damen der Gesellschaft hingegen haben ihre gewohnten Schminktische, Paletten, Balsame und Fiolen mit Duftölen im Schlafzimmer und eine Onyxwanne im Bad. Sämtliche inneren Organe sind in speziellen Krügen, den Kanopen, verpackt und stehen im Wohnzimmer auf einer schicken Kommode aus Alabaster. Alles in allem ist das Wohngefühl der toten Ägypter so langweilig, wie eine sich endlos wiederholende Telenovela.

 

 

 

Tropfstein oder Schweinsbein?
Wie ein toter Germane wohnt, kommt ganz darauf an, welchem Stamm er angehört. Tote Goten wohnen in feuchten, dunklen und gänzlich unmöblierten Höhlen unter der Erde und in Gebirgen. Dort lungern sie einfach rum, bis der Lebensbaum umstürzt und das Ende der Welt kommt. Die übrigen Germanen finden das so unbequem, dass sie im zehnten Jahrhundert in den hohen Norden nach Walhalla übersiedelten. Dort beziehen seitdem zumindest die gefallenen Krieger eine Art Bierzelt mit einem Dach aus Schilden, nahe der Thronhalle des Götterchefs Odin. Die Möbel sind robuste Tische und lange Holzbänke, die eine Ewigkeit des Saufens, Raufens und Fressens aushalten. Der Lieblingsdrink des toten Germanen ist Met (Honigwein), getrunken aus Hörnern. Auf Holztellern steht Fleisch von einem Eber, der jeden Abend geschlachtet, gebraten und gegessen wird – um am Morgen wieder ganz zu sein. So ergeht das dem armen Vieh dann jeden Tag. Bis zum Ende der Welt. Odin allerdings, verschmäht das Fleisch und trinkt sich jeden Abend, auf seinem Trhon sitzend, mit Met ins Koma. Tags üben sich die toten Recken scherzhaft an gegenseitigen Gemetzeln und Heldengesängen. Ein ewiger Musikantenstadl mit blutigen Action-Einlagen!

 

 

 

Bindehautentzündung, Kino oder Theater.
Der Bebauungsplan für das Jenseits der Christen, wurde schon vor Längerem geändert! Das Fegefeuer und Limbus wurden aufgelassen! Seitdem bleiben noch die Hölle und der Himmel als Quartier.
Vorstellungen, wie sich der Himmel gestaltet, gibt es zahlreich und jeder entscheidet wohl sehr individuell, wie sein jenseitiges Zuhause aussehen wird, aber vor allem drei haben es zu großer Popularität geschafft. Das offizielle Prospekt sieht Folgendes vor: außer dem Thron Gottes gibt es keine Möbel, Häuser oder Geschirr. Stattdessen nur weiches, plüschiges, wolkiges Nichts, durchflutet mit dem ewigen Licht Gottes. Die eher volkstümliche Variante ist wesentlich unterhaltsamer: in einem Themenpark bewohnt jeder tote Christenmensch ein Eigenheim nach eigenen Vorstellungen. Alte Greise kommen hier wieder zu neuen Kräften und überwindet die Schmerzen des Alters. Und jeder hat sein persönliches Kino, in dem die schönsten Augenblicke des Lebens auf und ab gespielt werden.

Eine weitere Variante beschreibt Kirchenvater Tertullian: Der Himmel ist eine Art Theater, in dem die aufrechten Christen ewig über die Qualen der zur Hölle verdammten Sünder und Nichtchristen frohlocken – ein Paradies für Sadofreaks! Die Hölle hingegen ist immer gleich: eine Höhlenwohnlandschaft die übermäßig mit Kohle beheizt wird und in der alle Möbel unbequem und schmerzhaft sind – ein Paradies für Masofreaks!

Datteln mit Jungfrauen
Ein wohilges Wohngefühl haben tote Muslime: man lebt in einer unendlichen, lauschigen Oase, die Häuser sind solide, mehrstöckige Bauten aus natürlichen Qualitätsmaterialien, man isst den ganzen Tag von goldenen Tellern alle Köstlichkeiten, die der Orient so zu bieten hat. Die Einrichtung ist das für einen Beduinenhaushalt typische Arrangement von dicken, wunderbaren Teppichen, Polstern und zerlegbaren Möbeln, die alle zum himmlischen Genuss des Sitzens oder Liegens einladen. Leider ist die Verkehrsanbindung eine Katastrophe! Man muss erst eine Übergangsbleibe im eigenen Grab beziehen, um anschließend über eine schmale Brücke zu gehen, von der die total Sündigen, Unreinen und Ungläubigen in den Höllenschlund geschubst werden. Das Gedränge hier ist unbeschreiblich, genauso wie das Brüllen der Herabgestoßenen. Es gibt zwar eine VIP-Autobahn, die ohne Umwege und Stau direkt ans Jenseits für tote Muslime anbindet, aber die ist nur für Märtyrer reserviert. Im Jenseits treffen die Gottesfürchtige auf züchtig blickende, großäugige Huris – keusche Wesen, die weder Jinn noch Mensch je berührten
(Sure 55:66).
Ob auch weibliche Gottesfürchtige eine Ewigkeit im
heimelig-herben Schoße der Huris verbringen,
um ewiglich dem Lied des Wüstenwindes zu lauschen, ist unklar.

 

 

 


Ewigkeit im Maulwurfsbau und andere Wohnideen

Wie tote Slawen wohnen, ist weitgehend unbekannt. Sicher ist nur, dass sie sofort nach dem letzten Röchler durch ein Fenster oder ein Loch in der Wand entweichen, eine Weile herumgeistern, um erst dann zur erdigen Urmutter umzuziehen. Man weiß nur noch, dass die Witwe des Verstorbenen Slawen mitgehen muss und zusammen mit ihm verbrannt wird. Tote Juden streiten bis heute um die ideale Wohnform im Jenseits. Häuser und Möbel und andere materielle Güter spielen aber keine Rolle.
Tote Buddhisten sterben nicht, sie steigen nur aus ...

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Kommentare

 

jesas na. no a portion relidschn :D

 

Najo, muslimische Frauen können es sich anscheinend aussuchen: Entweder sie kommen in die Hölle, oder sie kommen ins Paradies - und werden zu Huris ...

 

wie der in china umgfallene sack reis...

 

also ich find ja die muslimische Variante am Gschmeidigsten - aber für mich gibts da oben keinen Platz :)

Was ist eig mit den Atheisten? Wird da der Stecker gezogen und aus is?

 

Das hier: eine Höhlenwohnlandschaft die übermäßig mit Kohle beheizt wird und in der alle Möbel unbequem und schmerzhaft sind – ein Paradies für Masofreaks! finde ich nicht gerade sehr ökologisch, das würde selbst auch in der Ewigkeit zu, natürlich, ewiger Umweltverschmutzung und ewigem Treibhauseffekt führen.
Ich hätte bezüglich böser, böser, böser Sünder einen viel ökologischeren Vorschlag. Wir bündeln dieses göttliche, ewige Licht mit einem Parabolspiegel und einer Linse und richten es wie einen Laser-Strahl auf die furchtbar bösen Sünder. Das erhöht zudem die Vergnüglichkeit im Paradies wo die guten Christen über ihre hohe Trefferzahl der Sünder - wie bei Moorhuhn - zusätzlich frohlocken können und im Paradies ist es schöner und es ist zugleich auch gleich viel Umweltverträglicher. Hihi.

 

ja, die machen's so:

interview der taz mit Colin Goldin, einem historisch und gesellschaftspolitisch versierten kenner des buddhismus.

http://www.taz.de/1/nord/artikel/1/der-dalai-lama-ist-eine-witzfigur/

da gibt es noch ein paar verklärte positionen des buddhismus im diesseits, die längst als jenseits anerkannt gehörten.

aber ich möchte schon wissen, wie das so im buddhistenjenseits ist....irgendeine vorstellung wird es da schon geben. schließlich muss man ja auch denen irgendwie angst machen können - oder?

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