Erdogan - Bist du für oder gegen ihn?

Ich werde oft gefragt, ob ich für ihn bin. Alle erwarten die selbe Antwort: „Ja“. „Für wen bist du denn?“ Erdogan natürlich. Also eigentlich war ich ja neutral, sprich nicht für oder gegen ihn, aber das konnte ich doch schlecht den Leuten sagen, die mich fragen. Meistens sind das Freunde, Familie oder sogar wildfremde Menschen, mit denen ich zum ersten Mal was zu tun hatte. Ich bin Türke und versteht mich nicht falsch, ich habe Nationalstolz, aber die Politik interessiert mich weder in dem Land in dem ich wohne, noch in dem Land, wo mein Herz liegt. Politik interessiert mich nicht, da ich sowieso über sehr viele Sachen meinen Kopf zerbreche, denn ich habe die Angewohnheit viel zu viel über Sachen nachzudenken, bis zu dem Punkt, wo ich einfach nur Kopfschmerzen habe und schlafen will. Würde mir dann noch die Politik am Herzen liegen, hätte ich psychisch keine Ruhe mehr. Dies gilt allerdings nur für Politik  der Türkei. Mein Interesse für die österreichische Politik ist deswegen nicht vorhanden, weil ich mich, traurig aber wahr, viel zu wenig für Österreich interessiere. Es müsste schon was Bahnbrechendes passieren, dass ich mir darüber einen Kopf mache. Obwohl ich in Österreich geboren und aufgewachsen bin, konnte ich mich nie wirklich an dieses Land binden. Ich mag Österreich, aber das war es auch schon.

Soll man so handeln, wie seine Familie?

 Meine Familie ist sehr patriotisch, und das machte es mir natürlich nicht leichter, neutral zu bleiben. „Die europäischen Medien lügen!“, „Wieso glaubst du diesen Medien als Türke?“. Wenn ich mal dazu komme, mit meiner Familie über Erdogan zu reden und erwähne, dass ich nicht für oder gegen ihn bin, werden mir diese Sprüche an den Kopf geworfen. Ich bin mittlerweile alt genug, und kann diese Sprüche ignorieren, ohne direkt auszurasten, aber ich frage mich immer wieder, ob es nicht doch das einfachste sei, doch für Erdogan zu sein, und mein Leben nicht unnötig schwerer zu machen. Jedoch wäre ich dann doch nur wie ein Gehirnloser der Meinung der anderen nachrennt. Ist es denn so schlimm, keine Meinung zu haben? Was ist verkehrt daran, sich in das alles nicht einzumischen? Anscheinend vieles, wenn man mal davon ausgeht, dass man diese Sprüche hören muss. Ich höre sogar von Freunden aus anderen Staaten, zum Beispiel von Freunden aus Albanien, Ghana oder Ägypten, wie ich nicht für Erdogan sein kann und dass ich keinen Nationalstolz hätte, oder zu österreichisch geworden bin. Da muss ich die meiste Zeit natürlich lachen, da es dann die sind, die blind der Meinung anderer folgen.

Wissen? Vorhanden.

 Nur weil ich neutral war, hieß das ja nicht, dass ich nichts über Erdogan weiß, aber zu diesem Entschluss kommen viele Leute. Zu dem Zeitpunkt, wo ich diesen Text schreibe, weiß ich, ob ich für oder gegen ihn bin, aber das behalte ich jetzt für mich. Das hat aber nichts damit zu tun, dass ich Videos oder Bilder von deutschen Politikern zugeschickt bekommen habe, die gut oder schlecht über ihn reden. Ich habe durch meine eigenen Recherchen herausgefunden, ob Erdogan tauglich für diese Position ist oder nicht, da müssen mir keine weiteren 100 Menschen an den Kopf werfen, wie einfach es doch sei, „ja“ zu sagen

Ich empfehle jedem, der diesen Text lesen sollte, sich seine eigene Meinung zu bilden und nicht anderen Leuten Sachen and den Kopf zu werfen, obwohl man selber keine Ahnung davon hat, wovon man redet.  

Mertcan ist 16 und besucht das BORG Henriettenplatz

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