37.500 Ausreden

25. Januar 2016

37.500 Menschen und keinen mehr soll Österreich im kommenden Jahr aufnehmen, wohl wissentlich, dass diese Obergrenze bereits nach den ersten Monaten des Jahres erreicht sein wird. Und dann? Dann werden entweder gar keine Asylanträge mehr angenommen, oder es werden Asylanträge angenommen aber auf Jahre hinaus nicht mehr bearbeitet. Ist das rechtlich überhaupt möglich? – Schweigen im Walde. Wie genau soll das umgesetzt werden? – Schweigen im Walde. Ist die Vorstellung, Asylwerber über Jahre hinweg in Lagern notdürftig zu versorgen, und das ausgerechnet in Österreich, nicht absolut makaber? – Schweigen im Walde.

Dass es auf diese Fragen keine oder nur sehr vage Antworten gibt, ist ja nach allem nicht weiter verwunderlich. Die Fragestellungen an sich knüpfen ja nur an die von der Bundesregierung vorgestellte Scheinmaßnahme an, die sich für viele sicher nett anhört, jedoch keinesfalls zur Lösung auch nur irgendeines Problems beitragen wird.

Fakt ist nämlich, dass vorher nicht genügend Strukturen zur Aufnahme von Flüchtlingen vorhanden waren, und über das gesamte vergangene Jahr auch kaum ernsthafte Maßnahmen gesetzt wurden, um diese Strukturen zu erweitern. Und damit meine ich jetzt nicht nur Strukturen zur Deckung der Grundbedürfnisse wie Unterbringung, sondern in weiterer Folge auch institutionelle wie beispielsweise schulische Maßnahmen zur Integration von Flüchtlingen. Über die fadenscheinige Umsetzung von dringend notwendigen Integrationsmaßnahmen habe ich in einem anderen Text schon hingewiesen. Wenn man nun aber eine Obergrenze für Flüchtlinge setzt und dabei auf eine Extremsituation und Überforderung verweist, bedeutet das gleichermaßen auch ein Bekenntnis gegen den weiteren Ausbau derartiger Strukturen. Und dabei wäre dies schon seit vielen Jahren dringend notwendig.

Das ist aber nur die eine Seite des Problems. Die andere Seite spielt sich außerhalb der (Ober)Grenze ab. Denn nur weil Österreich weniger Flüchtlinge aufnehmen will, bedeutet das nicht, dass auch weniger kommen werden. Nein, es bedeutet lediglich, dass ein großer Teil von ihnen sich weiterhin illegale Wege suchen wird, von denen in erster Linie Schlepperbanden profitieren werden. Falls wir also über den LKW mit den 70 toten Flüchtlingen im vergangenen Jahr schockiert waren, können wir uns schon mal darauf einstellen, dass solche Entdeckungen in Zukunft an der Tagesordnung stehen werden. Anstatt einfach mal so zu bestimmen, wie viele Flüchtlinge uns gerade in den Kram passen, wäre es vielleicht sinnvoller, friedensstiftende Maßnahmen in den Krisengebieten zu unternehmen? Ihr wollt Flüchtlingsströme eindämmen, also wann genau beginnt ihr damit?

Den Verweis auf „sichere Drittstaaten“ halte ich übrigens für Augenauswischerei. Es erinnert mich ein bisschen an die „Türkenbelagerungen“ in unseren Geschichtsbüchern. In 100 Jahren wird man dann lesen können, wie Prinz Kurz und Johanna die Schreckliche die Muslime von Wien ferngehalten haben. Auch wenn dieser Vergleich massiv hinkt, wäre es doch nicht das erste Mal, dass der Balkan unsere Politik ausbaden muss.

Moment mal, unsere Politik? In Wahrheit ist das Setzen einer Obergrenze nur ein weiterer, neuer Auswuchs des Nichts, das die Bundesregierung bisher an sinnvollen Maßnahmen in der Asylpolitik gesetzt hat und offensichtlich zu setzen gedenkt. 37.500 Menschen sind nur 37.500 weitere Ausreden dafür – im Innen wie im Außen - überhaupt nichts zu tun. 

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