Bewaffneter Student an der Uni Wien – Die Berichterstattung ist halt einfach nur noch mühsam.

21. Oktober 2019

Letzte Woche saß ein Student der Uni Wien mit einer Pistole bewaffnet in einer Vorlesung. Bei der Berichterstattung kann unsere Autorin fast schon auswendig mitreden: Einzelfall, psychisch krank, weißer Mann. 

Vergangenen Mittwoch saß ein Student der Uni Wien mit einer Pistole am Gürtel in einer Physik-Vorlesung. Wie die APA berichtet, wurde er vom Sicherheitsteam der Uni aus dem Hörsaal begleitet, und auf das komplette Waffenverbot aufmerksam gemacht, auch die Sicherheitsbehörden wurden eingeschaltet. Er hatte zwar ein waffenrechtliches Dokument, das ihn aber nicht zum Führen der Waffe berechtigte. Er wurde aber diesen Montag bei einer erneuten Kontrolle von der Security mit einem Messer aufgegriffen. Dafür bekam er ein Hausverbot an der Uni Wien. Der Mann soll zuvor laut APA folgendes auf seinem Twitter-Profil gepostet haben: „Ich würde gern in einem Feuergefecht gegen den Islam sterben und so viele wie möglich davon töten“ Auf der Plattform schilderte er unter anderem auch, sein Leben lang unter Schlafstörungen zu leiden und deshalb immer wieder unter Medikamenteneinfluss zu stehen. So viel erfuhr man aus der Berichterstattung diverser Medien. 

Es ist halt wie immer die alte Leier: Ein weißer Mann verstößt gegen das Gesetz, droht aus rassistischen Motiven bestimmten Menschengruppen. Klar, ein Einzelfall. Klar, er ist psychisch gestört. Klar, er nimmt Medikamente. Die Konsequenzen? Ja, ein Hausverbot. Das gleicht in dieser Situation einer Rüge, als würde ein strenger Lehrer den Finger erheben und „Mach das nicht mehr, das wollen wir hier nicht.“ damit meinen. 

 Wäre von einem psychisch gestörten Einzeltäter die Rede?

Wir alle wissen, dass das auch ganz anders ausgehen hätte können. Man will es nicht wahrhaben, aber die geographische und somit emotionale Nähe trifft uns jetzt alle: Was wäre, wenn? Hätten es seine Tweets dann in die internationale Berichterstattung geschafft? Wäre von einem psychisch gestörten Einzeltäter die Rede? Würde man von einem religiös motivierten Attentat sprechen? Das Wort „Terror“ dabei immer schön ganz weit entfernt. Passt ja nicht ins Bild. Wer so eine Gesinnung hat, wird psychisch wohl kaum als gesund eingestuft werden – das gilt für alle. Islamfeindlichkeit mit Schlafstörungen rechtzufertigen, gleicht jedoch ungefähr der Behauptung, unter Einfluss von KO-Tropfen unabsichtlich russischen Oligarchennichten stundenlang falsche Versprechen gemacht zu haben. Wir erinnern uns alle. 

Wir wissen auch alle, wie die Berichterstattung aussehen würde, wäre der Mann kein autochtoner Österreicher, würde zumindest nicht so aussehen oder wäre –worst case -Moslem. Wieso ich mir anmaße, solche Behauptungen zu stellen? Die Schlagzeilen der Boulevard-Blätter hätte man aus der Berichterstattung der letzten Jahre einfach copy-pasten können. Aber Islamophobie scheint hierzulade in diversen Kreisen schon so en vogue zu sein, dass man davon absieht. Betrifft „uns“ Österreicher ja eh ned.  Also nochmal zum Mitschreiben: Der Typ saß mit einer Pistole im Hörsaal. An der Uni Wien. An der Uni Wien, an der die meisten von uns mindestens einmal in ihrem Leben schon waren. Egal, wer „wir“ sind: Ob Muslime, autochtone ÖsterreicherInnen oder Menschen egal welcher anderen Herkunft. Klingelt’s jetzt endlich? Das betrifft uns alle. So zaghaft darüber zu berichten, die Sprache anzupassen und nach Rechtfertigungen zu suchen macht das Ganze nur noch schlimmer. Es ist halt einfach nur noch mühsam. 

(anm: Montagabend waren noch keine weiteren Konsequenzen für den Mann bekannt.)
 

 

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