Champagne for Gypsies

08. Oktober 2015

Goran Bregovic und seine "The Wedding and Funeral Band" beehren uns wieder in Wien. Diesmal sorgen sie im Wiener Konzerthaus für Stimmung. Wir haben uns das zum Anlass genommen und ihm ein paar Fragen gestellt.

 

biber: Wie würdest du deine Musik betiteln?

Goran B.: Postmoderne Balkanmusik.

biber: „The Wedding and Funeral Band“ – das sind ja doch zwei sehr gegensätzliche aber gleichwertig wichtige Momente im Leben. Ist da ein philosophischer Ansatz dahinter? Hast du eine Idee, wie deine Beerdigung ablaufen sollte?

Goran B.: Keine wirklich große Philosophie, fast schon ein zu pragmatischer Zugang eigentlich. In Serbien sind die Bands, die auf Hochzeiten spielen, auch jene, die auf Beerdigungen spielen. Auf beiden spielt man die Lieblingssongs der im Mittelpunkt stehenden Person/en. Somit ist es eigentlich gar nicht so verkehrt, dass die gleichen Bands auf beiden Ereignissen die Experten sind. Mein Begräbnis stell' ich mir feuchtfröhlich vor. Leute sollen viel trinken und fröhliche Musik hören.

biber: Champagne for Gypsies – ist einmal mehr der Beweis eigentlich, dass die Roma-Kultur von großem Einfluss für deine Arbeit ist. Was fasziniert dich am meisten an dieser Gruppe?

Goran B.: Ich wollte eigentlich ein romantisches Album aufzeichnen. Dann kamen all die Nachrichten über Roma, die überall in Europa verdrängt wurden. Da konnte ich nicht mehr widerstehen meine Lieblingsmusiker einzuladen, um gemeinsam mit ihnen ein Zeichen zu setzen. Das Album ist ein Trink- und Tanzalbum und gleichzeitig auch ein Toast an das Talent der Roma. Sie haben die Musiklandschaft Europas sehr geprägt. Das feiert das Album. Ich arbeite schon mein Leben lang mit ihnen und ich schätze ihre Gesellschaft sehr!

biber: Wie sieht es mit der Filmmusik aus? Du hast die Musik für Emir Kusturicas Filme gemacht. Welcher ist dein Favorit?

Goran B.: Natürlich „Time of the gypsies“. Das ist  der beste Film aller Zeiten. Jeder, der ihn noch nicht gesehen hat, sollte sich den anschauen, bevor er tot ist! Es wäre zu schade! Das Glück eines Künstlers ist, für jene Projekte zu arbeiten, die er gut findet bzw. für Dinge, die ihm Spaß machen, bezahlt zu werden. Ich hatte wirklich immer Glück!

biber: In deinem letzten Interview mit Momcilo,  hattest du gemeint, dass du jederzeit wieder auf einem Konzert auftreten würdest, das von der FPÖ gesponsert wird. Deine Begründung damals war: Musik ist für alle Menschen da, eben auch für Menschen bestimmter Gesinnung. Das wurde sehr wild diskutiert. Bist du noch immer dieser Meinung?

Goran B.: Ich denke nicht, dass du so naiv bist zu denken, dass es irgendeinen Unterschied gibt. So etwas wie Ideologien gibt es an sich nicht mehr. Wir haben nur noch praktischen Kapitalismus. Ich bin Musiker aus kommunistischen Zeiten. Ich bin traumatisiert von Politik. Daher halte ich mich da auch raus. Ich denke nicht, dass Musik auf politischer Ebene etwas verändern kann.

biber: Dein Leben teilt sich in  „Vor dem Krieg“ und „Nach dem Krieg“. Gibt es diesen Bruch auch in deiner Musik?

Goran B.: Sehr. Der Krieg ist das Schrecklichste und zugleich das Beste, was mir passiert ist. Wegen des Krieges musste ich zweimal anfangen. Das zweite Mal tatsächlich von null an. Er hat mich an meine Grenzen geführt. Ich war gezwungen, meine Komfortzone zu verlassen. Im Krieg wurde ich viel selbstbewusster und konnte so meine eigene kleine Welt verlassen. Ich habe gelernt, dass ich auf der ganzen Welt etwas zu erzählen habe, wenn ich die Sprache, die sich Musik nennt, gut genug beherrsche.

biber: Wie sieht es mit Wien aus. Du warst ja schon einige Male hier. Hast du ein paar Lieblingsecken?

Goran B.:  Ich habe mehrere Monate in Wien verbracht. Ich kenn mich hier ziemlich gut aus. Ich mag diesen Mix aus deutscher Ordnung und den Farbelementen aus dem Balkan. Wien ist wirklich eine sehr schöne Stadt zum Leben.

biber: Was können wir von deinem Konzert am 11. Oktober 2015 im Konzerthaus erwarten? Werden wir Lieder aus „Three letters from Sarajevo“ hören?

Goran B.: Es wird gewohnt lustig mit sehr viel Balance. Wir werden sicherlich auch aus dem neuen Album spielen.  "Three letters from Sarajevo" entstand aus einer alten Idee. Einem Concerto bestehend aus christlicher Musik, jüdischer Klezmer Musik und muslimisch orientalischer Musik. Das Album baut quasi darauf auf!

 

 

Was: Goran Bregovic & The Wedding and Funeral Band - Champagne for Gypsies

Wo: Wiener Konzerthaus

Wann: 11. Oktober 2015

 

 

 

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