Du bist nicht hässlich, du bist echt.

24. April 2019

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Instagram, Selbstliebe
Foto: Oleg Ivanov on Unsplash

Wespentaille, Riesenarsch und Schmollmund: Bei manchen Instagram-Bloggerinnen wird operiert und gefacetuned, was das Zeug hält. Nur gesprochen wird darüber nicht. 

Meine ersten Minderwertigkeitskomplexe entstanden durch Instagram, da bin ich mir sicher. Im Alltag bin ich davor nämlich selten Frauen begegnet, die wie gemalt aussahen. Perfekte Haut, perfekter Körper, perfekter Mensch. Gibt’s nicht? Gibt’s doch. Auf Instagram. 

Alles Lügen

Man scrollt vielleicht 5 Sekunden, bevor einem die erste Übeltäterin entgegenspringt. Linda* heißt sie, 26 Jahre alt, lebt offiziell in Los Angeles, verstreut ihren Charme aber auf der ganzen Welt. Ihre kunterbunten Reisen finanziert sie sich, indem sie Werbung für Zahnaufhellungs-Streifen und Detox-Tee macht. Für jedes Bild hat ihr armer Freund mindestens eine Stunde gebraucht, aber laut ihr war es ein Zufallsfoto. Als sie bei ihrem wöchentlichen „Q&A“ gefragt wird, was an ihrem Körper echt ist, wirkt sie ganz empört. „Alles!“, quietscht sie und lacht hysterisch. Aha, ok. Leider kann ich Linda, wie so vielen anderen, nicht glauben, wenn sie sowas behaupten. Denn die Hintern von manchen Bloggerinnen machen Kim Kardashian Konkurrenz und die Taillen einzelner Influencer sind so breit wie mein Unterarm. 

Falsches Bild

Ich will eine Sache klarstellen: Ich habe kein Problem mit Frauen, die sich operieren lassen. Ich habe ein Problem mit Frauen, die sich operieren lassen und es leugnen. Denn, wenn ein 14-jähriges Mädchen Instagram öffnet und solche Frauen Tag für Tag sieht, wird sie das bewusst oder unbewusst beeinflussen. Instagram wird für viele zur Realität, obwohl es alles andere als realistisch ist. Denn mittlerweile braucht es gar keine Beauty-OPs mehr, um sich in eine Barbie-Puppe zu verwandeln. Mit Apps wie „Facetune“ kann man sein Gesicht in 3 Minuten so stark verändern, dass man sich selbst kaum wiedererkennt. Wie soll man sich da selbst noch schön finden? Tag für Tag wird einem ein unrealistisches Schönheitsideal auf dem Bildschirm präsentiert, das gar nicht existiert, aber sich in unser Gehirn eingebrannt hat. Kein Wunder also, dass sich plötzlich jeder die Lippen aufspritzen oder die Brüste vergrößern lassen will. Obwohl man eigentlich ganz zufrieden mit dem eigenen Körper war. 

Mehr Realität   

Instagram ist aber noch nicht komplett mit Schönheitslügen und Traumwelten verseucht. Unter dem Hashtag #fürmehrrealitätaufinstagram stehen Frauen (und Männer) zu ihren echten Körpern und zeigen ihr wahres Leben. Die Bloggerin Louisa Dellert zum Beispiel, die neben ihrem Kampf für Klimaschutz auch Themen wie Selbstliebe anspricht. Die britische Bloggerin Em Ford steht offen zu ihrer Akne und zeigt „Facetune“ den Stinkefinger. Autorin Jacqueline Scheiber schreibt unter dem Instagram-Namen Minusgold über Feminismus und mentale Gesundheit. Instagram-Bloggerin Morena Diaz zeigt, dass Selbstwert nichts mit dem Gewicht zu tun hat. All diese wundervollen Menschen beweisen eigentlich nur, was schon immer feststand: Du bist nicht hässlich. Du bist echt. Und das ist gut so.

* Name von der Redaktion geändert

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