Positive Frau schickt ihren Mann zum Putzen. Darf sie das?

28. Oktober 2020

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Putz di'
Foto: Zoe Opratko

Die Geschichte hört sich wie ein schlechter Scherz an. Eine junge Frau, ich nenne sie Jasna, macht sich große Sorgen um ihre Mutter. Diese putzt für eine Gebäudereinigungsfirma in Wien. Dort wurde jüngst ein positiver Coronafall unter den MitarbeiterInnen festgestellt. Die betroffene Person hat sich in die Quarantäne begeben.

So weit so gut.

Allerdings wunderten sich am nächsten Tag alle als der Ehemann der positiv getesteten Person die Schicht übernahm. Der Mann, der im Fachjargon als K1-Kontaktperson gilt! Er müsste laut dem Gesundheitsministerium bis zu zehn Tage in die Quarantäne gehen. Und das selbst, wenn er einen negativen Test vorzeigen würde (Was in diesem Fall nicht stattgefunden hat). Die Angst der Tochter ist groß. Ihre Mutter ist über 50, dh. Risikoperson. Trotz der Gefahr geht sie weiterhin putzen. Den Kontakt zum Vorgesetzten meidet sie. Es gebe schließlich genug Menschen, die die Arbeit machen würden, so das Argument der Mutter.

Im Team ist die Stimmung angespannt. Vor allem im Umkleideraum kommen sich die Reinigungskräfte unfreiwillig nahe, das Einhalten des vorgeschriebenen Mindestabstands von zwei Metern scheint illusorisch. Die Menschen haben aber gleichzeitig Angst ihre Existenzgrundlage zu verlieren bzw. den Vorgesetzten zu informieren. Wer kann es ihnen auch übelnehmen? 

Es bleiben weitere Fragen offen: 

Wieso werden solche Fälle vom Arbeitgeber nicht kontrolliert? Wie kann es sein, dass den Heldinnen der Krise, die wir alle zusammen beklatscht haben, aus Angst vor Jobverlust, ihren Partner in die Arbeit schicken. Und wieso kommt niemand von der Firma darauf? Oder wird das bewusst ausgeblendet, um den Arbeitsbetrieb nicht zu stören. Nach dem Motto: Ist eh nur eine Putzkraft. 

Die Antwort der Reinigungsfirma lässt noch auf sich warten. Nachdem mich das Gesundheitsministerium an die Kollegen vom Arbeitsministerium weitergeleitet hat, bekam ich von der Wirtschaftskammer Wien die notwendige rechtliche Aufklärung.

 

Konsequenzen für den Arbeitnehmer: 

"Ein Entlassungsgrund liegt vor, wenn der Arbeiter eine strafbare Handlung begeht, die das Vertrauen zum Arbeitgeber so erschüttert, dass diesem eine Weiterbeschäftigung – und sei es auch nur für die Dauer der Kündigungsfrist – nicht mehr zumutbar ist. Wenn somit der infizierte Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob er Krankheitssymptome aufweist oder nicht, seine Infektion, die ihm bekannt ist, verschweigt, und dennoch den Dienst antritt, kann er vom Arbeitgeber berechtigt entlassen werden."

Ist einer Person bekannt, dass Sie positiv auf Covid 19 getestet ist, darf sie ihre Wohnung nicht verlassen. Sie darf weder zum Supermarkt gehen, um notwendige Lebensmittel einkaufen. Sie darf auch nicht die Arbeit aufnehmen. Von dieser infizierten Person geht nämlich die Gefahr aus, dass sie andere Personen ansteckt, die dann möglicherweise sogar schwer erkranken. Bleibt die infizierte Person daher nicht zu Hause, begeht sie das gerichtlich strafbare Delikt der fahrlässigen Gemeingefährdung. Wer nämlich fahrlässig eine Gefahr für Leib oder Leben einer größeren Zahl von Menschen in großem Ausmaß herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen. (§ 177 Abs.1 StGB)

Konsequenzen für den Arbeitgeber: 

Der Arbeitgeber muss eine Evaluierung des Arbeitsplatzes vornehmen. Er muss also prüfen, ob er die Abläufe am Arbeitsplatz so organisiert, und so festgelegt hat, dass eine Gefährdung seiner Arbeitnehmer und damit eine Infektion mit covid 19, soweit es geht, hintangehalten wird. Er muss alle betrieblichen Abläufe so  festlegen, dass das Risiko von Ansteckungen so gut als möglich vermieden werden kann. Damit wird der Arbeitgeber beispielsweise die Arbeitszeiten und die Möglichkeiten zum Umkleiden so organisieren müssen, dass die Mitarbeiter eben nicht gleichzeitig in einem engen Umkleideraum „zusammengepfercht“ sind. Darüber hinaus ist es dem Arbeitgeber selbstverständlich untersagt, einen solchen Mitarbeiter zu beschäftigen, von dem ihm bekannt ist, das er positiv getestet ist.

 

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