Extinction Rebellion: Klimaprotest mit Nachdruck

31. Mai 2019

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Rettet unsere Erde: Mit dem "Die-In" am Klimastreik leistet Extinction Rebellion sozialen Ungehorsam. (C) lk

Vor dem Haus der Industrie am Schwarzenbergplatz fallen plötzlich zig Menschen um und liegen regungslos am Boden. Sie scheinen tot zu sein, aber es ist nur eine Form des Protestes der Organisation „Extinction Rebellion“. „Die-In“ nennt sich dieser Widerstand, der zeigen soll: Wenn wir nicht bald alle handeln, sind wir tot. An den „Sterbenden“ zieht der Demozug der „Fridays for Future“ mit über 30.000 Menschen vorbei, die für mehr Klimaschutz protestieren. Mit der schwedischen Klimaaktivistin Greta Tunberg in ihrer Mitte fordern Schüler, Studenten und Menschen aller Altersgruppen ein Ende der fossilen Brennstoffe und ein Umdenken im System.

Ziviler ungehorsam muss organisiert sein. Deswegen fängt der Tag für die Organisation Extincition Rebellion heute schon früh an. Neue Aktivist*innen werden mit den Forderungen und Umgangsformen der Truppe vertraut gemacht, Gruppen gebildet und die Aktionen besprochen. Das Interesse ist groß: Im Fünfminutentakt kommen immer mehr neugierige Gesichter in den Raum, die eines gemeinsam: Sie wollen mit Aktionen die Politik zum Handeln bewegen.

Gewaltfreier Widerstand ist wirkungsvoll

Extinction Rebellion ist ein Internationaler Verein, den es seit August 2018 gibt. Gegründet wurde er von Klimaaktivist*innen in Großbritannien, seit Jänner 2019 gibt es ihn auch in Österreich. Paul ist seit Anfang an dabei. Er war auch dabei, als das Kollektiv vor eineinhalb Monaten die Ringstraße mit einem Sitzstreik blockierte. Ihr oberstes Gebot? Gewaltfreiheit. „Wir fügen keinem Menschen, oder keiner Sache Schaden zu“, erklärt Paul. „Auch unsere Sprache und unsere Gedanken sind frei von Gewalt, das unterscheidet uns von vielen anderen Organisationen.“

Es gibt viele Formen, Protest auszudrücken: Petitionen, Demonstrationen, Schilder: Extinction Rebellion bedient sich eher unkonventionellen Protestmitteln, wie sich irgendwo anzuketten, sich festzukleben oder auf der Straße symbolisch zu sterben. „Wir tun das deshalb, weil wir der Meinung sind, dass klassische Mittel wie Unterschriften sammeln wenig für Veränderung sorgt“, sagt Paul. Aktionen, wie eine Blockade einer vielbefahrenen Straße sind da wesentlich effektiver, meint die Gruppe. Sie versuchen, Menschen mit ihren Aktionen so wenig wie möglich zu stören, aber oft gehe es nicht anders.

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Kurz bevor der Demozug den Schwarzenbergplatz erreicht schwärmt Extinction Rebellion aus, um symbolisch auf der Straße zu sterben. (C) lk

Ein zentraler Gedanke der Bewegung ist, dass keine einzelnen Personen beschuldigt oder gegen sie gehetzt wird – das System ist Schuld am derzeitigen Zustand und Personen werden gezwungen, in ihrem Rahmen zu handeln und zu leben. Extinction Rebellion bezeichnet sich selbst als hierarchiefrei, dezentral, autonom und offen für jede*. Das bedeutet, so lange jeder die Prinzipien der Organisation einhält, kann jede* im Namen dieser handeln. Besonders wichtig ist ihnen, dass jeder nur das machen soll, bei dem er sich wohlfühlt. Man gibt bei Aktionen, wie auf der Klimademo, besonders Acht auf einander. Deswegen gibt es auch das Buddy-Prinzip: Jede* hat eine Person, auf die man aufpasst. Man tauscht Nummern aus und schaut, dass der andere nicht verloren geht oder verletzt wird.

150 Euro Strafe ist kein Hindernis

Auch wenn Extinction Rebellion gewaltfrei handeln, passieren ihre Aktionen trotzdem oft im Rahmen einer Verwaltungsübertretung. Strafen von 50 bis 150 Euro gibt es dann etwa für das Sitzen auf der Straße bei Rot, unangemeldete Versammlung oder ähnliches. Es kann sogar passieren, dass ein Organisator bis zu 750 Euro zahlen muss. Dass jemand verhaftet wird, passiert laut eigenen Angaben selten. Da jede* autonom handelt, ist auch jeder selbst für die Konsequenzen verantwortlich. „Derzeit müssen leider die Strafen noch von der Privatperson beglichen werden. Wir hoffen aber, dass wir die Strafen irgendwann mit Spenden kompensieren können“, hofft Paul. Trotzdem: Freundlich gegenüber den Polizist*innen zu sein, ist oberstes Gebot: „Bist du nett zu ihnen, sind sie nett zu dir", lautet die Devise von Paul und seinen Kolleg*innen. Viele der Beamten wirken sogar interessiert und fragen nach den Zielen der Bewegung, heißt es. So funktioniert Systemänderung nach dem Geschmack von Extinction Rebellion .

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Kommentare

 

G.Thunbergs Motivation kann man noch nicht richtig beurteilen. Aber sie regt die Menschen an darüber nachzudenken, ob es nicht an der Zeit ist, den permanenten Fortschritt infrage zu stellen. Bevölkerungswachstum, Ausbeutung der Erde, trägt schon dazu bei, dass sich das Klima verändert. Letztendlich aber wird die Natur dem Menschen überlegen sein. Die Menschen haben sich inzwischen daran gewöhnt, dass alles bequemer und komfortabler wird. Man nutzt die vorhandenen Techniken voll aus, Fernseher, Handys usw. nach 1 Jahr veraltet. Gartengeräte nur noch mit Lithium-Akkus etc. Hier müsste man schon mal hinterfragen, was das umweltmässig bedeutet. Diese Liste könnte man unendlich fortführen. Jeder Mensch muss also für sich beantworten, will ich auf diese Annehmlichkeiten verzichten oder weiterhin den technischen Fortschritt nutzen auch zu Lasten der Umwelt. Die Politik ist hier in einer schwierigen Lage, weil sie alle Interessen der Bevölkerung berücksichtigen muss.

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