Familienglück

27. Juni 2017

Eine Familie zu haben die einen unterstützt, und zwar in allen Lebensbelangen, ist nicht selbstverständlich. Mit Unterstützung ist nichts Materielles gemeint, sondern die Tatsache, dass man geliebt wird, einfach nur dafür, dass man ‚ist‘. Geliebt werden ohne ständig das Gefühl haben zu müssen, dass man etwas ‚richtig‘ machen muss, um als wunderbarer, einzigartiger Mensch anerkannt  zu werden, der man ist.

Ich selbst habe Eltern die mich manches Mal aufregen. Weil sie 'kompliziert' sind, und manchmal 'nervig'.

Meine Mutter ruft mich zum Beispiel täglich an, nur weil ich mal Schnupfen habe. Sie erklärt mir dann was ich alles tun soll, damit ich wieder gesund werde. Täglich! Peinlich oder? Nicht sie. Sondern ich. Denn manche würden alles dafür geben, wenn ihre Mutter sie täglich anrufen würde.

Mein Vater ist so sparsam, dass es mich in den Wahnsinn treibt. Er dreht jeden Cent vier Mal um, und ich zanke mich regelmäßig beim Einkaufen mit ihm. Bis ich eines Tages erfahren habe, dass er so viel wie möglich sparen will, damit er es eines Tages meiner Schwester und mir alles Ersparte geben kann. Meine Scham hat mir in jenem Augenblick die Tränen in den Augen hochsteigen lassen.

Es ist lächerlich womit sie mich aufregen, besser gesagt: Was mich eigentlich aufregt.

Gute Familie - schlechte Familie

Eine ‚gute‘ Familie zu haben ist nicht selbstverständlich. Nur weil man ‚Familie‘ ist, bedeutet es nicht automatisch, dass man gut miteinander umgeht. Ich weiß es, weil ich viele Personen um mich herum habe, deren Eltern nicht wirklich liebevoll zu ihren Kindern sind oder diese gar emotional unterstützen und bestärken. Ich meine damit, dass sie ihren Kindern, auch wenn diese schon längst Erwachsene sind, nicht nur Gutes tun. Zum Beispiel habe ich Bekannte, Verwandte, Freunde und Kollegen deren Eltern gar keine Gefühle zeigen (können), diese sehr eigenartig/eigenwillig ausdrücken oder aber so präsentieren und ihnen freien Lauf lassen, dass diese in eine sehr fragwürdige  Richtung verlaufen und negative Konsequenzen für die Kinder zur Folge  haben. Eben Menscheneltern, die mit ihren Emotionen nicht oder aber falsch umgehen, weil sie es nicht besser wissen oder können.

Immer dann, wenn ich die Geschichten von anderen höre oder gar miterlebe, bin ich dankbar für meine Eltern. Sehr sogar. Dann schäme ich mich, dass ich es überhaupt wage, mich über sie zu beklagen oder aufzuregen.

Liebe und Stolz

Wisst ihr: Es ist nicht einmal selbstverständlich, dass einem die Eltern sagen, dass sie dich lieben. Nicht einmal, dass sie dich umarmen. Nie. Viele Kinder hören ihr ganzes Leben lang kein einziges Mal: „Ich bin stolz auf dich.“ Und das, obwohl diese Mediziner, Anwälte oder sonst was sind. Sie kämpfen ständig um die Anerkennung der Mutter/des Vaters, welche oftmals nicht in der Lage sind ihre Gefühle zu zeigen oder überhaupt welche zu entwickeln, wonach Kinder sich sehnen weil es gar natürlich ist.

Töchter und Söhne dieser Welt sind bereits weit über die Dimensionen ihrer Eltern emporgewachsen, üben Berufe aus und/oder sind geistig gesehen zu einer gewissen Reife gelangt, welche jener ihrer Eltern überlegen ist. Dennoch: Sie alle streben immerzu nach dem Lob des Vaters oder der Mutter. Für sie will man immer mehr und mehr erreichen – das Gefühl, dass diese stolz auf einen sind, scheint manches Mal kein Ende zu haben. Man wünscht es sich so sehr, offensichtlich oder heimlich.

Anerkennung

Es gibt sie in Mengen: Die Eltern, die bewusst oder unbewusst dafür sorgen, dass die Kinder ihr gesamtes Leben lang eifrig daran arbeiten, ihnen immerzu zu beweisen, dass sie noch Besseres erreichen können.

Erwachsene Kinder mühen sich ab, ringen um die Gunst von Mama und Papa: Es rührt aus den jüngsten Jahren – weil man bereits damals vermutlich viel zu wenig Anerkennung erhalten hat, und jetzt das Gefühl in sich trägt, nach wie vor beweisen zu müssen, wie gut man ist, und dass man es wert ist, geliebt zu werden. Man strampelt sich sein ganzes Leben lang nur ab – um in den Augen der Eltern gut, besser, am besten dazustehen. Mit dem beruflichen Vorankommen, dem auserwählten Partner, Nachwuchs, der angepassten Meinung, und vielem mehr.

Was ist das schon?

Und nein: Es ist nicht einmal selbstverständlich, dass dein Vater dich fragt, wie es dir geht, oder sich gar für dein Leben interessiert. Auch solche Fälle kenne ich. Irgendwie will man ja seine anerkannte Aufmerksamkeit als Tochter/Sohn gewinnen, beweisen, dass man toll ist. Aber wie? Nie ist es genug. Nie kommt Lob. Das macht traurig, verletzt, prägt womöglich.

Innerhalb mancher Familien ist es auch nicht gängig, sich zu begrüßen, wenn man nach Hause kommt oder sich in der Früh über den Weg läuft. Niemand interessiert sich für den anderen.

Es gibt Eltern, denen ist es schlichtweg egal, ob ihre Kinder keine passende Kleidung besitzen. Hose zu kurz, Haare hängen ins Gesicht. Solariumbräune und Gelnägel, Alkohol und Zigaretten sind wichtiger.

Hausaufgaben, Noten? Alles nicht so relevant. Das Kind kann nicht am Schulausflug teilnehmen weil zu teuer. Dafür geht man zum McDonald's.

familie

Gefühle und Kämpfe

Man wird nie gefragt, wie man sich fühlt, wenn es einem schlecht geht. Die Familie möchte sich mit solchen unangenehmen Sachen nicht auseinandersetzen. Haben die eigenen Eltern schließlich auch so gehandhabt. Man müsste dann ja kommunizieren. Lieber nicht damit anfangen. Wie denn auch? Erst gar nicht daran denken. Mitgefühl? Fremdwort. Eher Scham und Festhalten an der elterlichen Tradition. Eingeschränktheit auch genannt. Arm eigentlich.

Es gibt Eltern, die dich und deine Geschwister nicht gleich behandeln oder gar lieben. In manchen Familien gibt es ganz offensichtlich Lieblingskinder, die bevorzugt werden.

Es gibt Mütter, die neidisch sind auf ihre Töchter. Väter, die ihren Söhnen immerzu beweisen müssen, dass sie besser sind als der Nachwuchs selbst, und Eltern, die das Gewissen der Kinder als Druckmittel verwenden und ihre Brut wie eine Marionette durchs Leben führen, welches dann eigentlich gar nicht mehr ihr eigenes ist.

Nicht selten bestrafen Erziehungsberechtigte ihre Kinder mit Liebesentzug, wenn sie schlechte Noten schreiben. Manche machen ihre Liebe zum Kind davon abhängig, ob es gut ist im Sport.

Viele Eltern versuchen, ihren nicht wahr gewordenen Traum durch ihr Kind in Erfüllung gehen zu lassen, indem sie es zum Beispiel zum Balletttanz, Violinenunterricht, oder Theaterspiel regelrecht zwingen. Manche erwarten, dass ihr Kind in ihre Fußstapfen tritt oder projizieren ihre eigenen Wünsche auf ihre Sprösslinge indem sie sich einreden, dass sie ja nur wollen, dass es ihm/ihr gut geht. Die Liste egoistischer, nicht reflektierter Denkweisen hierbei ist endlos.

 

Nicht immer muss die gesamte Familie einen unterstützen. Oftmals sind gute Freunde die Familie. Aber wenn es jemanden gibt, den man als ‚gute Familie‘ bezeichnen kann, vergesst nicht dieser Person ab und zu ein Danke auszusprechen.

Diese Zeilen dienen nur dazu, die Dankbarkeit in euch zu wecken für die Menschen, die uns lieben weil wir einfach sind.

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