Jugo mit Porsche

27. August 2019

Meine Eltern haben sowas wie die austro-jugo Version des amerikanischen Traums à vom Tellerwäscher zum Millionär hingelegt. Ihr Erfolg reicht eingesessenen Vorarlbergern aber immer noch nicht, um sie als Gleiche anzusehen. Dass sie einen Porsche fahren geht sowieso gar nicht. 


Es ist 21:02. „Ich bin gerade von der Arbeit nach Hause gekommen und Mama putzt noch ein Büro.“ so mein Vater zu mir am Telefon. Für viele Reinigungsfirmen ist im Sommer Hochsaison. So auch bei meinen Eltern. Ein Großteil ihrer Mitarbeiter*innen ist im Juli oder August auf Urlaub, weil sie „runter“ fahren. Das bedeutet für meine Eltern, dass sie neben der Büroarbeit, auch selber putzen gehen müssen, weil es an Mitarbeitern fehlt. 

Meine Eltern sind keine Millionäre, haben nicht studiert und kommen aus bescheidenen Arbeiterfamilien. Die Realität vieler Familien aus Ex-Ju.  Aber mit harter Arbeit haben sie es geschafft, die Firma in der sie beide zuerst Angestellte waren, zu kaufen und zu vergrößern. Die Arbeit läuft gut und sie arbeiten nach wie vor hart. So gut, dass sie sich gewisse Luxusgüter leisten, wie zum Beispiel: einen Porsche. Der Klassiker: Ausländer und ihre Liebe zu teuren Autos. Als ich diesen Juli im kleinen Heimatdorf meines Vaters in Bosnien war, fiel mir auf, dass die Dichte an Luxuswägen – alle mit ausländischem Kennzeichen natürlich – vermutlich so hoch war, wie in 1010 Wien. Jeder kann sein Geld ausgeben wie er will. Könnte man meinen. Oft erzählen meine Eltern aber von rassistischen Kommentaren seitens potenzieller Neukunden oder auch Bekannten. Das Auto ist meistens Gegenstand davon. Was hat ein Auto mit der Nationalität zu tun?

„Sie mich eh verstehen, oder?“

„Was ist das für eine Putzfrau, die einen Porsche fährt?“, entgegnet ein Arbeiter meiner Mutter. Sie steigt gerade aus dem Auto aus und hat ein T-Shirt mit dem Firmenlogo an. „Sie mich eh verstehen, oder?“ fragt ein potenzieller Kunde am Telefon. Dass meine Mutter in Vorarlberg geboren und aufgewachsen ist, weiß er nicht. Aber ihr Nachname, der mit „-ić“ endet reicht schon, um alle gängigen Klischees gegenüber Leuten aus Ex-Ju zu erfüllen. „Putzfirma“ und der ausländisch klingende Nachname sind automatisch ein niedriger sozialer Status. Wenn meine Eltern österreichischen Bekannten erzählen, dass beide ihrer Kinder in Wien studieren, hören sie ein Staunen. Ein Staunen ist per se nichts Negatives. In diesem Kontext aber als „Obwohl“-Satz zu verstehen. Soll heißen: Unser Migrationshintergrund ist ein Handicap und trotzdem haben wir es „geschafft“. Das zeigt, dass wir für viele Österreicher*innen immer noch nicht zur Mehrheitsgesellschaft gehören. Egal wie breit der Vorarlberger Dialekt ist. 

Ich möchte nicht glauben, dass Österreicher*innen so engstirnig sind. Das Bild von putzenden Migrant*innen ist die österreichische Gesellschaft gewöhnt. Aber in einem schicken Büro mit teurerem Sportwagen? Wohl eher nicht. Diese Ansicht ist fast so tief in der Gesellschaft verankert, wie die Liebe von Österreichern zu gratis Boulevardmedien. 

Viele aus der B/K/S oder türkischen Community kennen diesen Konflikt in Österreich. Wir müssen uns immer ein bisschen mehr beweisen und rechtfertigen. Schluss damit und gebt Gas. 

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