Kurz im Land der „toten Dichter“

26. November 2015

„Der Fehler des Westen war es, die Saudis auf den Thron Saudi-Arabiens zu setzen und ihnen die Kontrolle über den Erdöl-Reichtum der Welt zu überlassen, mit dem sie die Propaganda des wahhabitischen Islams finanzieren“, sagte einst der Essayist Salman Rushdie.


sebastian kurz, screenshot
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Außenminister Sebastian Kurz besucht gerade Saudi-Arabien. Er will mit dem saudischen König Salman Bin Abdulaziz  und seinem saudischen Amtskollegen Adel Al-Jubeir vor allem über den Syrienkonflikt und den Kampf gegen die Jihadisten des Islamischen Staats beraten. Aber auch Menschenrechtsfragen sollen, laut Außenministerium, angesprochen werden.

Saudi-Arabien macht dieses Jahr besonders viele Schlagzeilen. Aus keinem anderen Land wanderten so viele Kämpfer in den Islamischen Staat aus. Kaum ein anderes Land der Welt richtet mehr Menschen hin als das saudische Königreich. Die Todesstrafe steht nach wahhabitisch geprägter Sharia-Rechtssprechung auf „Verbrechen“ wie Ehebruch, Hexerei, Drogenmissbrauch und Apostasie. Während Minister Kurz mit König Salman über Fragen des Menschrechts diskutieren will, fordert die archaische Justiz der Golfmonarchie ein weiteres Opfer. Der Dichter Ashraf Fayadh wurde diese Woche wegen „Abfall vom Glauben“ zum Tode verurteilt. Der gebürtige Palästinenser ist international anerkannt und ein bedeutender Intellektueller der bescheidenen saudi-arabischen Künstlerszene. Dieses Jahr wurden bis Anfang November bereits 151 Todesurteile vollstreckt, so viele wie seit zwanzig Jahren nicht mehr, nach Zählungen von Amnesty International. Fayadh wird höchstwahrscheinlich ebenfalls hingerichtet werden. Er muss sterben, weil ihm vorgeworfen wird, blasphemische Aussagen getätigt zu haben und atheistische Ansichten verbreitet zu haben. Er wurde dessen von zwei Mitgliedern der allmächtigen Religionspolizei im Land bezichtigt. Nach der Prüfung durch das oberste Gericht droht dem Dichter die Enthauptung.

Dieses tragische Schicksal reiht sich in die lange Liste der Verfolgung von politischen Aktivisten und kritischen Denkern ein. Der politische Aktivist Fadhil al-Manasif wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt. Anschließend an seine Gefängnisstrafe wird eine Ausreisesperre von 15 Jahren über ihn verhängt. Sein Urteil lautete auf „Vertrauensbruch gegenüber dem König“ und „Informationsverbreitung“ der Proteste 2011 in einer östlichen, saudischen Provinz. Ihm wird zudem vorgehalten, seine Telefonnummer an ausländische Medien weitergegeben zu haben, zur Kontaktaufnahme.

Das berühmteste Urteil gegen einen Aktivisten und Blogger ist sicherlich jenes gegen Raif Badawi. Zehn Jahre Haft und tausend Peitschenhiebe muss dieser erleiden, weil er 2012 für eine Gleichberechtigung des Christentums, sowie des Judentums und dem Atheismus neben dem Islam eintrat.

Von einem europäischen Außenminister dürfte man daher erwarten, dass er nicht nur über die menschenrechtlichen Fragen spricht, sondern die systematische Verletzung derselbigen mutig anprangert. 

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Kommentare

 

dass es sich bei den urteilen um menschenrechtverletzungen handelt?

Die kairoer menschenrechtserklärung von 1990 wurde von 45 außenministern der 57 staaten der OIC unterschrieben. Sie besagt das die einzige quelle von menschenrechten die sharia ist.

Hier liegen also gar keine verletzungen von menschenrechten vor sondern bloß die anwendung der menschenrechte, wie sie die religiöse gesetzgebung der religion von 1,5 milliarden menschen auf diesem planeten definiert.

Was ist die grundlage ihrer meinung, hier läge eine verletzung der menschenrechte vor? Haben die muslime nicht das recht, die menschenrechte so zu definieren, wie es ihrer religion richtig und billig erscheint?

BB

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