Leben wir in einer Informationsblase?

14. Dezember 2016

Immer mehr Menschen verwenden den Begriff “Informationsblase”. Doch wissen wir wirklich was der Begriff bedeutet? Oder verwenden wir ihn nur, weil er gerade so oft in den Medien, vor allem im Internet, vorkommt?

 

Was ist diese Informationsblase?

 

Der Begriff wurde von Eli Pariser, dem Internetaktivisten und Gründer von Upworthy, in seinem Buch “The Filter Bubble: What the Internet is Hiding from You” verwendet. In Kürze: Webseiten versuchen algorithmisch vorauszusagen, welche Informationen der Benutzer auffinden möchte. Dies hat zur Folge, dass die Internet-User gegenüber Informationen isoliert werden, die ihrem Standpunkt nicht entsprechen. 

 

“Jede Zeitung ist, wenn sie den Leser erreicht, das Ergebnis einer ganzen Serie von Selektionen”

Im Journalismus werden Nachrichten nach so genannten Nachrichtenfaktoren gewählt, welche über den Wert einer Nachricht entscheiden. Je nach Theorie gibt es 6-10 solche Faktoren. Je mehr Bedingungen eine Nachricht erfüllt, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie es in die Medien schafft. 

Diese Nachrichtenfaktoren helfen den Journalisten zu entscheiden, welche Nachricht in den Medien erscheint, ob sie berichtenswert ist, in welchem Umfang und welcher Aufmachung. 

 

Journalisten sind wie Türsteher

Es ist jedem schon mal passiert, dass er in einen Club nicht reingelassen wurde, weil er in diesen Club einfach nicht reingepasst hat. Zumindest war das die Meinung des Türstehers. Entweder waren die Schuhe zu lässig, man hatte kein Hemd an oder vielleicht war man ein wenig zu betrunken für den Geschmack des Bouncers. Jedenfalls wurde man in den großen, coolen Club nicht reingelassen.

Journalisten sind eben solche Türsteher, welche entscheiden, ob eine Nachricht “cool” genug ist, um den Eintritt in den Club Namens Massenmedien zu schaffen. 

 

Jetzt stell dir einen anderen Club vor. Er ist kleiner, eher alternativ. Es werden dort Events nur für ein gewisses, eher enges Publikum veranstaltet. Eine Hip-Hop Party oder ein Rockkonzert mit unbekannten Sängern und Gruppen. Du willst rein, obwohl dich weder Hip-Hop noch Rock bisher interessiert haben. Alle kennen sich untereinander und du bist ein Fremder für sie. Der Türsteher weisst das und lässt dich aus diesem Grund nicht rein. 

Webseiten machen genau das gleiche - aufgrund deines Web-Verhaltens wissen sie, welche Informationen du lesen möchtest und an welchen du gar keine Interesse haben wirst. Rein theoretisch natürlich. Das ganze basiert auf Algorithmen, die sich die Wege eines Internet-Nutzers im Netz merken. Solche Informationen wie Seiten, die man besucht, welche Posts man teilt und welchen man einen Like gibt. Es werden den Benutzern also nur Informationen angezeigt, die mit ihren bisherigen Ansichten übereinstimmen. Das hat zur Folge, dass man von gewissen Nachrichten und Informationen isoliert wird, die den Ansichten solcher Benutzer widersprechen. Ein Beispiel dazu findet man auf Facebook - der News Stream dort ist personalisiert und zeigt uns nur das, woran wir bisher die größte Interesse gezeigt haben. Auch Google gibt einem sehr spezifische, personalisierte Ergebnisse je nach dem, wonach man gesucht hat. Das wäre an und für sich gut. Die Sache ist aber, dass die Ergebnisse nicht ganz von unserer Anfrage sondern mehr von unserer bisherigen Verhaltensweise im Internet. Ein Banker würde demnach meistens andere Ergebnisse als ein Student bekommen.

Dies ist der isolierende Blaseneffekt, von dem so oft gesprochen wird. Es bezieht sich hauptsächlich auf das Social Web, welches immer mehr Richtung Personalisierung neigt. 

 

 

Ist Informationsblase neu?

 

Es gab also immer schon jemanden, der für uns entschieden hat, was wir in den Medien zu sehen und zu hören bekommen. Kurz gefasst: wir haben uns nie selber ausgesucht, welche Nachrichten wir rezipieren sollen. Unsere Selektion war bestenfalls immer schon eine sekundäre. 

Ist also die Informationsblase spezifisch für das Internet? Worin unterscheiden sich Webseiten von den Journalisten, die entscheiden welche Nachrichten berichtenswert sind und welche wir zu sehen und zu hören bekommen? 

 

Ich kann nachvollziehen, warum Nachrichtenfaktoren und Internet-Algorithmen existieren. Ich bin auch der Meinung, dass man, wenn man es will, immer den Weg finden kann, um über Geschehnisse zu erfahren, von denen außerhalb der Mainstream Medien berichtet wird. Die Frage ist hier eben, wie man das machen kann, wenn man sich in einer Informationsblase befindet. 

 

Algorithmen oder Journalisten, im Endeffekt ist es wurscht, wer oder was die Informationen und Nachrichten selektiert. Die Informationsblase ist nichts neues. Die Selektion von Information hat immer schon stattgefunden, nur auf eine andere Art und Weise. Diese hat sich verändert, weil die Medienlandschaft sich ebenfalls verändert hat.

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