"Ohne meinen Job wäre ich nie so alt geworden"

19. März 2015

Krzysztof Zanussi
Foto: Robert Pałka

Krzysztof Zanussi ist einer der bekanntesten polnischen Filmregisseure. Trotz seiner 75 Jahre auf dem Buckel denkt der in Warschau geborene Filmemacher nicht daran, mit der Arbeit aufzuhören. Was der Regisseur von den Oscars und der Filmszene in seinem Heimatland hält, und wieso er seine Jobwahl nie bereut hat, erfahrt ihr hier.

biber: Herr Zanussi, was würden Sie jetzt machen, wenn Sie nicht Filmregisseur geworden wären?

Zanussi: Dann wäre ich gar nicht so alt geworden, wie ich jetzt bin. Ich mache meinen Job aus Überzeugung, und so lange man etwas mit Enthusiasmus macht, und sich nicht die Frage stellt, wozu man etwas macht, geht es weiter. Mein künstlerisches Wirken entspricht meinen Wertvorstellungen, deshalb habe ich immer noch so viel Kraft. Ja, ich glaube, ich wäre nie so alt geworden.

biber: Als Sie begonnen haben, als Regisseur tätig zu sein, waren andere Zeiten, vor allem in Polen. Was war damals Ihrer Meinung nach anders, besser oder schlechter als heute, für junge Leute die diesen Job machen möchten?

Damals herrschte in Polen eine hieratische Gesellschaftsordnung. Durch die kommunistische Zensur hab es fixe Grenzen, was man durfte, und was nicht, das war alles festgelegt. Aber um ehrlich zu sein, glaube ich, dass es damals genau deshalb leichter war. Die Welt schien so geordnet. Heute ändert sich alles so schnell, die Jugendlichen wissen nicht was richtig und was falsch ist, weil sie so viel Freiraum haben. Viele junge Leute sind entwurzelt, es fehlt ihnen der einfache Bezug zur Heimatkultur und daran gehen auch viele Lebensweisheiten verloren, die eigentlich wichtig sind.

biber: Wie macht sich Ihrer Meinung nach die polnische Filmszene gerade?

Eigentlich darf ich das ja nicht beurteilen, weil ich ein Teil von ihr bin. Das ist so, als würde sich ein Arzt selbst eine Diagnose stellen. Aber ich denke, dass sie sich recht gut macht, was man momentan wohl am deutlichsten daran sieht, dass der Film „Ida“ von Paweł Pawlikowski dieses Jahr den Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ erhalten hat. Aber auch sonst gehen die Menschen viel ins Kino, die Polen mögen vor allem das eigene, heimische Kino gern. Ich denke also, dass sich die polnische Filmszene ganz gut macht.

biber: Genau, Oscarverleihung. Was halten Sie von dem Erfolg von „Ida“?

Natürlich freue ich mich sehr darüber, aber man muss auch erwähnen, dass der Film lange Zeit abgelehnt wurde, in Berlin, Venedig, in Cannes. Erst in Toronto wurde ihm erstmals wirklich Beachtung geschenkt. Daran sieht man, was das Publikum für eine schwankende Meinung hat, die Menschen wissen nicht, was sie wollen.

biber: Haben Sie noch Pläne, die Sie als Regisseur verwirklichen möchten?

Ja klar, wie immer. Ich habe noch ein paar Drehbücher, die ich gerne verfilmen würde, aber leider fehlt mir die Finanzierung dazu. Aber ich glaube, dass ich das noch schaffen kann.

 

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