Premiere: Die auf dem Zaun reitet

24. Juni 2019

dieaufdemzaunreitet3.jpg

WerkX
(C) Daniel Wolf

Am Donnerstag feiert „Die auf dem Zaun reitet“ Premiere im WerkX - Petersplatz. Biber traf sich mit Denise Teipel und Cristina Maria Ablinger vom SpielBar Ensemble, sowie mit Ursula Leitner, die das Stück inszeniert. Über Hexenverfolgung und untypisches Ausländersein.

Interview von Nada El-Azar

 

Zum Inhalt des Stücks:

„Die auf dem Zaun reitet" ist eine Stückentwicklung des SpielBAR Ensembles, die sich mit der Bedeutung der Hexe und ihrer Symbolik im Hier und Jetzt auseinandersetzt. Originalzitate aus Hasspostings treffen auf Zitate großer Feministinnen und Auszüge aus der aktuellen Medienberichterstattung. Stoff bzw. Opium für das Volk gibt es täglich neu.

 

Biber: Warum genau behandelt ihr das Thema Hexenverfolgung in dem Stück?

Denise+Cristina: Die Dynamik zwischen Verfolger und Verfolgten, Ankläger und Angeklagtem wollten wir vom SpielBar Ensemble in die heutige Zeit holen. Die Motive sind historisch, wie heute omnipräsent. Angst, Unverständnis, Unwissenheit, Sündenbock-Sein, sind heute genauso da wie damals. Die Hexen sind aber andere.

Cristina: Die Feindbilder von Männern und Frauen sollen untersucht werden, sowie die Machtverhältnisse zwischen Frauen untereinander auch. Konkurrenzkampf, Alter, Mutterschaft sind Themen, die dafür wichtig sind.

Erzählt von den Rollen, die ihr im Stück einnehmt!

Denise: Ich spiele Maria, eine lesbische Schauspielerin, die an einer großen Bühne in Wien schon seit einiger Zeit arbeitet – welche genau das ist, wird nicht näher erläutert – und noch nie eine Hauptrolle bekommen hat. Das wurmt sie sehr. Zudem hegt sie auch einen großen Kinderwunsch.

Cristina: Ich bin Eva, das Küken am Theater, die sehr darunter leidet, dass sie wegen ihres Alters nicht ernst genommen wird. Die Dienstälteren buttern sie gerne runter. Außerdem hat sie offensichtlich ein Verhältnis mit dem Intendanten. Und auch für sie spielen Kinder eine Rolle, aber eine andere als für Maria. Neben uns gibt es noch die Dienstälteste Lilith und die Kantinendame, die sich am Ende als etwas anderes herausstellt…

Gibt es gar keine Männer auf der Bühne?

Denise+Cristina: Doch! Aber mehr wollen wir dazu nicht verraten. Unterrepräsentiert werden sie nicht sein.

Welche Hürden gab es bei der Inszenierung zu überwinden?

Ursula: Tatsächlich war es am schwierigsten den Bogen von den Hexenverfolgungen ins Heute zu spannen. Das wird uns mit der letzten Szene sehr gut gelingen, denke ich. Wir haben intensiv recherchiert über das Thema. Textlich haben wir sehr viele Zitate dabei, von Feministinnen unterschiedlicher Standpunkte, und von Männern die sich selbst in der Krise sehen, und auch von Politikern, und so weiter. Die Texte sind teilweise so absurd, dass keiner glauben wird, dass es sie wirklich gibt. Wir haben uns das aber nicht ausgedacht.

Denise: Das macht die Arbeit auch besonders, dass darin Dinge sind, die tagesaktuell passiert sind. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Kritik, und nicht nur zwischen Frauen und Männern.

Welche Dinge sind euch als Frauen mit Migrationshintergrund wichtig, die nur ihr selbst artikulieren könnt?

Denise: Ich bin halb-Türkin, halb-Deutsche. Cristina ist Kolumbianerin. Wir haben uns aus uns heraus positioniert, bei dieser Produktion haben alle Darstellerinnen Migrationshintergrund. Saman Giraud ist Iranerin, und Agnieszka Salamon ist aus Polen.

Cristina: Ich bin in Salzburg aufgewachsen, und als ich klein war, gab es sehr wenig Ausländer dort. Ich will mich nicht als irgendetwas identifizieren müssen, sondern einfach sein.

Denise: Ich denke, Cristina und ich sind nicht typische Migranten, sondern ein bisschen widersprüchlich. Ich als halb-Türkin beispielsweise, bin total als Österreicherin erzogen worden. Ich bin anders als jene, die in einer richtigen türkischen Kultur aufgewachsen sind. Ich gehöre irgendwie überall und nirgends dazu. Mir wurde auch schon gesagt, dass ich zu wenig türkisch für eine Rolle aussehe, aber dann auch nicht österreichisch genug.

WerkX
(C) Daniel Wolf

Wann immer das Thema Diversität auftaucht, geht es sehr stark um Ausgrenzung einerseits, und Inklusion von Menschen mit Migrationshintergrund auf der anderen Seite. Wie steht ihr dazu?

Cristina: Wenn man sich ständig über Dinge beschwert, macht man es sich doch nur selber schwer. Es ist nun mal so, wie es ist, und wir sehen so aus, wie wir aussehen

Denise: Wir haben diesen einen Satz im Stück, den Agnieszka spricht. ‚Schafft Möglichkeiten!‘, lautet er. Alles andere ist keine konstruktive Lebenshaltung. Uns gibt es jetzt seit vier Jahren, wir sind auf einem guten Weg. Wenn man sich immer als Außenseiter hinstellt, wird keine Inklusion passieren.

Wie sieht es in der Theaterwelt generell aus? Seid ihr da so etwas wie die Punks?

Denise: Die Staatstheater sind auf jeden Fall noch sehr weiß. Da sucht man nach anderen Hauttönen wirklich mit der Lupe. Ich habe vor zwei Jahren im Stück „The Who and the What“ von Ayad Akhtar in der Drachengasse gespielt, wo es um eine pakistanische Familie ging. Wir alle in der Drachengasse sahen passenderweise dunkler aus. Im Burgtheater führten sie das Stück nun auch auf, mit weißen Schauspielern. Wenn solche Schauspieler auf der Bühne über ihre dunkle Hautfarbe sprechen, geht sich das nicht aus.

Cristina: Es ist ja auch nicht so, dass es keine guten Schauspieler mit Migrationshintergrund gibt! Ganz ehrlich, niemand von uns würde das ausschlagen, aber vor Kurzem wurde ich in einem Film als Araberin angefragt. Bin ich nicht! Wenn ich die Rolle bekomme, müsste auch ich mich voll einlesen, weil das nicht mein Background ist. Wäre ich komplett unabhängig, würde ich gerne einer arabischstämmigen Schauspielerin die Rolle überlassen. Aber ich bin leider nicht in der Position, in der ich mir das leisten kann.

Denise: Und das Ensemble am Burgtheater kann auch nichts dafür. Die sind ja auch froh, dass sie im Stück verwendet werden…

Bei wem liegt dann die Verantwortung, dass mehr Schaupielerinnen und Schauspieler mit Migrationshintergrund auf der Bühne gesehen werden?

Denise: Letztlich bei der Regie und der Intendanz!

 

 

„Die auf dem Zaun reitet“

PREMIERE: 27.06. im WerkX – Petersplatz

Mehr Informationen unter:

http://werk-x.at/produktion/die-auf-dem-zaun-reitet

 

Blogkategorie: 

Das könnte dich auch interessieren

Foto: Zoe Opratko
Zum Abschied gibt es kein Trompeten­...
Foto: Marko Mestrović
Ob Hijabi-Style, koschere Perücken oder...
Foto: Marko Mestrović
Nicht über die Communitys zu sprechen,...

Anmelden & Mitreden

11 + 3 =
Bitte löse die Rechnung