Schweden suchen sich die Hautfarbe des Arztes aus

02. August 2021

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Foto von Laura James von Pexels
Foto von Laura James von Pexels

Geht ein Schwede ins Krankenhaus. Dieser verlangt dort nicht nach einem Dermatologen oder Neurologen, sondern nach einem „ethnisch schwedischen“ Arzt. Was dem Beginn eines unterhaltsamen Flachwitzes ähnelt, entspricht 2021 in Schweden der bitteren Realität.

Die zu behandelnden Personen können nach „hellhäutigem“ Fachpersonal verlangen und bekommen dieses auch. Ärzten, welche aufgrund ihrer Hautfarbe oder Haare als „ausländisch“ gelesen werden, wird misstraut, so schreibt der multiregionale Nachrichtendienst „The Local“.

Letzte Woche berichtete dieser, wie struktureller Rassismus im schwedischen Gesundheitssystem gelebt und erlebt wird. Der Sender kontaktierte im Laufe der Recherchen mehr als 100 Kliniken. Die Journalisten gaben sich als Patienten aus und bekamen Antworten, wie „es arbeiten 3 hellhäutige Damen in der Praxis“ oder „Arzt X ist schwedisch und Arzt Y ist hier groß geworden, aber adoptiert. Wenn Sie möchten kann ich einen Termin für Arzt X vereinbaren“.  Es geht soweit, dass Patienten und Patientinnen beraten werden, wie sie „ausländisches“ Personal vermeiden können.

Diese Szenen erinnern an die für „Whites Only“ markierten Wasserspender im 19. Jahrhundert in den USA. Auch die Xenophobie gegenüber der jüdischen Bevölkerung in Europa kommt hier in den Sinn. Aber es erinnert auch an Jobinterviews zu denen man telefonisch eingeladen wird, aber dann persönlich eine Absage bekommt, weil „man nicht die Person sein kann, mit der am Telefon akzentfrei gesprochen wurde“, wie es einer Bekannten von mir passiert ist.

Ja, ich finde es auch unbegreiflich. Dieser Bericht kommt gerade aus einem skandinavischen Land. Dabei werden diese oft als Vorbild für andere europäische Staaten herangezogen. Sozial, politisch und wirtschaftlich gilt: Der Norden macht es besser. Heuer wird Schweden vom CEOWORLD Magazin auf Platz 3 der „besten Länder für Frauen“ gewählt.  

Erschreckend ist hierbei, dass dies in einem EU-Mitgliedstaat passiert, in dem Menschenrechte und der Gleichheitssatz hoch gehalten werden sollten. Ob es für mich, eine in Österreich geborene Frau mit afrikanischen Wurzeln und somit dunkler Haut, auch zu den besten Ländern der Welt zählt, ist eine andere Frage.

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