Sprechen Sie Sarkasmus?

07. März 2016

„Versteht das nicht falsch, die Birgit kann manchmal sehr irritierend sein!“, sagt mein Freund während er mit den Händen besänftigende Gesten in die Luft malt. Vor uns sitzen drei verunsicherte Augenpaare. Sie starren mich an, als wäre ich ein Marsmensch. Schon jetzt ist klar: Sie verstehen mich einfach nicht.

Nicht verstanden zu werden ist für jemanden wie mich an sich keine Neuheit. Sechs Fremdsprachen habe ich im Laufe meines Lebens gelernt und ich selber unterrichte Sprachen. Kommunikations- und Verständigungsprobleme stehen in meinem Leben an der Tagesordnung. Soweit alles kein Problem, wenn ich nicht von Natur aus auch Sarkasmus sprechen würde.

Was fütterst du deinem Sarkasmus?

Seit meiner Jugend begleitet er mich wie eine Zweitsprache, nur dass ich ihn nicht so gut kontrollieren kann, wie die anderen Sprachen. So gesehen ist mein Sarkasmus wie ein störrisches Haustier. Regelmäßig will er gefüttert werden und nach einem ganzen Tag voller politischer Korrektheit braucht er dringend Auslauf. Er kann sich nur schlecht unterordnen, folgt mir nicht immer und bringt mich deshalb oft in peinliche Situationen. Meine Freunde kennen und lieben ihn, streicheln ihn gerne ein bisschen und wenden sich augenrollend von mir ab, als würden sie mich nicht kennen, wenn er sich mal wieder danebenbenimmt.

Sarkasmus - die Krise der modernen Frau in der Gesellschaft

Jetzt würde man ja spontan annehmen, dass Humor Menschen verbindet. Das stimmt natürlich auch, trifft aber nur auf jene Menschen zu, die Humor auch verstehen und mit ihm umzugehen wissen. Ich persönlich kenne die unterschiedlichsten Reaktionen auf meine zugegebenermaßen auch manchmal komplexen und derben Witze. Aus Erfahrung lassen sich folgende Sarkasmus-Reaktionsgruppen festlegen:

1. Die erste Gruppe von Menschen versteht Sarkasmus und kann blitzschnell kontern. Ich liebe jede/n einzelne/n von euch und feiere euch jeden Tag!

2. Die zweite Gruppe versteht zwar den Sarkasmus, reagiert aber erstmal erstaunt auf die Tatsache, dass solche Meldungen von einer Frau kommen. Haben nicht eigentlich Männer ein Humormonopol und Frauen in erster Linie die Aufgabe, über deren Schenkelklopfer-Witze zu lachen und sich dabei naiv-lasziv durch die Haare zu fahren? So weit ist es schon gekommen in unserem Land, wohin soll der ganze Gender-Wahnsinn noch führen?

3. Die dritte Gruppe versteht den Sarkasmus nicht und macht sich deshalb Sorgen um meinen Geisteszustand. Während sie das Handy mit der Nummer der Polizei schon unter dem Tisch bereithalten und innerlich überlegen, ob dieser Kommentar dem Amtsarzt für eine Einweisung ausreichen würde, fragen sie lieber doch noch einmal unsicher nach, wie ich das gemeint habe. Nach mühsamer Aufklärung meinerseits geht die Unterhaltung normal weiter, das Handy bleibt in Griffweite.

4. Menschen aus der vierten Gruppe – meine persönlichen Anti-Favoriten – verstehen den Humor nicht und verstehen auch nicht, dass sie gerade Humor nicht verstanden haben. Stattdessen beginnen sie, mir die Welt zu erklären, wie sie EIGENTLICH ist und leiten ihre Ausführungen gerne auch mit dem Satz „Du hast da was nicht richtig verstanden!“ ein. Was ich auf diesem Wege schon alles über die Welt lernen durfte – geradezu unpackbar. Mittlerweile habe ich mir angewöhnt, auf solche Belehrungen nicht aggressiv zu reagieren, sondern sie geduldig über mich ergehen zu lassen, nur um dann mit Sorgenfalten auf der Stirn und leicht zur Seite geneigtem Kopf zu sagen: „Ich fürchte, ich hab’s immer noch nicht so richtig verstanden. Kannst du es mir nochmal erklären?“. Und ihr werdet es kaum glauben, die erklären mir die Welt dann nochmal von vorne. Nuuuuuur viiiiieeeeeeel laaaaangsaaaaaameeer, alles klar?

5. Bei der fünften Gruppe kann ich nicht so genau sagen, ob sie Sarkasmus verstehen oder nicht. Sie werden jedenfalls nicht müde, mich auf political correctness aufmerksam zu machen. Ist ja schließlich auch eine ernste Sache. Und diese Leute, das müsst ihr wissen, sind ja keine Rassisten, aber….

Der Ausweg aus der Krise

Ganz ehrlich, der einzige Ausweg aus solchen Situationen ist für mich noch mehr Sarkasmus. Sarkasmus rettet Leben. Ich bin ja überzeugt davon, dass die Welt ein sehr viel besserer Ort wäre, wenn einfach viel mehr Menschen Sarkasmus sprechen würden. Im Ernst jetzt.

 

 

 

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