Suche Job: 40h/Woche plus Überstunden, Gehalt 0,-

26. Mai 2017

olu-eletu-32387.jpg

Praktikum
Foto via unsplash

Eigentlich finde ich Praktika großartig: Ohne sich festlegen zu müssen, bekommt man die Chance, sich in verschiedene Bereiche ausprobieren zu können und wenn der Job super ist, vielleicht den ein oder anderen Kontakt zu knüpfen. Ich finde Praktika aber auch furchtbar, denn ich hatte schon einige, bei denen ich für meine Vollzeit-Arbeit keinen Cent gesehen habe. Ja ich weiß, ist auch meine Schuld, natürlich gibt es mittlerweile genug Seiten im Internet, die Praktikumsplätze empfehlen, erklären wo es Geld gibt und wo nicht – kurzum, Seiten, die man sich sicher anschauen sollte.

Und trotzdem: Manchmal hat man keine Wahl. In meinem Freundeskreis ist das Thema sehr präsent, von Horrorgeschichten bis großartigen Karrierestarts ist alles dabei. Anna*, die anonym bleiben möchte, macht derzeit ein Pflichtpraktikum in einer anderen Stadt, als der, in der sie bereits im Master studiert. Nun arbeitet sie Vollzeit für drei Monate und bekommt, richtig geraten, kein Gehalt. Dafür ein paar ECTS-Punkte für ihr Studium. Vielleicht sollte sie mal versuchen, damit im Billa zu zahlen. Zusammengefasst: Andere Stadt, neue Wohnung, Nebenjob gekündigt – für drei Monate unbezahlter Arbeit. Ich gehe davon aus, dass man als Master-Studentin ein wenig was auf dem Kasten hat, zumindest fachlich gesehen, und für eine Firma, einem Unternehmen, wie auch immer, gute Arbeit leisten kann – zumal hohe Qualifikationen in den Ausschreibungen oft Voraussetzung sind. Lena* kann sich kein Praktikum leisten. Sie würde gerne ihren Lebenslauf aufpolieren, aber sie sieht keine Möglichkeit, ihren Kellnerjob zu kündigen, um dann für ein paar Monate unter 500 Euro für eine Vollzeitstelle zu verdienen. „Unterstützung von meinen Eltern bekomme ich keine und eigentlich bin ich auch alt genug, mir mein Leben selbst zu finanzieren“ – ganz schön schwierig, bei den Löhnen.  

Bezahlung: Taschengeld

In den Geisteswissenschaften stehen die Chancen meiner Erfahrung nach ziemlich schlecht, ohne zumindest ein Praktikum gemacht zu haben, in der Berufswelt Fuß zu fassen. Und natürlich gibt es auch einige wenige, die aufgrund von Familienbeihilfe oder Stipendien kaum Geld zum Studium dazuverdienen dürfen, für solche sind unbezahlte Praktika sicher ganz nützlich – aber der Verdacht keimt, dass Firmen eher ausnutzen als helfen wollen. Während meiner Suche nach Praktika, bin ich auf unheimlich viele gestoßen, die nur als Pflichtpraktikum (keine Bezahlung) ausgeschrieben waren oder „ein Taschengeld“ vergüten. Meine Taschengeld-Zeiten haben vor knapp 10 Jahren aufgehört. Österreich gibt es noch keine klaren gesetzlichen Regelungen, was die Bezahlung von Praktika angeht – deshalb ist oft die Rede von „versteckten Arbeitsverhältnissen.“

Ich hatte auch schon ein Praktikum, in dem ich quasi einen Monat lang Akten geordnet und kopiert habe (Klischee Olé) – und eine Menge Zeit ziemlich nutzlos abgesessen bin. Ich gehe aber davon aus, dass die Meisten doch eigentlich Praktika machen, um etwas zu lernen und die theoretischen Kenntnisse, die man in der Uni gelernt hat, erstmalig anzuwenden.

Natürlich habe ich keine Lust, in der berühmten Praktikumsschleife zu landen, und die nächsten zwölf Jahre ein Praktikum nach dem anderen zu absolvieren – aber ich finde es eine gute Möglichkeit, erste Schritte in der Berufswelt zu machen. Ich möchte dafür allerdings auch fair bezahlt werden, zumindest so viel, dass ich mein Leben finanzieren kann. Und vielleicht wäre eine generelle Regelung, wie viel Gehalt künftige Praktikanten mindestens bekommen sollten, eine gute Idee. Denn mit Erfahrung kann ich meine Miete auch nicht zahlen.

*Namen geändert

Blogkategorie: 

Das könnte dich auch interessieren

Foto: Zoe Opratko
Zum Abschied gibt es kein Trompeten­...
Foto: Marko Mestrović
Ob Hijabi-Style, koschere Perücken oder...
Foto: Marko Mestrović
Nicht über die Communitys zu sprechen,...

Anmelden & Mitreden

2 + 6 =
Bitte löse die Rechnung