Warum ich nicht umsonst arbeiten will

02. Februar 2016

Es gibt einige Berufe, in denen von den Menschen, die sie ausüben, oft verlangt wird, dass sie Dinge ohne Bezahlung oder um kaum Geld machen. Grafikdesigner, Fotograf, Blogger, Schriftsteller, Journalist, Model, Personal Trainer sind nur einige, die von diesem seltsamen Phänomen betroffen sind.

Vor allem wenn man jung ist oder am Anfang seiner Karriere steht, wird man oft gefragt, ob man Dinge umsonst machen würde. Ich kenne Fotografen, die Werbe-Kampagnen für große Firmen schießen und kein Geld dafür bekommen. Ich kenne Jungjournalisten und Blogger, denen versprochen wird, dass ihre Arbeit publiziert wird und sie dadurch zukünftig mehr Arbeit bekommen werden. Ich kenne Startups, die gefragt werden, ob sie ihre Produkte für diverse Gelegenheiten sponsern, weil sie ja auf diese Weise die nötige Werbung bekommen werden. Ich kenne Models, die ständig umsonst arbeiten und sich immer noch erhoffen, berühmt zu werden und den richtig großen Vogel abzuschießen. Ich kenne Studenten, die sechsmonatige Praktika absolviert haben und das einzige, was sie gelernt haben, war, Kaffee zu kochen und Briefe zu verschicken. Ich kenne viele Menschen, die immer wieder in diese Falle gelockt werden.

Es wird fast immer mit den gleichen Argumenten gearbeitet. Statt Bezahlung werden Erfahrung, Kontakte, Berühmtheit, Jobmöglichkeiten und bessere Chancen versprochen.

Ich bin selbstständig und übe einige Berufe aus: Personal Trainer, Journalist, Model und Karatetrainer. Mindestens drei dieser Berufe sind von dem „Ich-bezahle-dich-nicht-aber-du-kriegst-was-anderes-dafür"-Phänomen betroffen.

Als Personal Trainer werde ich oft nach Trainingsplänen, Ernährungs- und Trainingstipps gefragt. Nicht selten kommt auch die „Kannst du  mich mal trainieren?“-Frage. Die Preisnennung ist für mein Gegenüber meistens ein Schock. Vor allem, wenn es ‚Freunde‘ sind.

Als Model wurde ich oft gefragt, ob ich nicht an einem tollen Projekt teilnehmen möchte. Meistens wird zuerst erzählt, um was für eine tolle Produktion es sich handelt und wo das überall zu sehen sein wird. Oh, Uh, Ah! Und dann immer – es gibt aber leider kein Budget dafür. Erschreckend ist, dass dies nicht nur von kleinen unbekannten Unternehmen gemacht wird. Dies wird durchaus auch von großen, etablierten Firmen praktiziert, die einfach nur kein Geld ausgeben wollen. Man nimmt oft auch an, dass es für ein Model eine Ehre ist, auf einem Poster zu sein oder in einer Fernsehwerbung zu spielen.  Diese Ehre soll auch ausreichend sein. Ich bezweifle, dass dieses Poster meine Stromrechnung bezahlen wird oder ich mit der Ehre mein Brot kaufen kann.

Als Journalist bin ich auch schon sehr oft gefragt worden: „Kannst du für uns darüber schreiben? Cirka vier Seiten bitte. Es gibt kein Geld. Wir sind uns sicher, dass dir das in deiner Karriere weiterhelfen wird.“

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Schon als Student habe ich mich geweigert, unbezahlte Praktika zu machen. Ich finde es einfach nicht in Ordnung. Zeit ist Geld. Wenn man was von einem Menschen will, soll man dafür auch bezahlen können. Es gibt natürlich Ausnahmen. Manchmal engagiert man sich, weil man an eine Idee glaubt. Oder weil einem das Projekt gefällt. Es gibt durchaus auch Praktika, durch die man an Erfahrung gewinnt.

Man soll dabei aber nicht vergessen, dass Geld ein ziemlich brauchbares Ding ist.

Stellt euch folgende Situation vor. Ich rufe meinen Vermieter an und sage: Schauen Sie, ich habe ein Projekt - ich werde bei Ihnen ein paar Monate wohnen. Ich bin toll, sauber, verursache keine Probleme. Ich rauche nicht. Ihre Wohnung wird durch mich bekannt werden und Sie kriegen einen tollen Mieter nach mir. Ich habe kein Geld für die Miete. Das soll aber kein wirkliches Problem darstellen, oder?

Oder das nächste Mal beim Bäcker: Ich will bitte ein Brot und zwei Krapfen. Und vielleicht noch eine Schnecke. Die Punschkrapfen schauen auch ganz gut aus, geben Sie mir bitte auch ein paar davon. Ich gebe Ihnen kein Geld, ich werde aber allen sagen, wie gut sie sind. Sie kriegen dann mehr Kunden und Sie verkaufen viel mehr als bisher. Win-Win!

Ja, ich glaube auch nicht, dass das funktionieren würde.

Geld ist in der Arbeitswelt mit Respekt gleichzustellen. Wenn man die Arbeit eines Menschen respektiert, wird man für sie auch bezahlen wollen. Das nächste Mal also, wenn du ein Praktikum machst oder gefragt wirst, einen Job umsonst zu machen – überlege dir zweimal, ob es sich für dich wirklich auszahlen wird. Außer du willst versuchen, mit deinem Vermieter oder mit dem Bäcker zu sprechen, vielleicht werden sie dich verstehen…

 

 

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