Was wäre passiert, hätte sich Ahmet bei der Impfung vorgedrängt?

21. Januar 2021

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Screenshot; ORF TV-Thek: Wolfgang Matt zum Vorwurf der "Bürgermeister-Impfung"
Screenshot; ORF TV-Thek: Wolfgang Matt zum Vorwurf der "Bürgermeister-Impfung"

Zu Beginn der Pandemie konnten wir es kaum erwarten, endlich den Impfstoff zu bekommen, um unsere Restriktionen ablegen zu dürfen. Als er ein halbes Jahr später endlich zur Verfügung gestellt werden kann, ist plötzlich jeder Impfgegner und -skeptiker. Und nun eine neue Wende: Der Impfstoff ist so beliebt, dass sich Bürgermeister*innen vorzeitig impfen lassen, obwohl sie noch gar nicht an der Reihe gewesen wären. 

Die Herren rechtfertigen ihr Vordrängeln alle gleich: „Der Impfstoff wäre sonst weggeschmissen worden“. Die Reaktionen in sozialen Medien gehen weit auseinander. 

„Lasst den armen Mann in Ruhe“, lautet ein Kommentar mit mittlerweile über 800 Likes unter dem 'Zeit im Bild'-Post auf Instagram. Armin Wolf interviewte am 19. Jänner in der ZiB2 Wolfgang Matt, einen der „armen“ Bürgermeister aus Feldkirch, Vorarlberg. Zusätzlich musste der Anchorman auch Kritik für seinen Interview-Stil einpacken. Er hat die Fragen viel zu emotional gestellt und sich wie ein Pitbull verbissen.  

Das Problem hat Struktur 

Weiße, autochthone, österreichische Männer die ihre Posten ausnutzen, um sich Vorteile zu verschaffen. Neu ist das nicht. Man denke an die Spesenabrechnung der Privatgüter von HC Strache oder an die Novomatic-Affäre. Ich weiß, ein drastischer Vergleich, aber das müssen die Herrschaften jetzt aushalten. Ist sowas wert, verteidigt zu werden? 

Wie wäre der Diskurs gelaufen, wenn es einen migrantischen Bürgermeister betroffen hätte? Was wäre passiert, wenn ein Ahmet oder ein Ali seinen Posten ausnutzt? Wenn er sich nicht nur bei der Skipiste, sondern auch bei den Corona-Impfungen vordrängelt? Würde man diese Herren auch so innig verteidigen? 

Ich wage zu behaupten, dass diese Schlagzeile noch viele weitere Wellen geschlagen hätte. Ich möchte an dieser Stelle an folgende Schlagzeile aus dem Kurier erinnern: "Semmering-Chaos: Die meisten Gäste kamen aus Favoriten". Basierend auf Interpretation, hat man es wieder einmal geschafft, den gemeinsam Feind anzuvisieren. Anstatt vom Ansturm auf die Skipisten zu berichten, redet man vom Ansturm der Migrant*innen auf die Skipisten. Ein entscheidender Unterschied. 

Den Migrant*innen kann man schnell die Schuld in die Schuhe schieben. Uğur Şahin und Özlem Türeci, Migranten aus Deutschland, die den Corona Impfstoff entwickelt haben, sind sicherlich auch an etwas schuld. *ironyoff*

 

Das Interview mit Wolfgang Matt zum Vorwurf der "Bürgermeister-Impfung" findet man HIER.

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