Wieso der „Dan Republike Srpske“ nicht gefeiert werden sollte.

10. Januar 2023

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Statement der US-Botschaft in Sarajevo. Foto: Twitter @USEmbassySJJ

Eine rechtswidrige Militärparade, nationalistische Parolen und eine Ansprache von Milorad Dodik. Das alles geschah gestern vor den Toren Sarajevos am „Dan Republike Srpske“. 

„Živela Republika Srpska!“ (dt. Hoch lebe Republika Srpska!), schrien gestern die Befürworter der "Republika Srpska" mitten auf den Straßen eines Vororts östlich von Sarajevo. Die Menschen auf den Straßen hissten serbische Flaggen und sangen nationalistische Lieder. Durch die Menschenmasse zog sich eine Militärparade, bestehend aus scharf bewaffneten Soldaten und Russland – Befürwortern. Vorne an der Spitze stand der Präsident der Republika Srpska Milorad Dodik. Dort ließ er nicht nur sich selbst, sondern auch Vladimir Putin feiern.

Die Republika Srpska (kurz: RS) ist eine Entität in Bosnien und Herzegowina, welche am 9. Jänner 1992 ausgerufen wurde. Der 9. Jänner wird unter den Serben in Bosnien als den Feiertag „Dan Republike Srpske“ (dt. Tag der Republika Srpska) angesehen. Das Feiern des Tages mittels Militärparaden ist allerdings verfassungswidrig, da dies vom bosnischen Verfassungsgerichthof verboten wurde.

Ständige Retraumatisierung

„Republik des Friedens und der Freiheit“, so beschrieb Dodik die Republika Srpska in seiner gestrigen Rede. Die Geschichte Bosniens entspricht diesem Bild jedoch nicht. Der Bosnienkrieg zog sich von 1992 bis 1995 und war von Genoziden, Massakern und sexuellen Gewaltverbrechen geprägt. Im Krieg waren die Berge rund um Sarajevo von serbischen Truppen drei Jahre lang belagert. Die Überlebenden sind traumatisiert und versuchen die Geschehnisse zu verarbeiten. Das Feiern eines solchen Tages, vor allem in einem Vorort im Ostern Sarajevos, reißt die Wunden der ethnisch bosnischen Bevölkerung immer aufs Neue auf. Vor allem, wenn Soldaten mit Waffen durch die Straßen laufen und laut nationalistische Parolen wiedergeben. Es sind Szenen, die an den vergangen Krieg erinnern, wodurch die Bosniak:innen retraumatisiert und provoziert werden. Dies ist nicht zuletzt einer der Gründe, wieso eine solche Militärparade in Bosnien am 9. Jänner rechtswidrig ist.

Abspaltung und Großserbien

Befürworter:innen der Republik Srpska sind für eine Abspaltung der RS von Bosnien. Begründet wird dies häufig damit, dass in der Republika Srpska ohnehin nur ethnische Serben leben würden. Nicht nur, dass diese Aussage falsch ist, eine Abspaltung der Republika Srpska von Bosnien und Herzegowina würde zu einem Bruch des Dayton-Vertrags führen, der 1995 in Paris abgeschlossen wurde. Dies wäre fatal, da es sich um ein Friedensabkommen handelt. Der Dayton-Vertrag, der vom serbischen Präsidenten Milošević, dem kroatischen Präsidenten Tuđman und dem Vorsitzenden des bosnisch-herzegowinischen Präsidiums Alija Izetbegović unterzeichnet wurde, besagt, dass keine Gewalt mehr angedroht oder durchgeführt werden darf. Wenn dieser nun brechen würde, gäbe es keine garantierte Sicherheit mehr für die restliche bosnische Bevölkerung. Beängstigend ist auch, dass einige serbische Nationalisten sogar von einem Großserbien sprechen und die Republika Srpska mit Serbien vereinen möchten. Dass dies bei der bereits vorhandenen Spannung zwischen den Ex-YU-Ländern, zu Konflikten führen kann, ist selbsterklärend.

Orden für Putin

"Seine patriotische Sorge und Liebe zur Republika Srpska", mit diesen Worten begründete Milorad Dodik am Sonntag seine Entscheidung, Vladimir Putin einen Orden zu verleihen. Durch Putins Position und der Stärke der Russischen Föderation würde die Stimme und Position der Republika Srpska endlich gehört und respektiert werden, fuhr er fort. Dass diese Verehrung des russischen Staatsoberhaupts vor allem zu Zeiten des Angriffskriegs auf die Ukraine problematisch ist, wird von Dodik und einem Teil der serbischen Bevölkerung ignoriert. Auf zahlreichen Videos auf Social Media sieht man die Paradeteilnehmer:innen „Russia! Serbia!“ rufen. Die US–Botschaft in Sarajevo verurteilt die Verleihung eines Ordens an Putin stark. Es ist ein Zeichen der Solidarisierung zu Russland in einem stark nationalistischen Kontext und die Ablehnung der Werte des euro-atlantischen Raums.

Es handelt sich nicht um einen normalen Nationalfeiertag. Er wurde auf dem Leid vieler Menschen aufgebaut. Hinsichtlich der Geschehnisse des Krieges ist es mehr als unverantwortlich, diesen zu feiern. Statt, dass dazu beigetragen wird, dass die Menschen auf beiden Seiten ihren Frieden finden, wird ständig provoziert. Die Vergangenheit kann zwar nicht vergessen werden, allerdings sollte es möglich sein sie aufzuarbeiten und nicht auf den Traumata der Zivilbevölkerung zu trampeln. Solange weiterhin solche Propagandapolitik am Balkan betrieben wird, wird das jedoch noch einige Jahre dauern.

 

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