Wovon fürchtet ihr euch?

03. Februar 2017

Amerikanische Flaggen

Amerikanische Flaggen
Michaela Kobsa

Ich war überrascht, als ich in Wien ankam und bemerkte, dass die Bevölkerung sich so fürchtet. Als Amerikanerin bin ich überzeugt, dass Angst nur Gewalt hervorbringt.

Im Jahre 2000, bin ich als Siebenjährige aus Deutschland in die USA gezogen. Weniger als zwei Jahre später erlebten wir den Schock von 9/11. Meine stärkste Erinnerung an den Anschlag und an die Zeit danach ist die Angst der Amerikaner. Seit vier Monaten wohne ich in Österreich, ein Land, dass sich viele Amerikaner so wie ein Paradies vorstellen. Ich dachte mir immer, dass die Bevölkerung in diesem friedlichen Land, mit ihrer kostenlosen Gesundheitsversorgung und Ausbildung, sich wohl fühlen würde. Also war es ein Schock für mich als ich eine völlig andere Situation erlebte.

 

Wiener haben Angst!

Kopftuchverbot, Wiener Terrorist verhaftet, Verkehrseinschränkungen am Silvesterabend, gesperrte U-Bahn Stationen wegen einem herrenlosen Koffer. Ansteigende Islamophobie. Rechtsextremismus. Ängstliche Blicke in der U-Bahn. Überall Sicherheitsvorkehrungen. Wo bin ich denn eigentlich gelandet?

 

Natürlich herrscht keine Panik, aber je öfter ich mit Wienern rede, desto mehr merke ich, dass sie sich unsicher fühlen. Diese Emotion ist nicht nur auf die Schlagzeilen der "Österreich" und "Heute" Ausgaben beschränkt, die Angst ist Real: Angst vor Muslimen, Flüchtlingen, und Migranten, Angst vor einem Anschlag, Angst vor Arbeitslosigkeit.

 

Angst gibt es überall, aber mich wundert erstens das Ausmaß, und zweitens, bringt sie überhaupt was positives?

 

Kurz nach 9/11

Wenn ich mich wieder an Amerika, an die Zeit nach- 9/11 erinnere, dann sage ich, eher “Nein”. Angst hat schon den positiven Effekt, dass sie die Bevölkerung zusammenbringt, aber dadurch schließt sie auch bestimmte Menschen aus. Im Fall von der USA wurden Muslimen ausgeschlossen, und dieses Ausschließen hatte tödliche Folgen.

 

Ich erinnere mich daran wie Bush uns Gruselgeschichten über die "Weapons of Mass Destruction" erzählte. An das alltägliche Grauen der "Alarmstufe Rot". Wie alle Muslimen plötzlich als Terroristen dargestellt wurden. Wie Amerikaner ihre Flaggen aufhingen und "The Muslims" (und auch nicht-weiße Menschen) skeptisch beobachteten. Eigentlich wurden wir alle, im Namen der Sicherheit, von dem Staat beobachtet. Aber diese Verletzung der Privatsphäre war berechtigt, solange diese den nächsten Anschlag verhindern könnte. Schließlich hatten alle Angst vor der ‘muslimischen Bedrohung’.

 

Es gab schon Anschläge, aber die Täter waren nicht immer Jihadisten.  Es gab Schießereien in San Bernadino und Orlando, die von radikalen Muslimen ausgeführt wurden. Und dann gab es auch Schießereien in Aurora, Sandy Hook, und Oak Creek die von nicht-muslimischen, weißen Männern, ausgeführt wurden. Der Anschlag in Oak Creek wurde von einem Rechtsextremisten als Reaktion auf Islamophobie verübt. Vor ein paar Tagen wurde eine Moschee in Texas verbrannt.

 

Die spürbarste Auswirkung der Angst und der nachfolgender Islamophobie entstand außerhalb von Amerika. Wir führten unkontrollierte Kriege in Afghanistan und im Irak in denen mehr als 500.000 Menschen ums Leben kamen. Die Mehrheit der Amerikaner unterstützten diese Kriege weil sie dachten, dass das Töten von Muslimen zukünftigen Terror verhindern würde. Und weil die meisten die getötet wurden Muslimen (die, ihrer Meinung nach, Terroristen und nicht Menschen) waren, hat sich Niemand über das Verhalten des Militärs gekümmert. Nichts erschreckt die Bevölkerung so sehr wie die Möglichkeit von Terror. Und nichts rechtfertigt Rassismus, einen starken Staat, und ein unbeschränktes Militär so sehr wie diese Angst. Sonst generiert Angst überhaupt nichts.

 

Derzeit lebe ich nicht in den USA, ich wohne in Wien, und wieder ist die Angst reingekrochen. Aber warum? Österreich führt zur Zeit keine Kriege und hatte bisher keinen massiven Terroranschlag erlebt. Deshalb wundert es mich, nicht nur dass dieselbe Angst hier existiert-- sondern auch dass dieselben Folgen der Angst: wachsender Nationalismus, Xenophobie und Islamophobie, so präsent sind.

 

Ich bin Ausländerin und sehe die Stadt durch fremde Augen. Was denkt ihr? Habt ihr selber Angst und vor was?  

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Kommentare

 

als eines der reichsten Länder der Welt ist in der Pflicht den Flüchtlingen zu helfen. Österreich kann locker drei bis vier Millionen Flüchtlinge aufnehmen. Es ist jedem Wohlstandsbürger in Österreich zuzumuten den Gürtel enger zu schnallen und vielleicht nur alle 7 anstatt alle 2 Jahre einen neuen Fernseher oder ein neues Auto zu kaufen oder in den Urlaub zu fliegen, wenn dafür Millionen Flüchtlingen geholfen werden kann.

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