Ein Mal Haferlschuhe, Herr Lugner.

07. Juli 2011

Vor einigen Tagen feierte ich meine Sponsion. Zu diesem Anlass pilgerten meine Eltern mit Festtagsgewand im Koffer in die große Stadt. Mein Vater hatte extra seine beste Lederhose, die "Gamsheiderne" eingepackt, um besonders fesch zu sein, wenn ich bei einer lächerlichen Feier auf der Uni Wien vor einem Mann mit Pelzhut und goldenem Zepter ewig auf die Wissenschaften schwöre. 

Unterwegs die Katastrophe: Zwar war die Lederhose samt Stutzen und Trachtenhemd im Kofferraum, nicht aber die dazupassenden Haferlschuhe. "Macht nix, wir kaufen in Wien welche.", beruhigte meine Mutter meinen aufgeregten Papa.

Gelandet sind meine Bad-Ischler-Landeltern dann in der Lugnercity. Türken, Jugos, Kebap, Bum-Bum-Musik und weit und breit keine Trachtenschuhe. Meine Eltern konnten es kaum glauben, wo sie hier gelandet waren. Komisch aufgestylte Mädels, mit knappen Röcken und hochhackigen Schuhen, die auch tagsüber aussehen, als wollten sie gleich in die Disko gehen, erzählte meine Mutter aufgeregt. So hätte sie mich nicht aus dem Haus gehen lassen. Und dann diese Männer, die auch ausschauen wie Frauen und alle so abartig nach Parfum stinken und so viel Gel in den Haaren haben, versteht mein Vater die Welt der modernen Männer nicht mehr.

"Nein, es stimmt halt schon, dass Wien anders ist und dass hier der Balkan anfängt. Und grad die Lugner-City, das ist schon eine wirklich sehr eigene Welt", meinte mein Vater. Als ich ihm dann erklärte, dass ich für ein Magazin arbeite, dessen Zielpublikum genau diese Menschen sind, nickte er, schaute komisch, bestellte sich ein Bier und dann ging die Fragestunde los.

"Was sind das für Leute? Wo kommen die her? Was schreibt ihr da so? Aha, aha, interessant... na eh. Und wie ist das als einzige Österreicherin? Naja, Mädl, ich bin stolz auf dich." Ungefähr drei Bier später war mein Vater aufgeklärt und mit meinem beruflichen Werdegang dann doch einverstanden. Und nach Kroatien will er auch wieder auf Urlaub fahren, sagte er mir, weil "de Jugoslawen des san eh gmiatliche Leit. Gegn die hob i nu nia wos ghobt." Aha. ich auch nicht.

Haferlschuhe hat er keine gefunden, aber eine Hose im Mausi-Markt bei C&A. Die Feier war gerettet und mein Vater summte am nächsten Tag frisch gekampelt und gebügelt mit vor stolz geschwollener Brust ganz andächtig die Bundeshymne.

Kommentare

 

süß, ich beneide dich um diesen lieben papa

 

"die auch tagsüber aussehen, als wollten sie in die disco gehen" das stimmt. ich traue mich gar nicht mehr rein in die luger-city, alle mädels so voll gestylt..

 

;) herzig is er

 

;) herzig is er

Das könnte dich auch interessieren

Foto: Zoe Opratko
Zum Abschied gibt es kein Trompeten­...
Foto: Marko Mestrović
Ob Hijabi-Style, koschere Perücken oder...
Foto: Marko Mestrović
Nicht über die Communitys zu sprechen,...

Anmelden & Mitreden

5 + 3 =
Bitte löse die Rechnung