Meine Freundin, die „Terrorbraut“

10. April 2008

Mona S. wurde wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung zu 22 Monaten Haft verurteilt. Biber-Redakteurin Eser Akbaba hat die Frau mit angeblichen El-Kaida-Kontakten bereits als Dreijährige im Hof kennengelernt – ohne Schleier.  
 

von Eser Akbaba und Moritz Schell (Fotos)





Wo sind die Fotos? Seit Tagen suche ich die Fotos von meiner Freundin Mona. Ich bin mir sicher, dass zumindest zwei davon irgendwo in meiner Wohnung liegen. Ob sie mir jemand geklaut hat? Schließlich fragt sich halb Österreich, wie die Frau hinter dem Schleier aussieht. Hübsch sieht sie aus, sage ich. Ich bin mir sicher, ich könnte mit dem Foto ganz schön Geld verdienen. Allein für ein Interview mit Muhammad, der immerhin ohne Schleier geht, hat eine große Tageszeitung mehrere Tausend Euro bezahlt. Ob das nicht auch Beihilfe zum Terrorismus ist? Darum geht es doch bei dem Prozess gegen den „Terrorpaten“ Muhammad („Österreich“) und seine „Terrorbraut“ Mona („News“).  


Kebab, nicht Lasagne
Egal: Auch wenn ich die Fotos finde, ich werde sie sicher nicht veröffentlichen. Meine Freundin Mona will es nicht. Ich habe sie gefragt. Da hilft auch nicht, dass mein Chefe sagt: „Irgendwann ist eh ein Bild von deiner Freundin in einer Zeitung.“  
Ich kann aber beschreiben, was man auf dem Foto sehen könnte. Ein kleines Mädchen mit zwei geflochtenen Zöpfen und einem rosa Kleid. So hat meine Freundin Mona mit süßen drei Jahren ausgesehen. Damals haben wir uns im Hof kennengelernt. „Sule“ hat sie immer gesagt und „Schule“ gemeint. Ja, es hat schon seine Vorteile eine Journalistin mit migrantischem Background zu sein. Da wächst man leicht mit einer angeblichen El-Kaida-Terroristin gemeinsam Tür an Tür auf. Solche Kontakte hätten die vom „Österreich“ auch gerne.
Sonst ist es weniger fein. Seit Monaten lese ich über meine Freundin Mona, wie sie angeblich so ist und sogar was sie gerne isst. Lasagne, berichtete News, sei ihre Lieblingsspeise. Das muss ich leider korrigieren. Mona isst am liebsten Kebab. Mit scharf.


Alle wollen ihr Gesicht sehen
Alles weiß ich allerdings auch nicht. Etwa, ob es gerechtfertigt ist, Mona für 22 Monate hinter Gittern zu stecken, weil sie angeblich für das Terrornetzwerk El Kaida „übersetzt“ hat.
Ich weiß davon nichts. Über Schuld und Unschuld zu entscheiden, das ist nicht meine Aufgabe. Das ist Aufgabe der Justiz. Im Gerichtssaal habe ich mich aber schon gefragt, ob ein faires Urteil überhaupt möglich ist. Am ersten Prozesstag wurde Mona aus dem Gerichtssaal verwiesen. Österreich ist kein „Gottesstaat“ hat der als liberal geltende Richter gemeint und sie aufgefordert, ihren Niqab (Gesichtsschleier) abzulegen. Vergeblich.
Am zweiten Prozesstag habe ich die Geschworenen beobachtet. „Echte“ Österreicher, Katholiken wahrscheinlich. So wie der Richter wollen sie wahrscheinlich das Gesicht meiner Freundin sehen. Das ist hier im Abendland eben so üblich. Sonst…


Wenn sogar Polizisten schmunzeln
Willst du nicht doch den Schleier ablegen. Das ist besser für dich,“ habe ich Mona beim Besuch im Gefängnis gebeten. „Ich kann nicht. Der Richter ist ein Mann“, hat Mona erwidert.
Mich regt das noch immer auf. Wie kann sie sich nur um ihre Verteidigung bringen, wegen irgendeiner Sure im Koran, die da lautet: „Die Frau soll das Schönste an ihr verdecken.“
Mir kommt das völlig absurd vor.
Gelacht haben wir trotzdem kurz. Weil der Richter sie aufgefordert hat, zumindest den Schleier bis unter die Nase zu ziehen. Mona dazu: „Damit er sieht, wie mir beim Lügen die Nase wächst? Wie beim Pinocchio, oder was?“ Sogar die Polizisten im Besucherzimmer des Hochsicherheitstrakts mussten schmunzeln.


Ihr Englisch ist very austrian
Sonst ist nichts lustig. Mona ist abgemagert. Die Haft hat ihr zugesetzt. Wieder und wieder betont sie, dass sie nichts „Unrechtes“ getan hat. Sie will nur Nachrichtenmeldungen übersetzt haben. Aber nicht etwa aus dem Arabischen. Das kann sie nämlich gar nicht. Nein, vom Englischen ins Deutsche. Nur so nebenbei: Das English von Mona is very austrian.  
Ich kann ihren angeblichen Beitrag zum internationalen Terror nicht beurteilen. Ich will es auch nicht. Ich hoffe nur, dass das Gericht in der nächsten Instanz für sie entscheiden wird.
Warum nimmt sie auch nicht den Schleier ab? Das hätte sicher geholfen. Stur war sie ja immer schon. Bereits als 3-Jährige weigerte sie sich, der Großmutter beim Überqueren der Straße die Hand zu geben. Starrsinnig war sie auch sonst. Sie hat gemacht, was sie wollte.


Daham der Islam, am Abend dann Fortgehen
In der Pubertät kämpfte sie darum, so lange wie ihr großer Bruder ausgehen zu dürfen. Mit Erfolg. Alkohol war damals für sie noch nicht tabu. Wie viele Migrantenkids lebte die 14-jährige Mona damals in zwei Welten. Daheim war islamischer Alltag mit dem Vater aus Ägypten und der konvertierten Mutter – mit Beten und Fasten während des Ramadan. Nächtens war Fortgehen angesagt. Zufrieden hat sie das nicht gemacht.
Irgendwann hat sie dann plötzlich den Schleier getragen. I
ch kann mich daran gut erinnern. Auf der Landstraße grüßt mich eine tief verschleierte Frau. Mona?
Ich bin auch Muslimin. Aber Alevitin. Und die tragen keinen Schleier. Mich hat es gefetzt – wegen dem „Fetzen“, wie der Richter ihren Niqab am letzten Verhandlungstag nannte.


Was ich nicht verstehe
Ich habe Mona damals nicht verstanden. Ich verstehe ihre „Gläubigkeit“ und Radikalität heute noch immer nicht. Ich weiß nur, dass sie lange den Schleier getragen hat, bevor sie ihren Mann Muhammad via Chat im Internet kennenlernte. Später haben sich die beiden bei einer Anti-Bush-Demo getroffen. Ob der „Bote der El Kaida“ („Österreich“) sie negativ beeinflusst hat? Ich weiß auch nicht alles. Ihr Bruder meint: „Mohammad macht was Mona will. Nicht umgekehrt.“ Das kann sogar stimmen.


Ein Kuss zum Abschied
Im Gefängnis erzählt mir Mona wieder davon,  adass sie durch den Irak-Kriegufgerüttelt wurde. Sie wollte etwas tun für Moslems, die dort in den Gefängnissen von den Amerikanern gefoltert werden. Sie würde nur den Islam vertreten, nicht den Weg der El Kaida. Und sie verurteilt die Terroranschläge. Das hat sie auch das Gericht wissen lassen. Nur die Öffentlichkeit aufklären und Botschaften von Osama bin Laden auf Deutsch ins Internet stellen, das hätte sie gemacht. So wie halt Nachrichtensender wie der ORF auch.
Was soll man dagegen sagen?
Beim Verabschieden im Gefängnis gebe ich Mona noch einen Kuss. Für mich bleibt die Frau hinter dem Schleier meine Freundin.                                                          Unter'm Schleier sexy Eser
So, und jetzt geh ich wieder die Fotos suchen.


Was das Gericht sagt:
Für die Laienrichter ist erwiesen, dass sich Monas Mann in der „Globalen Islamischen Medienfront" (GIMF) betätigt hatte, die laut Anklage ein propagandistischer Arm der El Kaida darstellen soll. Er soll im Internet Anschläge auf Stadien und Zuseher der Fußball-Europameisterschaft 2008, in- und ausländische Politiker sowie Einrichtungen in Wien erörtert haben. Weiters soll er an der Entstehung eines „Drohvideos“ mitgewirkt haben, mit dem Österreich und Deutschland zum Abzug ihrer Soldaten aus Afghanistan bewogen werden sollten. Mohammad wurde zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Mona billigte das Gericht eine untergeordnete Rolle zu – sie soll im Wesentlichen für ihren Mann bzw. die GIMF Übersetzerdienste geleistet haben. Sie wurde für 22 Monate verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Lennart Binder hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.

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Kommentare

 

Es sollte mehr so "Terrorbräute" geben wie die Eser *gg*

*verliebt guck*

;)

 

...Mut hat sie die Frau Mona S., die Frage ist nur ist es das wirklich Wert?

 

mut

also für so eine sache ins gefängnis zu gehen ist nicht mutig sondern einfach nur dumm.

die 22 monate hätte sie auch sinnvoller nützen können...

 

heute beginnt laut "österreich" der prozess gegen ihren Bruder (Mohamed), der angeblich polizisten bedroht haben soll, weil diese ihn darauf hingewiesen haben sollen, das arabisch reden mit seinem vater zu unterlassen (dieser erlitt vorort einen herzinfarkt). Nach Aussage des Angeklagten, haben die Gefängniswärter ihn jedoch mishandelt...

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