Simon Kravagna: "Kritik ist Ehrensache!"

29. Mai 2009

Gut, dass die österreichische Rechtsordnung nicht den Tatbestand „Beleidigung des Türkentums“ kennt. Sonst hätte das biber ein Problem mit der Staatsanwaltschaft. Laut einer türkischen Zeitung haben wir nämlich die Türken beleidigt. Ach wirklich?

Von Simon Kravagna und Igor Minić

Türke sein in Österreich ist nicht so leicht. Es vergeht kaum einen Tag, an dem nicht irgendetwas Negatives über die Türkei, die Türken oder den Islam in unseren Medien zu finden ist – egal ob es hier oder jenseits des Bosporus passiert.
Wird eine ganze Hochzeitsgesellschaft in Anatolien ausgelöscht – dann sehen sich viele in ihren Vorurteilen bestätigt. Eh klar, so sind sie halt die Türken. Wenn ein Wahnsinniger seinen Nebenbuhler in Linz mit zwanzig Messerstichen ins Herz um die Ecke bringt – dann ist für viele ebenso klar, so sind sie halt die Moslems.
Das sagen dann meist jene, die empört wären, würde man behaupten, dass ein Herr Fritzl oder ein Herr Priklopil etwas spezifisch Österreichisches verkörpert – nämlich die Neigung, Menschen in den Keller zu sperren.
Aber bei den Türken kennt sich bei uns jeder Hausmeister aus.
Zudem sind die Türken noch im ständigen Visier der Rechtsparteien. Auch wenn der FPÖ-Spruch „Abendland in Christenhand“ nicht ganz an „Daham statt Islam“ heranreicht, so ist die Botschaft klar: Für die immerhin drittgrößte Parlamentspartei sind Türken und Moslems in Österreich unerwünscht.
Es ist also kein Wunder, wenn türkischstämmige Wiener genug haben – genug davon, ständig nur mit Ehrenmorden, Fanatismus und Frauenfeindlichkeit in Verbindung gebracht zu werden. Das ist verständlich und nachvollziehbar.
Unverständlich, falsch und kontraproduktiv ist allerdings, dass sich damit viele Türken in Wien oder Österreich generell jede Selbstkritik ersparen wollen. Sachliche Kritik wird gerne als Beleidigung abgetan. Dies vor allem dann, wenn diese Kritik aus den eigenen Reihen kommt. Dann wird schnell der Vorwurf vom Volksverrat erhoben, weil sich doch ohnehin die Welt gegen die Türken verschworen habe. Da darf man dann dem Feind nicht in die Hände spielen.
Laut der in Wien erscheinenden türkischsprachige Zeitung Yeni Vatan („Neue Heimat“) hat nun auch biber die Türken in Wien beleidigt.
Und diese Meldung war dem Blatt immerhin drei Seiten wert.
Was ist geschehen? Einer unserer türkischstämmigen Redakteure hat sich in einem Blog darüber beschwert hatte, dass einige junge Türken (plus Jugos), Blondinen auf der Straße blöd anmachen. „Warum ich mich manchmal für euch schäme“, lautete die Überschrift seines Beitrags. In einem zweiten Artikel hat unser Kolumnist Sedat Pero seinen Besuch bei einer missglückten türkischen Hochzeit in Wien beschrieben. Statt um die Zeremonie ging es nur ums Geld, schrieb der Autor.
Beide Artikel, so der Vorwurf, hätten die Türken in Wien schlechtgemacht.
Das ist natürlich Unsinn. Richtig ist, dass unsere türkischstämmigen Autoren ihre Leute schätzen  – und deshalb auch kritisieren, wenn es nötig ist. Auch die türkische Community in Wien muss erkennen, dass sie nicht ewig Opfer bleiben kann, sondern mittlerweile selbst bestens in der Lage ist, ihr Standing in der Öffentlichkeit mitzugestalten. Dazu gehört eben auch, Probleme öffentlich zu diskutieren und an deren Lösung aktiv mitzuarbeiten. Niemand braucht in Wien die FPÖ, um zu kritisieren, wenn junge Türken sich daneben benehmen. Und ein Artikel darüber, dass türkische Hochzeiten auch nicht immer nur süper sind, trägt nur dazu bei, dass hier Klischees abgebaut werden, statt an diesen ewig festzuhalten. Wer also seiner Community was Gutes tun will, der tut einfach das, was in modernen Gesellschaften gang und gäbe ist: Er oder sie sagt, was ihm oder ihr nicht passt. Unsere biber-Redakteure werden das weiter so machen. Denn bei uns ist Kritik Ehrensache.

 

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Kommentare

 

Kann ich so unterschreiben

 

Die von euch geäußerte Kritik an dem Sachverhalt ist berechtigt und erhält meine Zustimmung, doch muss ich in einem Punkt eine Kritik an der Kritik der Kritik anbringen ;)

Was hat der Umstand, dass irgendeine Zeitung von türkischen Migranten in Österreich das biber kritisiert mit dem § 301, der in der Türkei gilt, zu tun?

Warum greift Ihr auf das polemische Wort "Türkentum" gleich in der Schlagzeile zurück? Liegt das daran, dass Ihr den Umstand, dass es den Begriff "Türkentum" nicht mehr gibt ignoriert oder liegt es daran, dass Ihr von der Abschaffung dieses Begriffes aus dem türkischen Recht nichts wisst (siehe: http://rega.basbakanlik.gov.tr/eskiler/2008/05/20080508-5.htm)?

Eure Kritik wäre reifer und professioneller, wenn Ihr nicht eure Missgunst über die unnötige und unprofessionelle Kritik dieser türkischen Zeitung auf die Türkei projiziert hättet.

Denn Kritik ist Ehrensache ;)

 

fand den beitrag sehr gut

mir geht diese dumme "wir sind unantastbar und alle die was anderes behaupten sind volksverräter" attitude vieler volksgruppen (unter anderem meiner) sehr am arsch

 

obs nun den begriff türkentum nicht mehr gibt, ändert nichts an der tatsache, dass eine "bekannte" von biber in der türkei verhaftet wurde, nachdem sie sich in einem türkischen lokal über die türkei abfällig geäußert hat.

dass sie es überhaupt getan hat, soll nicht gelobt werden.
aber gleich in den knast stecken?
ich frag mich, ob irgendwer die bullen ruft, wenn ich mich abfällig über österreich in der öffentlichkeit aufrege.
gibts hier einen §, der die österreichische staatsehre schützt?

 

steht die Tatsache, dass ihr eure Kritik auf polemischer Art und Weise auf die Türkei projiziert. Dabei war das doch gar nicht das Thema oder?

Ich betone nochmals, dass ich mit dem Inhalt eurer Kritik übereinstimme jedoch nicht nicht mit der Schlagzeile und den unnötigen Vergleichen mit § 301.

Zur Staatsehre, der Artikel § 301 steht nicht alleine auf dem Weltparkett der Justiz da, in nahezu allen Ländern gibt es Gesetzte die nationale Symbole wie zum Beispiel die Landesflagge, das Landeswappen, die Landeshymne etc. schützen sollen. Daher ist die Existenz des § 301 nicht das Problem, viel mehr sind die Juristen, Anwälte etc. die den Artikel sehr sehr weit dehnen das Problem.

Das wir uns jetzt mit dem § 301 auseinandersetzen müssen zeigt klar, dass wir nicht mehr bei der Sache - also bei dieser kleinen türkischen Zeitung - sind.

Du erwähnst eine Freundin, die in den Knast gesperrt wurde, weiters stellst du die Frage ob es einen ähnlichen § in Österreich gibt...das gibt mir zu denken denn es geht hier eben nicht um die Türkei und um den § 301

daher kann ich nicht verstehen, warum du das Thema auf diese Schiene lenkst...

 

...

welchen §301 meinst??

In Ö -> §248 StGB - Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole.

http://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Dokumentnumme...

 

einen Pendanten des § 301...

Aber wie gesagt, das Problem stellt die Auslegung des § dar und diese fällt leider allzu oft sehr kemalistisch aus.

 

Danke für den Leitartikel des Chefredakteurs.

 

Liebe türkische Freunde: Um meine Wertschätzung für euch zu demonstrieren, hier mein Kommentar auf Türkisch. Leider bin ich nicht so genial, dass ich das selber übersetzt habe.

Hier war eine gute Biber-Redakteurin am Werk (Danke).

Der Inhalt bleibt natürlich im Türkischen gleich. Kritik an der Kritik ist selbstverständlich zulässig. Mein Kommentar ist als sehr ernst gemeinte Anregung für eine Diskussion gedacht. Ich bitte die Grundintention des Artikels zu diskutieren, weil über Details kann man immer streiten.

Eleştiri onur meselesidir

İyi ki, Avusturya’daki hukuk düzeninde “Türklüğe hakaret” diye bir madde mevcut değil. Yoksa biberin savcılıkla bir sorunu olabilirdi, zira bir Türk gazetesine göre biz, Türklere hakaret etmişiz. Hadi ya, gerçekten mi?

Avusturya’da Türk olmak çokta kolay bir şey değil. Gün geçmiyor ki, medyamızda Türkiye’ye, Türklere ve de İslam’a yönelik olumsuz bir haber - ha burada, ha Boğazın ötesinde olmuş fark etmiyor - çıkmasın.
Anadolu’da bir düğün topluluğu yok edildiğinde, birçok insan kendilerini önyargılarında tasdiklenmiş olarak görüyor. Tabi ya, Türkler böyledir işte. Çıldırmış birinin Linz’te, hasmını yirmi kez kalbinden bıçaklayarak öldürdüğünde, durum birçok insan için yine gayet açık - Müslümanlar böyledir işte.
Bunu daha çok, Bay Fritzl’in veya Bay Priklopil’in yaptıkları, yani insanları bodrum katına kitleme eğilimi, tipik Avusturyalı davranışı olarak tanımlandığında öfkelenen kişiler söylüyor.
Ama konu Türkler olunca, bizdeki kapıcıların hepsi konunun uzmanı.
Kaldı ki Türkler sürekli sağ partilerin hedefinde. FPÖ’nün “Batı Hıristiyanların elinde” sloganı tam olarak‚ “İslam yerine memleketim” sloganına yaklaşamasa da mesaj net: Türkler ve Müslümanlar Avusturya’daki üçüncü büyük parti tarafından istenilmiyor.
Türk kökenli Viyanalıların, sürekli namus cinayetleri, fanatizm ve kadın düşmanlığıyla birlikte anılmalarından bıkmış olmaları haliyle sürpriz değil. Bu, anlaşılır ve makul.
Anlaşılmaz, yanlış ve de yıkıcı olan, Viyana’daki ve Avusturya’daki Türklerin bu sebeplerden dolayı özeleştiriden kaçmaları. Nesnel eleştiri dahi hakaret olarak kabul ediliyor. Bilhassa, bu eleştiri kendi saflarından gelmişse. Akabinde hemen vatan hainliği suçlaması yapılıyor, zira zaten tüm dünyanın Türklere karşı cephe aldığı varsayılıyor. Dolayısıyla düşmanın elini sağlamlaştıracak hareketler yapmamak gerekiyor.
Viyana’da yayınlanan Türk gazetesi “Yeni Vatan’a” göre, şimdi de “biber” Viyana’daki Türklere hakaret etmiş; ve bu haber gazete için üç sayfa ayırılacak değerde.
Peki, ne olmuştu? Türk kökenli redaktörlerimizden biri haberinde, sokakta sarışınlara laf attan bazı Türk gençleri (ve de Yugolar) hakkında şikayette bulunmuştu. Haberin başlığı “Neden bazen sizden dolayı utanıyorum?” şeklindeydi. İkinci haberde köşe yazarımız Sedat Pero davetli olarak katıldığı ve fiyaskoyla sonuçlanan Viyana’daki bir Türk düğününü anlatmıştı. Yazar düğünde konunun merasimden ziyade para olduğunu yazmıştı.
İddia, iki haberin de Viyana’daki Türkleri kötülediği yönündeydi. Bu tabiî ki saçma.
Doğru olan, Türk kökenli yazarlarımızın kendi insanlarına değer vermeleri ve bu nedenle gerektiğinde onları eleştirebilmeleri. Viyana’daki Türk toplumu da sürekli kurban kalamayacaklarını, aksine kendilerini kamuoyunda ifade edebilecek çok iyi bir seviyeye geldiklerini artık anlamalıdır. Sorunları kamuoyunda tartışmak ve çözüm üretimine aktif olarak katkıda bukunmak da buna dahildir.
Viyana’da Türk gençlerinin yanlış davranışlarını eleştirebilmek için kimsenin FPÖ’ye ihtiyacı yok. Türk düğünlerinin her zaman “süper” olmadığını anlatan bir haber de, klişelere ebediyyen bağlanmaktan ziyade onların ortadan kalkmasına katkıda bulunur. Kendi toplumu için iyi bir şey yapmak isteyen, modern toplumlarda olağan olduğu gibi hareket eder; yani hoşuna gitmeyen olayları açık bir şekilde söyler. Bizim “biber” redaktörlerimiz böyle hareket etmeye devam edeceklerdir. Çünkü bizim için eleştiri onur meselesidir.

 

wow bin beeindruckt. hab keine ahnung was da alles steht. könnt auch die türkische hymne sein...:)
aber die mühe ist lobenswert.
das nennt man vorbildlich. :)

 

wwoooooow S-U-P-E-R Übersetzung!

Danke nochmals!

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