"Siegen ist geiler als ein Orgasmus"

29. Mai 2009

Lincoln Rodrigues ist Free Fighter aus Brasilien und ein Star der Szene. Regeln gibt es bei diesem „Sport“ fast keine. Die Brutalität der „Ultimate Cage Fighters“ lockt in Wien Tausende Fans an. biber-Redakteur Amar Rajkovic hat sich vom „Bad Boy“ kurz mal aufs Kreuz legen lassen.

 

 

von Amar Rajković und Igor Minić (Fotos)

So schnell kannst du gar nicht schauen, wie der Typ dich in die Mangel nimmt. Nur fürs Foto hätte Lincoln Rodrigues mich einmal kurz in den Würgegriff nehmen sollen. Das Lächeln für die Kamera fiel mir ziemlich schwer.
Wen Lincoln Rodrigues etwas härter anpackt, der wird das nicht so schnell vergessen. Der 30-Jährige wollte ursprünglich Priester werden. Doch Gott hatte für ihn eine andere Mission. Statt in der Kirche zu beten, kämpft der Brasilianer im Käfig. Religiös ist er trotzdem. „In God I trust“, ist auf seinem Rücken eintätowiert.
Beruflich ein Bad Boy, ist Rodrigues privat ein umgänglicher Typ. Beim Training im einem Fitnesscenter im zweiten Bezirk rennt der Schmäh. Zur Begrüßung gibt’s einen dieser Body-Builder-Protein-Drinks. Da kommt man leichter ins Gespräch. Über ihn und seinen Sport.

Free Fighting oder MMA (Mixed Martial Arts ) gilt als die Königsdisziplin unter den Kampfsportarten. Gewonnen hat, wer den Gegner zum Aufgeben zwingt oder per K.o. kampfunfähig macht. Da kann es schon vorkommen, dass Knochen bersten oder dauerhafte Narben bleiben – Nasenbluten und Schwellungen sind normal.
Rodrigues hat im Käfig keine Angst: „Ich habe bereits alles erlebt. Ich weiß, wie es ist, wenn man Schläge einstecken muss.“ Dafür ist das Triumphgefühl umso besser: „Ein Sieg ist tausendmal geiler als ein Orgasmus.“
Gekämpft hat der Südamerikaner fast sein ganzes Leben lang. Im zarten Alter von fünf Jahren fängt er mit Judo im Studio seines Vaters an. Dann entdeckt er als Jugendlicher, dass es mehr gibt. In den 90er-Jahren erlebte das Vale Tudo („Alles geht“) einen rasanten Aufstieg in den Favellas der Großstädte Brasiliens. 
Die illegalen Kämpfe fanden in alten Lagerhallen statt und erfreuten sich größter Beliebtheit. Die Organisatoren der Kämpfe wurden auf Rodrigues aufmerksam und lockten ihn nach Portugal.

In Europa angekommen, lernte er die Höhen und Tiefen des gnadenlosen Käfigkampfes kennen. Für 300 bis 400 Euro pro Kampf schlug er sich über die Runden. Fast wöchentlich nahm er an Free-Fight-Wettbewerben teil.
Nach Österreich holte ihn sein Bruder, Ivan, ein Capoeira-Meister. Inzwischen, sechs Jahre später, ist er ein gut bezahlter Profi und hat eine Österreicherin geheiratet. Ob er seine Kinder auch zu den Fights mitnimmt? „Ja. Ich bin froh darüber, dass sie beide im Alter von fünf Jahren angefangen haben, Kampfsport zu trainieren“ sagt Rodrigues. Und was macht den perfekten Free Fighter aus? „Er muss die Intelligenz eines Schachspielers, die Explosivität eines Sprintläufers und die Ausdauer eines Marathonläufers haben.“ Ist doch gar nicht viel verlangt, oder??

Antike Kampfdisziplin

Die Wurzeln des Free Fights (= Mixed Martial Arts) liegen in der griechischen Antike. Damals ließ man bei den Olympischen Spielen Boxer gegen Ringer antreten, um herauszufinden, wer der beste Kämpfer sei. Außer in die Augen stechen und beißen, war bei Pankration – die ursprüngliche Bezeichnung des Kampfstils – alles erlaubt. Ende des 20. Jahrhunderts erlebte dieser Vollkontaktsport in Brasilien und Amerika eine Wiedergeburt. Im Laufe der Jahre etablierten sich Veranstaltungen in den USA (UFC – Ultimate Fighting Championship) und in Japan (Pride FC). Bei diesen  Kämpfen stehen sich Athleten aus verschiedenen Kampfstilen wie Karate, Boxen, Taekwondo, Muay Thai und Brazilian Jiu Jitsu gegenüber. Deswegen ist hier von der Königsdisziplin der Kampfsportarten die Rede.

Regeln: Fast alles erlaubt

Die Free-Fight-Kämpfe werden in einem achteckigen Käfig (Oktagon) hinter Maschendraht ausgetragen. Neben Schlag- und Tritttechniken sind auch Knie und Ellenbogenstöße erlaubt. Selbst das Einschlagen auf den am Boden liegenden Gegner ist regelkonform.

 

Das Ziel ist es, den Gegner mit allen erlaubten Mitteln zur Aufgabe zu zwingen. Einzig Schläge in den Unterleib sowie kratzen und in die Augen stechen sind ausdrücklich verboten. Ein Kampf geht über 3 Runden, jede Runde dauert 5 Minuten. Die international bekanntesten Boxer sind Anderson Silva (BRA), Fedor Emelianenko (RUS) und Georges St. Pierre, der in seinem Heimatland Kanada zum „Sportler des Jahres“ gewählt wurde.

Studios & Veranstaltungen
Einer der wichtigsten Organisatoren in Wien ist Bülent Saglam. Der türkischstämmige Wiener organisierte das mit 20.000$ prämierte Event im Gasometer, das am 4. April über die Bühne ging. Der türkischstämmige Wiener und selbst ehemaliger Kämpfer („Im Moment kümmere ich mich um die Organisation, kann es aber kaum erwarten, wieder im Käfig zu stehen“) eröffnet Anfang August ein Studio in der Schönbrunnerstraße 186. Das „Iron Fist Gym Vienna“ bietet ein gezieltes Training für Fans der modernen Gladiatorenkämpfe. Jeder ist willkommen, Groß und Klein. Um Lincoln Rodrigues ideal für den nächsten Kampf vorzubereiten, hat Saglam Orlando Machete, den Großmeister des Jiu-Jitsu, einfliegen lassen.

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Kommentare

 

... na klar, denn einen orgasmus hat man nur für den augenblick, doch den sieg kann dir keiner nehmen und der bleibt in ewiger erinnerung :)

 

In Kürze kommen auch noch die spektakulären Fighter fotos!

 

irgendwie gruselitsch !!!!!!!!11

 

Danke, Ivana. Du bist ja schneller als der balkanexpress;)

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