20 Jahre Jugoslawienkrieg - Das ist unsere Geschichte

31. März 2011

Hinter allen geschichtlichen Daten und Fakten zum Jugoslawien-Krieg stehen Einzelschicksale: Menschen starben, Familien wurden zerrissen, viele wanderten aus, um sich ihre Zukunft woanders aufzubauen – und kehrten nie wieder zurück.

Die biber-Redaktion vereint Journalisten aus allen Ländern Exjugoslawiens, die heute zusammen an einem gemeinsamen Projekt arbeiten. Monat für Monat versuchen wir, für unsere Leser ein spannendes Heft auf die Beine zu stellen. Uns würde es in dieser Form nicht geben, hätte uns der Krieg nicht unsere Heimat genommen. Wir waren auf der Flucht, jetzt sind wir angekommen. Das ist unsere Geschichte ...


Es war einmal eine Brücke

Ivana Martinović, 26, Online-Chefica

Ich bin kein typisches bosnisches Flüchtlingskind, das in einer Nacht- und Nebelaktion, wie andere, in einen Flüchtlingsbus gesteckt wurde, um in Sicherheit gebracht zu werden. Ich bin in der Kategorie Flüchtling zu finden, die ihre Mutter in den Sommerferien in Österreich besuchte, als sie Saisonarbeiterin war. In Kroatien war bereits Krieg.

Wir fuhren auf der teilweise zerstörten kroatischen Autobahn in Richtung Österreich.
Einige Gebiete mussten wir schnell durchqueren, weil dort gerade gekämpft wurde. Während der Fahrt hatte ich ständig Angst, von irgendwelchen Soldaten aufgehalten und erschossen zu werden. Schließlich waren diese Geschichten nicht selten. Wir überstanden die Fahrt unbeschadet. Bald wurde klar, dass auch in Bosnien Krieg ausbrechen würde. Der Chef meiner Mutter schlug vor, dass wir bleiben. Für eine lange Zeit war dann ein kleines Dachgeschoßzimmer in seiner Pension das Zuhause für meine vierköpfige Familie. Als sich die Lage etwas beruhigte, fuhr mein Vater zurück, um ein paar Sachen zu holen. Ich fuhr mit. Die Brücke an der Save, der Grenze zu meinem Heimatdorf, war bereits zerstört.
Es war in der Weihnachtszeit, als wir neun Stunden auf die Fähre warten mussten,
um den Fluss zu überqueren, wozu du früher nur zwei Minuten gebraucht hast. Von der anderen Seite konnte ich die Häuser meines Dorfes sehen.

Wir besuchten meine Tante, ich hörte draußen die Granaten pfeifen. Im Vergleich zu mir waren die Leute aus dem Dorf entspannt. „Die ist weit weg, das hörst du am Geräusch“,
meinte meine Tante. Zurück in Österreich brachte mir meine Familie schonend bei,
dass unser Haus von einem Nachbarn in Brand gesteckt wurde. Von einem Nachbarn,
der im Krieg seinen Sohn verlor und sich an Leuten rächen wollte, die flüchten konnten.
Er ist bosnischer Kroate, wie wir. Mein Haus wurde von keinem Serben oder Moslem zerstört,
sondern vom Nachbarn, mit dessen Kindern ich früher gespielt habe.

 

 

Träume und Flöhe

Olja Alvir, 21, biber-Redakteurin

Außer der Angst vor Feuerwerken, gehetzten Albträumen, in denen ich immer wieder vor etwas weglaufe und dem einsamen, schmucklosen Grab meines Onkels ist vom Krieg sehr wenig in meinem Bewusstsein geblieben. Ich habe keine Erinnerungen an den Horror und kann keine ergreifende Geschichten darüber erzählen. Ich weiß nur, dass meine Familie in alle Himmelsrichtungen zerstreut wurde und dass meist erst jemand sterben muss, damit sich wieder alle an einem Ort einfinden. Aber meine Familie ist so groß, dass uns die Toten und dadurch Gelegenheiten wohl nicht ausgehen werden.

Ich war erst knapp zwei Jahre alt, als meine Eltern mit mir nach Österreich flüchteten. Im Auto in Richtung Sicherheit schlafe ich ruhig auf dem Schoß meiner Mutter. Ein Floh läuft mir über die Pausbacke – ein Souvenir aus dem Aufenthalt im Flüchtlingslager in Kroatien.

Der Umstand, dass ich zum Erinnern zu jung war, hat mir wohl einiges Leid erspart. Fast fühle ich mich sogar etwas schuldig deswegen. Andere hatten nämlich weniger Glück. 1993 wurde uns am Telefon mitgeteilt, dass mein Onkel von Nationalisten gefangen genommen und ermordet worden war. Später haben wir erfahren, dass er in der Gefangenschaft großen Qualen ausgesetzt gewesen ist.

Er wurde in einer Garage mit Draht gefesselt und gefoltert. Er rief „Leute, zu Hilfe!“, er bat um Wasser. Aber Hilfe und Wasser gab es nicht. Vor der Garage stand jemand Wache, sodass niemand in die Nähe der Gefangenen kommen konnte, geschweige denn helfen.Drei Tage verbrachte er  in dieser Garage ohne Hemd, und man weiß doch, wie kalt die Nächte in Bosnien sind.
Ich träume nie davon, zurückzukehren.

 

 

Wochenende am Meer

Amar Rajković, 29, Rambazamba-Chef

Es war Freitag an einem lauwarmen Aprilmorgen. Ich hatte gerade Zeichenstunde und beschoss den Klassenstreber mit Papierkugeln. Seinen Namen habe ich vergessen.
Auch den Namen der Lehrerin hab ich vergessen, die sich gerade an die Heizung beim Fenster lehnte und in niedlichem Spliter Akzent über Farben und Schattierungen philosophierte. Plötzlich machte es „Bummmm“. Die Wucht der ersten Explosion des Krieges – zumindest in meiner Gegend – ließ meine Lehrerin kurz stolpern und ganz hysterisch den kurzen aber prägenden Satz herausschreien: „Es ist Krieg, Kinder!“

Obwohl dieser Augenblick schon knapp zwei Jahrzehnte zurückliegt, kommt er mir wie gestern vor. Kurz darauf wurde die ganze Klasse entlassen. Der Jubel bei mir und den meisten anderen Burschen war riesengroß. Zeuge einer gewaltigen Explosion zu sein und als Draufgabe früher nach Hause gehen zu dürfen? Etwas Besseres gibt es für einen Arnold-Schwarzenegger- und Jean-Claude-Van-Damme-Fanatiker nicht. Voller Vorfreude auf die freien Stunden ging ich wie jeden Tag zu meinen Großeltern, die ganz in der Nähe meiner Schule wohnten. Auf dem Weg fiel mir die zerbrochene Auslage eines Computergeschäftes auf, das ich jeden Tag mit staunenden Augen passierte.
Die Alarmanlage piepste wie verrückt und ich versuchte, das Beste aus der Situation zu machen. Ich stieg über die Absperrung, mit nur einem Ziel: Das „Prince of Persia“-Spiel zu ergattern. Just in diesem Moment höre ich meine Mutter hysterisch nach mir schreien.
Sie fuchtelt wild mit ihren Händen und spricht vom Wochenende am Meer.

Wir würden alle eine Pause brauchen und zusammen mit der Tante und ihrem Sohn in ein kleines Fischerdorf südlich von Split fahren. Die Männer müssten in der Stadt bleiben, sagte meine Mutter. Sie müssen ja was verdienen, damit ich den neuesten Ninja-Turtle pünktlich zum Geburtstag bekomme. Dann fragte ich sie, wie lange wir bleiben würden. „Nur über das Wochenende“. Es sollte das längste Wochenende meines Lebens werden.

 

 

Leere Seiten im Fotoalbum

Aleksandra Klepić, 21, biber-Redakteurin

Die letzten Tage in meiner Heimat sind in meiner Erinnerung nur mehr verschwommene Momentaufnahmen meiner Selbst, die mir bis heute in meinem Fotoalbum fehlen.

Meine Erinnerungen an den Kriegsbeginn sind viel mehr von Gefühlen als von Bildern beherrscht.
Ich erinnere mich, dass ich vor den tieffliegenden Militärflugzeugen so große Angst hatte, dass ich mich immer sofort flach auf den Boden warf – auch dass Schüsse gefallen sind und wir uns aus Angst unter den Tisch gesetzt haben. All das konnte ich als Kleinkind nicht einordnen, aber ich habe die lähmende Angst, die Aufregung, die Spannung, das Weinen und Zittern um mich herum wahrgenommen. All das waren die Emotionen, die unseren Alltag im Bosnien des Jahres 1992 bestimmt haben. Der englische Diplomat Paddy Ashton sagte: „Bosnia is under my skin. It’s the place you cannot leave behind. I was obsessed by the nightmare of it all; there was this sense of guilt, and an anger that has become something much deeper over these last years.“

Genauso fühle ich mich heute noch, wenn ich an das Verlassen meiner Heimat denke –
ich fühle Wut, Schuld und Zorn, denn dieser Krieg hat unsere Familie auseinandergerissen und meinen Heimatort und mein Elternhaus ausradiert. Nur in meiner Erinnerung, da bin ich das Kind von damals, dass seinem Opa beim Grasstutzen zusieht, kleine Ferkel streichelt und den Duft von brennendem Holz liebt. Nur in meiner Erinnerung.

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Kommentare

 

das ist echt bedrückend, wenn man diese geschichten aus der ersten reihe sieht.

bei uns in den zeitungen standen ja eher nur eckdaten der handlungen, ich glaub - jemand der das nicht selbst erlebt hat braucht da gar net mitzureden, denn keine fantasie der welt reicht aus, um sich davon wirklich ein halbwegs realistisches bild machen zu können.

ich bin davon überzeugt, das angst das beschissendste gefühl ist, welches dem menschen anheim ist. und ich kann mir net vorstellen dass es da unten irgendjemanden gegeben hat der keine angst hatte - soferne er irgendwie bei klarem verstand war...

schön dass ihr da seid - und net irgendwo in an erdloch verscharrt...

da fred

 

Ihr seid nicht alleine, Slowenien hatte glück,den der Krieg hat bei uns nicht lange angedauert.

Grüsse an meine Jugoslawischen geschwister.

 

ich finds so super, dass ihr uns an eurer geschichte teilnehmen lasst!

 

wenn man sich noch an alles erinnern kann und einiges gesehen hat, dann berührt jede eurer Geschichten... ABER...dieser Satz hat wieder alles aufleben lassen..

„Es ist Krieg, Kinder!“

 

Bei mir wussten Sie, dass es Krieg geben wird... darum wurden wir heimgeschickt ein paar Tage bevor es richtig losging!

Irgendwie hab ich das Ganze dann aber doch noch ernster mitbekommen wie die anderen hier!

 

das kann ich mir gut vorstellen. meine schwester und ich hatten glück. nur ein jahr vorher, hat meine mutter diese stelle bekommen.
außerdem sind wir aus einem grenzgebiet zu kroatien, wo viele frauen und kinder unserer stadt nach ende des kroatienkrieges in die nachbarstadt gebracht wurden.
weiter weg, vor allem aus zentralbosnien, wo du aus eroberten gebieten flüchten musstest, hab ich geschichten von leuten gehört, wo du gänsehaut bekommst.
das gebiet um gradacac wurde erobert. dort wohnte die familie mütterlicherseits.
meine cousine ( 2 jahre jünger als ich) erzählte mir, dass der flüchtlingsbus 48 stunden aus bosnien brauchte, über irgendwelche berge fuhr, bis die kinder in sicherheit gebracht wurden. die männer mussten im dorf bleiben, wie ihr vater.
ich habe solche abschiede, trennung von familien, gott sei dank, nicht miterleben müssen.
ich frage mich heute noch, wenn ich mit leuten aus bosnien rede, die erst später hergekommen sind, was sie alles erlebt haben müssen und ich davor verschont blieb.

 

wenn man jetzt 21 ist, war man 1992 erst gerade 2 oder höchstens 3 ... da kann man sich aber nicht wirklich an viel erinnern (ich sehe dies bei meinem Bruder, der auch 21 ist)!

 

Das stimmt. Ist auch für jeden am besten so, wenn er sich nicht mehr erinnern kann. Aber das Alter alleine sagt gar nichts aus, denn es kommt auch darauf an wie lange man noch unten "gelebt" hat. Und ich war leider mit meiner Mutter noch ca. 2 Jahre mittendrin statt nur dabei :)

 

manche haben das ganze leben unten verbracht!!! es kommt drauf an was man so erlebt hat ... und mit 2 oder 3 kann man sich nicht wirklich an etwas erinnern!

 

das ist die erste serie.
es folgen noch weitere. im 1. teil sollten sich biber-redakteure zu wort melden.
danach sollen auch leute ihre geschichte erzählen, die entweder unten gewesen sind während dem krieg oder selbst kämpfen mussten.

geschichten gibt es genug.

 

Äh-das war doch nicht so gemeint. No hard feelings.
Ich wollte nur sagen, es gibt halt Erinnerungen die man nicht loswird wenn man dort aufgewachsen ist und ich denke man kann sich sowieso glücklich schätzen, wenn man sich nur an ein kleines bisschen erinnert. Das ist doch kein Wetbewerb.
Falls du das falsch verstanden hast.,tut mir das leid.
Das war weder Mitleids-noch Effekthascherei,wollte nur sagen jeder hat so sein Packerl.

 

kleine Kinder (2-4 Jahre) können sich sehr wohl an schlimme Ereignisse erinnern... die Frage ist nur inwieweit, sind diese Erinnerungen auch tatsächlich ihre eigenen.
Die Erinnerung kann nur etwas verfälscht sein durch Erzählungen seitens der Eltern, Geschwister etc.

ps: bin keine Hobbypsychologin. Jedoch hatte ich in der Schule das Wahlfach Psychologie, wo wir uns mal mit Kindheitserinnerungen befasst haben.

 

diskreditiert das aber jemanden eine meinung zu haben bzw sein erfahrungen mitteilen zu dürfen? ich finde nicht
wenn man mit leuten aus exyu beginnt über den krieg zu reden kommt es mir oft so vor als ob man von einem normalen gespräche zu einem "also meine familie hat viel schlimmeres erlebt"- gespräch wechselt. oft kommt diese drang zu einem großen teil natürlich davon weil man seine geschichte erzählen möchte, dennoch stört mich das manchmal sehr. statt das leid und die qualen der bekannten/familie zu würdigen und zu verarbeiten wird es verwendet um sich damit zu brüsten. so etwas macht mich unglaublich wütend.

Aber um auf deine aussage einzugehen mensi. ich finde olja hat es in diesem artikel gut zu ausdruck gebracht. "...Fast fühle ich mich sogar etwas schuldig deswegen..."
Mir geht es auch genau so. Dieses permanente Schuldgefühl, dass man mit sich trägt. Ich hatte das große Glück niemals direkt mit dem Krieg konfrontiert gewesen zu sein. Einerseits deshalb weil wir kurz vor Kriegsbeginn nach Österreich kamen, andererseits weil meine Eltern alles getan haben mich damit nicht zu konfrontieren. Ich meine wie will man den auch einem 3-jährigen klar machen, dass man nicht mehr zuhause ist weil sich gerade das gesamte volk gegenseitig abschlachtet.
Dennoch ist man ja als Kind nicht blöd. meine Kindheitserrinerungen an den Krieg sind das permanente laufen von CNN bei uns im tv wo man dauern zu sehe bekam wie städte bombardiert wruden, tägliche stundenlange Telefonate meiner Eltern nach unten und das fast wöchentliche packen von Paket die wir an die Familie unten verschickt haben. so sehr sich die eigenen eltern versuchen zusammenzureisen merkt man als kleines kind, dass es sie innerlich quät. so etwas prägt einen

puh, ich merke auch gerade, dass es echt nicht so leicht ist über dieses thema zu schreiben....

mein respekt an euch 4. jede eurer geschichte verdient es gehört zu werden. egal ob man ein kleinkind war oder auch nicht.

 

danke damir. man kam sich wirklich oft schuldig vor, vor allem wenn man dann nach dem krieg im sommer runterfuhr und dann als deserteur beschimpft wurde, was der fall war, auch als jugendlicher.
"euch gings ja gut, wir haben da die hölle durchgemacht"...
dennoch bekam man geschichten mit und konnte nachvollziehen, was da alles abgegangen ist, vor allem, weil die leute aus der eigenen familie stammen und man sich ungefähr vorstellen konnte, wie dann die cousine m und der cousin g. im keller tagelang verbringen mussten, weil es granaten hagelte.
und auch der tod meines onkels, der frau und kinder hinterließ, sorgte für schuldgefühle bei vielen, die weiterleben konnten und er "so mutig genug" war um unten zu bleiben und für das heimatdorf an die front zu ziehen.

und dann fährt man in den sommerferien runter, besucht diese vaterlosen cousinen und weiß nicht, wie du ihre blicke deuten sollst.
du kommst mit dem angeblichen "österreichischen" reichtum runter, siehst die invaliden, die jetzt nichts arbeiten können und auch die invalidenpension monate zu spät kommt, und fühlst dich schuldig.
wenn du aber sagst, dass du mit einer vierköpfigen familie in einem drecksloch wohnst und das leben gar nicht so rosig ist, wie alle denken, bekommst du zu hören - "besser als ihm krieg".
klar. frieden ist besser als krieg. aber dass man sich vor sich selbst immer mit der chance rechtfertigen musste, in frieden aufwachsen zu können, kotzte nicht selten an.

könnt ihr euch noch an das lied von merlin erinnern?
"gdje si bio ti, kad je bilo najteze"...
(wo warst du, als es am schwierigsten war"...
wie oft wurde auf uns mit dem finger in der disco gezeigt, als das lied spielte. UND ES SPIELTE RAUF UND RUNTER

 

Bei

deiner letzten Zeile habe ich so eine Gänsehaut bekommen...

 

Ich wollte keinen seine Geschichte wegnehmen oder so!!!

Meiner Meinung nach, sind die Erinnerungen welche man nach der Flucht in AT oder woanders durchlebte viel intensiver (genau das was Damir beschreibst). Dies auch weil man womöglich untern nur einige Tage verbrachte und hier doch dann die restlichen Jahre!

Auch wollte ich sagen, dass man als Kind weniger alles mitbekommen oder aufgenommen hat als die ältere Generation. Klar saugen Kinder alles auf, aber Kinder sind auch viel resistenter gegen solche Sachen und verarbeiten solche Ergebnisse besser (hat sogar irgendwer irgendwann :) bewiesen)! Auch aus diesem Grund ist es für die ältere Generation noch ein viel schmerzvolleres Thema welches nur schwer verarbeitet wurde. Die jüngere Generation gehz mit dem Thema anders um. Sie sehen es auch distanzierter und versuchen sich damit anders auseinanderzusetzen!

 

stimmt so nicht. ich war damals auch in dem alter, du erinnerst dich sehr wohl an augenblicke, geräusche. vieles steckt auch noch in deinem unterbewusstsein, was teilweise neurosen, unerklärliche ängste hervorrufen kann. ich zum bsp. kann in öff. verkehrsmitteln nicht neben oder gegenüber von fremden männern sitzen, habe immer angst, dass sie ein gewehr rausholen und auf mich schießen. hat mir viele unangenheme situationen bereitet im alltag. vor feuerwerken hab ich, wie olja, auch angst. wenn jem. an seine kindergartenzeit zurückdenkst,erinnert er sich sicher nicht an die ganze zeit, aber an gewisse momente aus dieser zeit bestimmt, und so ist es mit dem krieg für uns jüngere auch.

 

jeder trägt sein päckchen mit sich herum, egal wie alt er ist

 

ähnelt der von dir ivana stark.
sie mußte auch in einer nacht und nebel aktion aus einem dorf bei gradacac flüchten um dann länger als üblich (nur während der sommerferien) bei ihren gastarbeitereltern in wien zu bleiben.
die zeit bzw. das vergehen der zeit hat nunmal heilende wirkung wobei man glaube ich von so einscheidenden erlebnissen nicht wirklich geheilt werden kann und so hofft man heute, daß einem solche dinge nie wieder passieren.

p.s.: das foto wurde aber vor deinem friseurbesuch aufgenommen ivana, oder ?

 

:) ja das foto wurde davor geschossen. leider.
jetzt sind sie etwas kürzer, (rasierter) :)

 

dafür schaust seriös aus :)

 

und das tu ich jetzt nicht mehr :D
na gott sei dank.

 

Ich habe Biber noch nie gedruckt gesehen... Wo kriegt man das her? Und kostet es ?

 

biber gibts beim anker, in vielen sun company-filialen. es wird auch an zahlreiche jugo- und türkenlokale geliefert.
du kannst es gratis abonieren. auf der startseite ist eine abofunktion. da klickst du , gibst deine adresse ein und bekommst es gratis nachhause geliefert.

sonst werden wir oft bei ubahnstationen verteilt. mit gratis versteht sich.

 

Danke für die Auskunft ojda :-)

 

gern ojda. kaufst da weckerl beim anker und liest du :D

 

mach ich !!

 

Bei der Lugnersitti gibt es gaaanz viele Biber. Dieser Stoß ist mir eh schon früher auch aufgefallen, aber ich dachte das wäre wieder irgendsoein Heute-Zeitungsverschnitt.

Wenn ich nur früher gewusst hätte, was da tolles liegt^^

Zum Inhalt: Ich möchte unbedingt einmal so ein geiles Fetzenweib kennenlernen!!! Finde ich total scharf irgendwie :-)

Gratulazion nochmal zur Ausgabe

 

danke schön :)
ich rate dir nicht die richtigen fetzweiber kennenzulernen.
unsere fetzis waren nur models bzw. statistinnen. :D

 

heute kann ich mich nicht mehr erinnern, an diese tage, aber aus erzählungen versuche ich bruchstücke daraus zu rekonstruieren, was mir und meiner schwester jedoch schwer fällt.unsere eltern haben uns nie belogen,sie haben uns gesagt, bald wird es krieg geben. der papa ist dann irgendwann weg gewesen, mama hat gesagt, er ist in wien, weil er einen job hat und eine wohnung für uns sucht. geglaubt habe ich das nicht.aber als wir dann im bus saßen um über griechenland,srbien usw nach kroatien und dann nach slowenien zu kommen, dämmerte es langsam. laut meiner mama waren das für meine schwester und mich echt lustige zeiten. wir haben in kindlicher naivität alles schön gespielt und haben uns mit leuten angefreundet, kindern, die ebenfalls im bus waren. das waren serben. wir dann auch. unseren familiennamen geändert in einen serbischen (da wir ja kommunisten waren und meine mama erkannte man am familiennamen) und die religionsbekenntnis in griech.orth (schön gut gefälschte papiere dank opa) kamen wir in kroatien an, blieben dort bei bekannten und 2 monate später ab nach slowenien wo wir dann wieder "wir" waren. von papa hörte man lange nichts, also dachte ich (nur ich!) dass er tot war.mama machte uns diese zeit besonders schön.ich kann mich echt an nichs erinnern.an nichts schlechtes.nur an meine mama und meine schwester, mit welcher ich eine schöne zeit hatte. mama sagte dann nach einigen monaten, dass wir packen und nach wien gehen. in wien war papa auch, ich war glücklich und in einer 35m2 wohnung wohnten wir dann.zu viert.und es war schön.wir hatten zwar nichts, aber uns. uns meine eltern haben uns beiden nie belogen.aber sie haben uns trotz armut,krieg und dem allen eine schöne kindheit geboten, sicher haben sie einiges auf sich genommen deshalb. wir verloren viele, auch unser haus, unsere großeltern mussten auch flüchten,da sie ja "böse" kommunisten waren und einen termin zum "klanje" bekamen. .. und fotos hatunsere nachbarin in einem schwarze koffer all die jahre aufgehoben, sie war serbin und wir waren freunde.und die fotos von uns , unserer familie und unseren lieben waren jahre lang in einem koffer in einem keller einer nachbarin, welche vor 4 jahren verstarb und vor 6 jahren haben meine schwester und ich einen koffer bekommen , mit erinnerungen.

 

Gänsehaut.

 

ich bin durch meinen abschluss-stress erst jetzt dazu gekommen die alten artikel zu lesen... und irgendwie habe ich das gefühl ihr seid etwas zu sehr auf der emotionsschiene bei diesem artikel gefahren. meine geschichte ist auch die klassische:

eltern haben in österreich gearbeitet, meine schwester und ich sind zum bosnischen kriegsbeginn 1992 nach österreich geholt worden, ich war 3. woran ICH mich allerdings erinnern kann, dass ist eine blumige und wunderschöne kindheit in den sommern, die wir unten verbrachten (der krieg war zwar noch am laufen, wir sind aber über einen umweg zu unserem haus gekommen. es steht zwischen brcko und bijeljina in einem dorf). auf der anderen seite erinnere ich mich aber an die schrecklichste kindheit die man haben kann, eingesperrt in den acht wänden der zwei hotelzimmer, in denen unsere vierköpfige familie acht jahre lang gelebt hat - in dem hotel, in dem meine mutter gearbeitet hat. ich war da bereits als drei- und vierjährige den ganzen tag allein daheim, bis die eltern von der arbeit gekommen sind. bei meiner mutter hieß das nach 15 stunden um zehn uhr nachts. spielen durfte ich, solang ich kein geräusch dabei machte. und zwar mit dem wenigen spielzeug, das sich meine eltern leisten konnten. das löste ein viel größeres trauma und verhaltensstörungen aus, als die erinnerung an die 30-stündige busfahrt, die immer wieder von männern mit waffen in den händen unterbrochen wurde.

mein freund allerdings verbrachte seine kindheit in bosnien, zwischen gradacac und modrica, als serbe. die front war keine 500 meter von seiner haustür entfernt. trotz allem spielte er, war den ganzen tag mit freunden draußen, ging zur schule (mit unterbrechungen), ging kaffees trinken und eis essen. das hatte ich als kind nur zu besonderen gelegenheiten. sein vater war ein kommandant und wurde einmal verletzt. nichts davon hat horrorvorstellungen oder angstzustände ausgelöst. höchstens zu silvester wird er hin und wieder nervös.

meine tante hat ihr haus in brcko, eine stadt, die schwer getroffen wurde. auch bei ihnen war die front mehr oder weniger vor der tür. ihr ehemann ist gestorben, ein paar monate vor kriegsende. das hat einen sehr tiefsitzenden schock bei meiner kusine und meinem kusin ausgelöst. das thema "vater" darf man heutzutage, fast 16 jahre danach, immer noch nicht ansprechen.

ich werde noch mehr von dieser reihe weiterlesen und hoffe, dass ihr verschiedene aspekte beleuchtet habt, denn es gibt so viele kriegserlebnisse. und man muss immer bedenken - menschen, die im krieg leben, haben keine emotionale kraft um ständig in angst und horror zu leben. sie machen daraus einen tagesablauf, der im endeffekt normal ist. krieg ist schrecklich, die menschen aber, die darin leben, werden keine wracks, sondern leben weiter - das ist ja das faszinierende daran.

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