Ottakringer Straße, mach ma da noch Party?

17. November 2011

Unsere Partymeile Nr. 1 ist in die Jahre gekommen, immer dieselben Sprüche, dasselbe Outfit, der selbe Turbofolk. Oder sind es nur wir selbst, die in die Jahre gekommen sind, während die Jungen unsere Straße übernehmen?

Samo pijan mogu, da prebolim“ (dt. Nur besoffen, komme ich darüber hinweg). Dieses Zitat aus einem Balkansong fällt Marijana ein, wenn sie an die Balkanstraße denkt. Die 25-Jährige hat hier jahrelang abgefeiert. Heute könnte sie die Straße nur noch besoffen ertragen. „Ich bin zu alt für diesen Kindergarten geworden. Die Gäste werden dort immer jünger, wir Älteren fühlen uns einfach fehl am Platz." Auch andere Veteranen haben der Balkanstraße den Rücken gekehrt, weil sie die derben Sprüche der Styler und Poser nur noch peinlich finden. Auf ihrer einstiegen Partymeile landen sie nur noch, wenn der Drang nach narodna* wieder in einem aufkommt.
* narodna = umgangssprachlich für Turbofolk

 

Catwalk
Was die früheren Balkanstraßen-Kids nervt: Wer sich an einem Wochenende im Normalo-Look auf der Balkanstraße blicken lässt, hat schon verloren. Hier herrscht ein Dresscode und wer ihn nicht befolgt, wird von den Blicken der Party-Styler durchbohrt. Markenklamotten und coole Autos sind auf der Balkanstraße Statussymbole. „Balkanstraße ist nichts anderes, als sehen und gesehen werden“, sagt Marijana, die früher ein fettes Minus am Bankkonto hatte, weil sie ständig versuchte, mit Klamotten und Styling bei den Jungs auf der Balkanstraße zu punkten. „Irgendwann hat’s mir gereicht, weil die Leute dort nur aufs Aussehen schauen. Du wirst von oben bis unten abgecheckt. Nicht nur von Jungs, sondern auch von den Mädchen. Die Leute sind dort sehr oberflächlich, stehen immer unter Druck, perfekt auszusehen.“


 

Das ist unsere Straße
 Einer, der noch lange nicht genug von der Balkanstraße hat, ist Miloš. „Für jeden ist etwas dabei, weil in den Clubs nicht nur narodna gespielt wird. Auch House, RnB und Techno werden von den Djs aufgelegt. Und für die Älteren gibt es auch genug Cafés, wo die Jungen nicht gerne hingehen“, kann er die Beschwerden der Älteren nicht verstehen. Miloš kann sich nicht vorstellen, dass er und seine Kumpels, von denen keiner älter als 20 Jahre ist, der Balkanstraße jemals den Rücken kehren werden. Die Jungs um Miloš sprechen alle perfekt Deutsch und wurden in Österreich geboren. Trotzdem lieben sie es, die Muttersprache zu sprechen und einfach Musik aus der Heimat der Eltern zu hören, die in ihnen ein starkes Gefühl von Verbundenheit auslöst. Und natürlich sind sie bis in die Wimpern gestylt. Die Balkanstraße ist ihre Straße. Miloš’ Freund Allen formt seine Hand zum O, als gemeinsames Zeichen für Ottakring. „Ein Jugo ist kein echter Jugo ohne Balkanstraße!“


Heimatsuche 
Diese Jungs werden der Balkanstraße wohl auch mit 30 Jahren noch treu sein, andere sind ihr schon längst entwachsen. „Vor allem für einige Pärchen ist die Straße zum NO-GO geworden“, weiß Aleksandra (22). Was sie heute besonders stört: „Die Balkankids suchen ihre Identität in der Heimatmusik. Einige Jungs und Mädchen tragen Halsschmuck mit dem Wappen ihrer Länder, die zeigen sollen, woher sie kommen. Ich fühle mich dort alt unter den besoffenen Kindern, die sich zu narodna umarmen und noch nichts anderes im Leben erreicht haben, außer, auf ihre Herkunft stolz zu sein.“

Auch Marijana hat in ihrer Jugend Anschluss zu ihren Landsleuten gesucht, weil sie sich verloren fühlte. Sie hat versucht, auf der Balkanstraße ihr Heimweh nach Bosnien zu lindern. „Wenn man dann reifer wird und etwas im Leben erreicht hat, ist man auf sich stolz und nicht in erster Linie auf sein Land.“

Coole Schwabos 
Für die Freundinnen Mateja (20) und Jelena (21) ist die Balkanstraße auch kein unbekanntes Terrain. Während ihrer Schulzeit wurde jedes Wochenende in einem Balkanklub gefeiert. „Wir kannten nichts anderes, und die Schwabos sind eh Langweiler, die nie so abfeiern können, wie unsere Leute“, dachten sich die Mädchen. Geändert hat sich ihre Einstellung allerdings auf der Maturareise, wo sie zusammen mit anderen Wiener Maturanten nächtelang feierten. „Keine Schlägereien, keine blöden Anmachsprüche. Die Leute waren einfach gut drauf“, so Mateja.  Wieder zurück in Wien, zog es die zwei Freundinnen in die österreichischen Clubs, wo sie das dezente Flirtverhalten der Schwabos zu schätzen wussten.

Die schlechteste Anmache der Welt
Anders auf der Balkanstraße: „Dort wirst du entweder gar nicht angesprochen, weil sich die Jungs nicht trauen. Oder sie machen dich an wie kleine Buben: und ein Bursch schubst seinen Kumpel in Richtung Mädls und wartet grinsend auf die Reaktion.“ Auf die Balkanstraße gehen die zwei Freundinnen nur mehr, wenn alte Balkanfreunde Geburtstag feiern.

Neue Balkanstraße?

Der Balkanstraße den Rücken zu kehren, heißt aber nicht, nur noch in Schwabo-Lokalen abhängen zu müssen – der Saturday-Night-Balkan liegt nicht nur zwischen Ottakringer Straße und Hernalser Gürtel.  In der ganzen Stadt verteilt, gibt es kleine Cafés und Clubs, in denen auch Abtrünnige der Balkanstraße ein neues Nachtasyl gefunden haben. „Balkanstraße NO“ heißt nicht „NO Balkan“.
 Selma (22) und Suzana (20) zum Beispiel gehen lieber auf die Märzstraße ins Cream. Das Publikum ist aus der Pubertät raus und statt Turbofolk gibt es die Clubcharts. Davor gehen sie ins San Marco einen Kaffee trinken. Sogar Miloš hängt hier und da auf der Märzstraße ab. Ob da eine neue Balkanstraße entsteht?

Info für Outsider: 
Balkanstraße = beliebte Partymeile der Balkandiaspora in Wien, die offiziell Ottakringerstraße heißt, sich vom Hernalser Gürtel stadtauswärts erstreckt und zahlreiche Balkanlokale beheimatet.

Text: Ivana Martinović
Fotos: René Wallentin

 

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Kommentare

 

"[...] stehen immer unter Druck, perfekt auszusehen [...]" - Wie bitte? Die Leute auf den Fotos zählen wohl zu den schirchsten Geschöpfen, die ich jemals gesehen habe

 

wie auch immer, ist halt geschmackssache. wette da steckt viel arbeit dahinter, vor allem mit der pinzette ;)

 

haha

 

Du sagst es. Wenn ich doch bloß fremdschämen abstellen könnte. Es ist untererträglich! xD sorry unerträglich wollte ich sagen :)

 

 

Ich bin auch jung und schau halt das ich ned schhirch ausseh ( :D ) , aber ich gehe NICHT gern auf die BalkanStraße weil die Leute die sich dort rumtreiben echt einem den Spaß verderben weil es gleich mal darum geht, wie du aussiehst, und was du trägst. Sind wir etwa im CLubCouture wo sie dir wegen deiner Kleidung sagen "Ey du kummst ned rein" ? Da lad ich lieder meine Freunde auf einen leiwanden Abend bei mir Zuhause ein, wo wir Magarac und Remy spielen. Balkan ist, wo DU bist. ;D

 

wie wärs wenn ihr euch als vergleich dazu mal meinungen aus anderen bundesländern zu ihren "balkanstraßen" anhört?

 

narodna ist nicht gleich turbofolk!

 

 

ICH war und BIN immer Glücklich dort. Ob in hohen Hacken oder in Sneakers. Ob „Graceland“ oder „Roger Vivier“. Ich habe meinen Spaß und bin immer gern gesehen. Weil ich mich von MEINER besten Seite zeige und nicht von der Seite die andere mir zuzuweisen versuchen.

 

Und ich bin nicht nur einmal dort aufgekreuzt und befand mich plötzlich in einer Masse von Jogginghosen die in Socken gestopft werden die wiederum in nicht zugeschnürten abgefackten Schuhen steckten und zwar von Menschen die nicht wissen wie man eine Kappe richtig aufsetzt.

 

ICH soll mich aufmotzen für so einen Kerl der „uuua gajl“ ein „Qutiescherl“ hinlegt, mit 120 Sachen auf der Ottakringerstraße um die Kurve donnert, einen Fußgänger knapp verfehlt, ein geparktes Auto rammt und beim Versuch einem entgegenkommenden Auto auszuweichen direkt mit seiner, von Daddy spendierten, Höllenmaschine, voll besetzt mit seinen Freunden, gegen einen voll begangenen Bordstein knallt und dessen Diesel-Uhr nur mehr dazu dient dem Polizisten dann erklären zu können um welche Uhrzeit sich das alles zugetragen hat? – Na das nenn ich mal einen Mann für den es sich lohnt sich in Schale zu werfen…

 

Es gibt aber noch Locations auf der Ottakringer Straße wo dir nicht erst auf die Schuhe gesehen wird wenn du rein kommst. Wo du mit „dobra vecer“ begrüßt wirst egal ob du den selbstgestrickten Schal von Omi trägst und die Getränke kosten jeden das selbe. Wo der Dj dich nicht einfach mit einer flüchtigen Handbewegung davon scheucht weil er glaubt er wäre Gott.

Für die lohnt sich der Weg dann sogar noch auf die Ottakringer Straße.

Nein, ich denke nicht, dass die Ottakringer Straße in die Jahre gekommen ist. Man ist nicht was man trägt!

 

Mädels wenn ihr euch unter Druck gesetzt fühlt weil die Jungs euch hübsch angezogen sehen wollen, dann schlaft doch einfach mit ihnen, dafür braucht ihr nämlich GARNICHTS zu tragen, und ihr habt es viel leichter „Mr_Desquaret_01“ und „xXwhatUwantXx“ glücklich zu machen… 

 

Josy,

 

super Comment, solltest öfters hier deinen Senf dazu geben!;)

 

Danke, ich hab mich speziell nur für diesen Beitrag hier registriert um das zu schreiben :)

 

Aber sollte mir nochmal was vor die Augen kommen wobei ich mit reden kann, kannst Du auf meinen Senf gespannt sein ;)

 

 

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