Beauties mit Biss

08. März 2012

Auf den Wiener Laufstegen sind Models aus Osteuropa den „Austria‘s next Topmodels“ längst eine Beinlänge voraus.

Was ist ihr Geheimnis?

 

„Ich hab Schuhgrösse 38. Die Designer lieben das“, sagt Mischka, die mit bürgerlichem Namen Michaela Tirjakova heißt und aus der Slowakei stammt. Die Rothaarige mit den strahlend blauen Augen und der Porzellanhaut ist nicht nur wegen ihrer kleinen Füße ein top gebuchtes Model. Sie bringt von Natur aus mit, was Modeschöpfer wollen: Groß gewachsen, schmal, helle Haut, feine Gelenke. Sie besitzt das klassisch kaukasische Puppengesicht und ist damit bei Agenten, Designern und Fotografen heiß begehrt. „Osteuopäerinnen sind genetisch schöner“, sagt Roberta Manganelli, die Agenturchefin von Stella Models. „Österreicherinnen fehlt das gewisse Etwas und das besondere Gesicht“, sagt eine andere Agentin. Außerdem seien sie meist schwerer.

Einen Hüftumfang von unter 90 Zentimetern ist ein Muss am Laufsteg, für Austro-Models ist das aber oft nur unter Qualen erreichbar.

 

Kaukasisch schöner

 

„In Wien ist es schwer, gute Mädchen zu casten. In Tschechien und Polen gibt es viel mehr gefragte Model-Typen – mit heller Haut und diesem gewissen Etwas.“

Maja Ritter, Leiterin des Wiener Büros von „PH Models“, beschreibt einen Trend, der im Modelbusiness schon länger zu beobachten ist: Auf den Wiener Laufstegen heißen die next Topmodels nicht Hinteregger, Strobl oder Meier, sondern Kovalski, Svoboda, Džanović oder Pirjakova. Das schlägt sich auch in Zahlen nieder: Von den rund 600 aktiven Models in Wien stammt bereits jede Vierte aus Osteuropa. Sie sind heiß begehrt, weil sie als motivierter, härter und schöner gelten als die österreichische Konkurrenz. Selbst die strenge Jurorin der TV-Show „Austria‘s next Topmodel“, Elvyra Geyer, meint im biber-Interview (rechts) über die Ost-Models: „Man arbeitet oftmals leichter mit ihnen.“

 

Zäher und härter

 

Doch Schönheit ist nicht alles, das gilt sogar im Model- Business. Die osteuropäischen Mädchen zeichnen sich nicht nur durch hohe Wangenknochen und natürliche Eleganz aus. Sie haben den Biss fürs Biz‘. Mischka erzählt: „Als Model musst du in jeder Sekunde tip-top aussehen. Du solltest immer pünktlich, immer freundlich und niemals  hochnäsig sein.“ Eine Modefotografin meint: „Mädchen aus dem Osten sind einfach motivierter. Und sie jammern nicht. Sie stehen um drei Uhr in der Früh auf, fahren über die Grenze nach Wien und bewegen sich, selbst wenn sie völlig unausgeschlafen sind, noch grazil und konzentriert vor der Kamera. Beim österreichischen Mädchen heißt es als Erstes: Wie lang geht’s heut‘?“ Das erinnert an so manche Episode aus „Austria’s next Topmodel“.

Die Models aus der Slowakei, Tschechien oder Polen kommen meist aus ärmeren Verhältnissen als ihre österreichischen Kolleginnen. „Wenn du an einem Tag mehr verdienen kannst, als dein Vater in einem Monat, dann bist du motivierter“, erklärt Roberta Manganelli. „Die Mädchen sehen, dass bei ihnen zu Hause junge Leute trotz eines Schulabschlusses kaum Jobs finden. Sie schauen also in den Spiegel und wenn sie groß sind, gute Haut, große Augen und schöne Haare haben, dann versuchen sie es.“ Den Österreicherinnen geht’s oft weniger ums Geld.

Sie wollen einfach sagen können: „Ich bin Model.“ Doch weil die Ernsthaftigkeit an der Sache fehlt, leidet der Ehrgeiz. Das merken Booker und Fotografen.

 

Model-WG im Hinterhof

 

Mischka wurde mit 18 während eines Hostess-Jobs entdeckt.

Dann ging alles rasant: Schnell war sie in Wien ein gefragtes Model, reiste ins Ausland, lächelte von Covers und gewann sogar eine große Kaffee-Kampagne. „Mein Blick auf einem einzigen Foto hat mir Nespresso gebracht“, erzählt sie. „Da brauchte ich im Grunde ein Jahr nicht zu arbeiten.“ Von Ausruhen ist bei ihr aber auch weiterhin keine Rede. Sie fährt für jeden Job und jedes Casting mit dem Zug von Bratislava nach Wien, durchschnittlich drei Mal die Woche. Wenn es spät wird, übernachtet sie bei Freunden. Damit habe sie aber noch Glück, sagt sie – im Gegensatz zu den Tschechinnen, Kroatinnen oder Polinnen. Diese Mädchen müssen mehrere Tage in Wien bleiben und ihre Diäten und Unterkünfte selbst zahlen. Zwar sind die Agenturen verpflichtet, Apartments bereitzustellen, aber so schmuck und schick wie im Fernsehen sind diese längst nicht. Die Model-WGs sind in der Realität nicht selten kleine Hinterhofwohnungen.

„Den Mädchen wird nichts geschenkt“, sagt Maja Ritter von PH Models. „Sie fangen finanziell im Minus an.“ Die Agentur legt die Anfangsausgaben zwar vor, aber letztlich müssen die Mädchen alles zurückbezahlen: Reisen, Unterkünfte, Sedcards (Model-Visitenkarte mit Bildern und Maßen).

Das wird von den Einnahmen abgezogen. Dazu kommen noch „Berufskosten“ wie Frisör, High Heels und schickes Gewand. „ Es muss alles pico-bello sein, wenn du zum Casting gehst. Von den Schuhen bis zur Handtasche“, erzählt Mischka.

 

Magere Honorare

 

Am Anfang verdienen die meisten Mädchen kaum. „Das ist wie in jedem anderen Beruf. Man studiert und investiert damit in seine berufliche Zukunft“, erklärt Kosmas Pavlos von der Agentur Wiener Models. Daher schicken Agenturen ihre Mädchen auch zu unbezahlten Jobs. Schließlich gilt das „Buch“ als Bibel eines jeden Models. Nur wer tolle Fotos vorzeigen kann, hat Chancen auf die große Modelkarriere. Die Branche weiß das zu nutzen: Für Fotostrecken in Magazinen wie Woman oder Wienerin gibt es oft nicht mehr als 300 Euro, erzählen Insider. Für ein Cover soll selbst die Vogue nicht mehr als 150 Euro springen lassen. Neben diesen „mageren“ Jobs, die noch dazu etwas Besonderes sind – nur wenige haben das Glück, solche Shootings zu ergattern –, machen die Mädchen laufend freie Shootings mit Fotografen. Ein Win-Win-Deal: Der Fotograf kriegt ein tolles „Face“ vor die Linse, sie ein tolles Bild für ihr Buch. Bei Laufsteg-Jobs ist das Konzept ähnlich: Gagen zwischen 120–250 Euro pro Tag sind die Regel, manchmal ist nicht mehr als ein Gutschein vom Designer drin. Kein Wunder, dass so manche Österreicherin, die das Ganze finanziell nicht nötig hat, auf den Job pfeift.

 

Und dann Mailand

 

Die große Kohle wartet erst im Ausland, mit Gagen ab 10.000 Euro aufwärts. In den Mode-Metropolen wie Paris oder Mailand weht der richtig raue Wind. Die Konkurrenz ist größer und meist jünger, man kämpft mit härteren Waffen:

Da legen sich Models in die Badewanne, um ihre „hunger-pains“ (Hungerkrämpfe) zu überstehen, beim täglichen Casting-Marathon droht der Rauswurf a la „zu dick, zu klein,zu blass – auf Wiedersehen“. Das geht an die psychische Belastungsgrenze.

Hier macht sich das dicke Fell und die Ausdauer der Tirjakovas & Co. bezahlt. Und nicht zuletzt haben sie auch einfach Spaß an ihrem Beruf. „Als Model bist du wie ein Kunstwerk – und das macht süchtig“, strahlt Mischka.

 

"Sie sind motivierter"

Elvyra Geyer ist als Catwalk-Coach, Trainerin und Jurorin bei der Puls-4-Show „Austria‘s next Topmodel“ bekannt. Sie hat früher selbst gemodelt und weiß, dass ein Fernsehauftritt noch lange kein Top-Model macht. biber traf sie zum exklusiven Interview. 

 

Unterwegs mit den Models

biber wollte wissen, wie glamourös das Modelleben wirklich ist und begleitete zwei Models aus Polen einen Tag auf ihrer Vorstellungstour quer durch Wien. In unserem Fotoblog kannst du diesen Tag miterleben. 

Von Delna Antia und Philipp Tomsich (Foto)

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Kommentare

 

"Osteuopäerinnen sind genetisch schöner. Österreicherinnen fehlt das gewisse Etwas und das besondere Gesicht“.

 

Wie könnt ihr so einen rassistischen Scheiß unkommentiert abdrucken? Ist euch nicht klar, wie viele eurer Leserinnen ihr da beleidigt? Sarrazins These von den genetisch dümmeren Moslems würdet ihr ja wohl auch nicht unkommentiert übernehmen. *kopfschüttel*

 

Hi Dieter! Dass osteuropäische Models äußerst gefragt sind im Model-Biz, ist laut Brancheninsidern nicht nur in Wien, sondern auf der ganzen Welt so. Der Grund, so der allgemeine Experten-Tenor: Groß, schön, ehrgeizig. Biber berichtet, was in in der Branche als Trend behandelt wird. Ein Kommentar, ob dass der poltischen Korrektheit bzw. der "Wahrheit" entspricht, ist wiederum ein anderes Thema! Und mal Hand aufs Herz, wenn es zum Modelberuf dazugehört, bestimmte Kriterien zu erfüllen - wie den "kaukasischen" Look, dann darf man das nicht persönlich nehmen.  Hier geht es um ein TRend-Phänomen, von dem biber als Magazin berichtet - ohne zu kommentieren, ob das nun gerechtfertigt ist, oder nicht. 

 

Ich finde, gerade Artikel über so etwas subjektives wie Schönheit können bzw. sollen ruhig auch etwas kritisch sein! In einer Gesellschaft, in der Menschen permanent unter Druck stehen, einem bestimmten Schönheitsideal zu entsprechen, sollte man das nicht unreflektiert übernehmen. Wenn du - wie in deinem Posting - die Subjektivität von Schönheitsidealen zumindest erwähnt hättest, würde der Artikel ganz anders rüberkommen. So bleibt die Message: "Osteuropäerinnen sind die schöneren Menschen." Punkt.
Die Beurteilung bestimmter Menschentypen anhand ihrer vermeintlichen "Gene" ist verdammt gefährlich und wird nach wie vor für rassistische Vorurteile instrumentalisiert. Ich nehme an, einigen eurer Mitarbeiter_innen wird Ausgrenzung anhand des Aussehens nicht fremd sein - ihr könntet mit diesem Thema also ruhig etwas sensibler umgehen.

 

Abgesehen von dem ganzen unhinterfragten Runterratschen sexistischer, kapitalistisch geprägter Normen, gepaart mit haarsträubendem Biologismus, was ja glücklicherweise von anderen schon kommentiert wurde, lässt mir auch noch sauer aufstoßen, dass auch nicht tiefer auf das "motvierter" eingegangen wird.

 

Es wird geschrieben:

"„Mädchen aus dem Osten sind einfach motivierter. Und sie jammern nicht. Sie stehen um drei Uhr in der Früh auf, fahren über die Grenze nach Wien und bewegen sich, selbst wenn sie völlig unausgeschlafen sind, noch grazil und konzentriert vor der Kamera. Beim österreichischen Mädchen heißt es als Erstes: Wie lang geht’s heut‘?“ "

 

Das bedeutet doch eigentlich, dass junge Frauen aus Osteuropa oft noch willenloser allen Blödsinn mitmachen, den man ihnen vorschreibt. Warum? Weil sie wahrscheinlich als Frauen aus sozial schlechter gestellteren Regionen noch mehr um das Existenzminimum bangen müssen. Und das ist so fucking traurig. Ist doch wunderbar, dass das bisschen mehr Wohlstand, das Frauen in Österreich noch haben, ihnen die Freiheit gibt, auch mal "Nein, für heute keinen Bock mehr auf Sexismusschablone-sein" zu sagen.

 

Will biber mit diesem unglaublich flachen Artikel provozieren? Ich hoffe, dass das ein gewagter Ansatz war, eine Diskussion über die Ausbeutung von Frauen aus der ehemaligen Sowjetunion im Westen anzuregen und nicht alles von der Redaktion so als Tatsache betrachtet wird, wie es da steht.

 

Abgesehen von dem ganzen unhinterfragten Runterratschen sexistischer, kapitalistisch geprägter Normen, gepaart mit haarsträubendem Biologismus, was ja glücklicherweise von anderen schon kommentiert wurde, lässt mir auch noch sauer aufstoßen, dass auch nicht tiefer auf das "motvierter" eingegangen wird.

 

Es wird geschrieben:

"„Mädchen aus dem Osten sind einfach motivierter. Und sie jammern nicht. Sie stehen um drei Uhr in der Früh auf, fahren über die Grenze nach Wien und bewegen sich, selbst wenn sie völlig unausgeschlafen sind, noch grazil und konzentriert vor der Kamera. Beim österreichischen Mädchen heißt es als Erstes: Wie lang geht’s heut‘?“ "

 

Das bedeutet doch eigentlich, dass junge Frauen aus Osteuropa oft noch willenloser allen Blödsinn mitmachen, den man ihnen vorschreibt. Warum? Weil sie wahrscheinlich als Frauen aus sozial schlechter gestellteren Regionen noch mehr um das Existenzminimum bangen müssen. Und das ist so fucking traurig. Ist doch wunderbar, dass das bisschen mehr Wohlstand, das Frauen in Österreich noch haben, ihnen die Freiheit gibt, auch mal "Nein, für heute keinen Bock mehr auf Sexismusschablone-sein" zu sagen.

 

Will biber mit diesem unglaublich flachen Artikel provozieren? Ich hoffe, dass das ein gewagter Ansatz war, eine Diskussion über die Ausbeutung von Frauen aus der ehemaligen Sowjetunion im Westen anzuregen und nicht alles von der Redaktion so als Tatsache betrachtet wird, wie es da steht.

 

word!

 

Wo is jetz biber? Was heißt das? Statements bitte!

 

Hi Antonia! Wenn das Phänomen "Hype auf osteuropäische Models in Wien" unter die Lupe genommen wird, dann wollte biber wissen: Warum ist das so? Eben: Was ist ihr Geheimnis? Antwort der Branche: Weil sie schön sind und Biss haben - also weil sie "besser" im Job sind und härter an sich arbeiten. Dass ihre Motivation aus anderen Existenzhintergründen herrührt, schreiben wir, ebenso wie dass sich die Branche angesichts der mageren Honorare den Willen der Mädchen zu Nutzen macht. Ob aber nun der Modelberuf an sich "Blödsinn" ist, gut oder schlecht und die Mädchen nur als "Sexismusschablone" dienen, ist eine andere Sache und anderes Thema.

 

Ich kann auch nicht über "Umweltschutz im Nationalsozialismus" schreiben, ohne etwas von Genozid zu erwähnen, oder?

 

Finde ich auch.

 

Ich gebe Dieter und Antonia Recht. Wer "kaukasisch schöner" schreibt und das auf die Gene zurück führt, könnte genauso "arisch intelligenter" schreiben. Biologisch die "Besserartigkeit" einer Bevölkerungsgruppe zu erklären, ist immer gefährlich. Auch wenn das nicht der Meinung der Autorin entspricht, sollte das nicht so unreflektiert da stehen. 

 

Ich finde diesen Artikel auch total bedenklich, weil er für mich sowohl rassistische als auch sexistische Inhalte enthält.

 

Und wie schon gesagt: ich würde mir wünschen, bei euch gute Vorbilder für MigrantInnen zu finden.

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