Der politisch-wirtschaftliche Faktor "Migrant"

10. Dezember 2010

Wer sind sie, diese "neuen Österreicher"? Sie machen ungefähr 17 Prozent der Bevölkerung aus und sind im Volksmund besser bekannt als: "die Migranten". Aber was wissen Politik und Wirtschaft wirklich über sie? Eine Frage der ethnOpinion nachgegangen ist.

 

Bild: (v.li.) Marina Delcheva (das Biber), Jürgen Gangoly (PR-Agentur The Skills Group), Christina Matzka (Studienleitern "EthnoMix")

Das, von biber mitgegründete Meinungsforschungsinstitut für Migranten-Umfragen, hat sich auf Studien  und Umfragen zu den verschiedenen Communities spezialisiert. es handelt sich dabei nicht um Integrationsfragen, sondern vielmehr um den wirtschaftlich-politischen Faktor "Migrant".Jürgen Gangoly, der Initiator von ethnOpinion, sieht in den verschiedenen Communities großes wirtschaftliches potenzial, dass momentan von den entsprechenden Institutionen nicht ausreichend ernst genommen wird. auch die "politische Diskussion ist von Vorurteilen geprägt und die Migranten werden oft in einen Topf geworfen". das dies nicht den Tatsachen entspricht, zeigt die erste veröffentlichte Ethnomix- Studie, in der deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ethnien klar erkennbar sind. etwa beim Bildungsstand, hier ist die türkische Community letzter im Ranking der Migrantengruppen. 99 Prozent der Bosnier geben an, dass die familie "sehr wichtig" ist, im Vergleich sind es bei den Serben um 12 Prozent weniger. Diese Differenzen zeigen eine unterschiedliche Wahrnehmung in Bezug auf den eigenen Lebensbereich.

Das spielt in weiterer Folge eine Rolle für verschiedenste Unternehmen, wie etwa Mobilfunkanbieter, die sich gezielt auf bestimmte Gruppen konzentriert haben. ein beispiel dafür wäre "bob Balkan" oder "bob Türkei". hier wird ethnoMarketing wirtschaftlich erfolgreich umgesetzt. in diesem Zusammenhang steigt die Nachfrage nach qualifizierten Informationen. EthnOpinion versucht dem nachzukommen und die Migranten "für Wirtschaft und Politik sichtbar und hörbar zu machen", sagt Gangoly.

Obwohl inhaltlich die integrative Funktion bei dieser Studie im Hintergrund steht, wird dennoch kurz auf die Frage "Integrationsprobleme" eingegangen. Überraschend vielleicht, dass 23 Prozent der neuen Österreicher ein Selbstverschulden angeben und sogar 50 Prozent eine Mitschuld. ein höherer Wert als das Verschulden der österreicher (mit insgesamt 47 Prozent), geben Migranten an.

fazit: die neuen, wie die alten Österreicher sind "schuld" an Integrationsproblemen. eh schon wissen.

aber viel wichtiger: die "neuen Österreicher" als potente Kunden-Zielgruppe neuentdeckt! weg von DEN Migranten.

Kommentare

 

Mehr Zufriedenheit mit Parteien

Migranten sind laut einer Umfrage des neu gegründeten Markt- und Meinungsforschungsinstituts EthnOpinion.net etwas mehr an der heimischen Politik interessiert als Österreicher ohne Migrationshintergrund. 37 Prozent von ihnen interessieren sich „sehr“ für österreichische Innenpolitik.

Etwa 34 Prozent der „alten Österreicher“ (selbst und beide Eltern in Österreich geboren) interessieren sich der Umfrage zufolge „sehr“ für die österreichische Innenpolitik, 42 Prozent „eher“. Bei den „neuen Österreichern“ liegen die Werte bei 37 bzw. 44 Prozent. Das Interesse an der heimischen Politik sinke aber in der zweiten Generation und nähere sich an den Wert der „alten Österreicher“ an.
Türken am ehesten zufrieden mit Parteien

Unzufrieden sind beide Gruppen mit den politischen Parteien: 30 Prozent der Österreicher und 21 Prozent der Migranten sagen, dass „eigentlich keine Partei“ ihre Interessen vertritt. Enorme Unterschiede zeigen sich nach Herkunftsländern: Bei den ungarischen Migranten glauben das 43 Prozent, bei den Türken nur drei Prozent.

Den Institutionen wie der Sozialversicherung, dem Bildungssystem und dem Rechtssystem vertrauen die „neuen Österreicher“ mehr als die „alten“, nur bei der Polizei ist es umgekehrt. Studienleiterin Christina Matzka meinte, das könne u. a. auf negative Erfahrungen zurückzuführen sein. Der Regierung bringen übrigens nur 36 Prozent der „neuen“ und 23 Prozent der „alten Österreicher“ Vertrauen entgegen.
Wer ist für mangelnde Integration verantwortlich?

Zum Thema Integration sind 44 Prozent der Österreicher und 47 Prozent der Migranten der Meinung, die heimische Bevölkerung erschwere die Integration. Die Migranten suchten die Schuld aber auch bei sich, betonte Marina Delcheva von der Zeitung „biber“, die ebenfalls an dem Projekt beteiligt ist. Der Aussage, dass Migranten selbst die Integration erschweren, stimmten immerhin 81 Prozent der „alten“ und 73 Prozent der „neuen Österreicher“ sehr oder etwas zu. Weniger Schuld wird Politik und Gesetzgebung zugewiesen: Hier liegen die Werte bei 34 Prozent (Österreicher) und 45 Prozent (Migranten).

Ein Viertel der „alten Österreicher“ meint übrigens, dass sich das Zusammenleben zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in den vergangenen Jahren verbessert hat, 44 Prozent, dass es sich verschlechtert hat. Bei den „neuen Österreichern“ sehen 35 Prozent eine Verbesserung und 30 Prozent eine Verschlechterung. An eine Verbesserung in den nächsten zwei bis drei Jahren glauben 28 Prozent der Österreicher und 40 Prozent der Migranten.
Folgeumfragen geplant

Die Onlineumfrage „EthnoMix“ wurde im Herbst durchgeführt, befragt wurden 1.000 Österreicher, laut Matzka repräsentativ für die Bevölkerung von 14 bis 70 Jahren. Weiters wurden 527 Personen mit Migrationshintergrund befragt, dabei wurde unterschieden zwischen erster Generation (eigener Geburtsort und Geburtsort beider Eltern im Ausland) und zweiter Generation (eigener Geburtsort in Österreich und Geburtsort beider Eltern im Ausland).

EthnOpinion.at wurde von „biber“, dem Onlinemarktforschungsinstitut meinungsraum.at und der Kommunikationsagentur The Skills Group gegründet. Man wolle damit Migranten für Wirtschaft und Politik „sichtbar und hörbar“ machen, denn bisher gebe es kaum entsprechende Daten, erläuterte Jürgen Gangoly von Skills Group. „EthnoMix“-Umfragen soll es künftig vierteljährlich geben.

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