Familie Mohammed aus Syrien erzählt über ihre Flucht und Ankunft in Österreich

07. Oktober 2014

Wie ist es mit einer 6-köpfigen Familie vor Bomben zu flüchten? Wie schmeckt euch die Wiener Küche? Und was sind eure Ziele und Wünsche nachdem ihr alles im Krieg in Syrien verloren habt? Das und viel mehr fragen wir die Familie Mohammed aus Daraa, der Stadt in dem die syrische Revolution began.

 

Vater Abdullah Mohammed, 33, mit seinen 5 Kindern

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wieso seit ihr aus Syrien geflohen?
Ich habe relativ früh an den Demonstrationen gegen das syrische Regime teilgenommen und bin relativ schnell ins Visier der Geheimdienste geraten, die mich gesucht haben und mein Viertel nieder gebombt haben. 24 Stunden unter Bomben- und Granatenbeschuss bringt dich an die Grenze deines Verstandes.

Wie verlief die Flucht?
Ich bin erstmal alleine nach Jordanien geflüchtet, habe dort eine Wohnung organisiert und meine Frau und Kinder nachgeholt. Das Gefühl meine Familie gesund und munter nach 5 Monaten wieder zu sehen, war ein unbeschreibliches Gefühl. Anschließend versuchten wir uns in Jordanien von unserem Erspartem durchzuboxen, was nach ca. 6 Monaten nicht mehr geland, da das Geld alle war. Das Rote Kreuz half uns und bat uns an nach Österreich umzuziehen.

Wie verlief der erste Tag in Österreich ab?
Zu aller erst wurden wir nach Traiskirchen gebracht, wo der erste Tag nur daraus bestand Papierkram zu erledigen und ein wenig zu essen. Aber dieses österreichische Essen sieht komisch aus und schmeckt auch so, welches uns veranlasste schnell zum Supermarkt zu rennen und Brot, Tomaten und Käse zu kaufen, da das Dinge sind die wir kennen und auch essen.

Wie verlief die weitere Prozedur?
Nach 15 Tagen wurden wir nach Villach in Kärnten gebracht. Kärnten ist echt eine richtig schöne Gegend. Nach weiteren 3 Monaten fand uns ein Freund eine Wohnung im 9.Bezirk in Wien, die wir direkt nahmen. Es wurde kein Vertrag unterschrieben und er wollte die Miete für 4 Monate im voraus haben, was mir schon komisch vorkam. Nach genau 15 Tagen schmiss uns der eigentliche Eigentümer der Wohnung raus, der komplett geschockt war, das er neue Mieter hatte, ohne etwas davon zu wissen. Der sogenannte Freund verschwand mit dem Geld, welches mein letztes war was ich noch bei Seite gelegt hatte und wir mussten den Diakonie Flüchtlingsdienst um Hilfe bitten, die uns eine Wohnung organisierte.

Was wusstet ihr über Österreich bevor ihr herkamt?
Wir wussten nichts, außer ein Lied einer sehr berühmten arabischen Sängerin "Asmahan" die sang "Layali el unsi fi Vienna". Man kennt Deutschland, die USA, Australien, aber von Österreich haben wir nichts gewusst. Wir haben uns im Internet informiert und uns sehr darüber gefreut, dass es in Österreich die Religionsfreiheit gibt und wir ein normales Leben als Muslime führen können.

Wir gefällt euch Österreich und wie läufts mit dem Deutsch?
Österreich ist ein extrem schönes Land. Villach, Salzburg und Wien zählen zu unseren Lieblingsstädten. Die Berge faszinieren uns immer wieder, wenn wir von und nach Villach gefahren sind. Das Wetter ist bis jetzt immer schön gewesen und wir freuen uns schon auf den Winter, da in Syrien Schnee eine Seltenheit war.
Das Einzige was ich in Österreich nicht so mag ist das undefinierbare Essen, welches nicht das ist, was ich von zu Hause kenne. Wir haben heute unseren ersten Deutschkurs gehabt und haben gelernt wie man sich begrüsst und verabschiedet, sowie wie man nach dem Alter fragt. Doch einige grammatikalische Dinge, sowie Wörter, haben wir dank Youtube in Jordanien schon erlernen können.
(Anmerkung: Die Kinder fangen direkt an alles auf Deutsch aufzusagen, was sie gelernt haben, wie z.B.: Das Zählen bis 30, "Ene mene Muh und raus bist du" singen, sowie ein paar einfache Wörter)

Habt ihr Freundschaften zu Österreichern schon schließen können?
Nicht wirklich, denn ohne Sprache hast du es schwer dich zu verständigen und Freundschaften zu knüpfen.

Hast du noch Verwandte und Freunde in Syrien?
Meine Geschwister sind in Kuwait, Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten untergebracht, wobei aber meine Eltern, Tanten und Onkel alle noch in Syrien sind. Meistens telefoniere ich über Viber mit Ihnen. Al Hamdullah (Gott sei Dank) geht es Ihnen allen noch gut.

Was wünscht ihr euch für die Zukunft in Syrien?
Die Frage ist, was wünschen wir uns nicht?
Ich (Vater Abdullah) wünsche mir Sicherheit und Freiheit und das dass Regime, die ISIS und der Al-Kaida Ableger "Jabhat Al Nusra" aus meinem Land für immer verschwinden, doch diese Hoffnung habe ich verloren. Es wird, denke ich, nie so werden, wie es mal war.

Wie sieht deine Zukunftsplanung aus?
Die Sprache!
"Ohne Sprache bist du wie ein Blinder", anschließend möchte ich einen Job, doch das aller Wichtigste ist die Bildung meiner Kinder. Ich will das sie es besser haben als wir in Syrien.

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