Gedenkort für Roma: Sobotka kündigt Unterstützung an

17. April 2022

Laut offiziellen Zahlen waren es über 500.000 Menschen aus der Roma-Community, die der NS-Verfolgung zum Opfer fielen – bisher gibt es jedoch keinen Gedenkort in Wien, der an sie erinnert. Dies könnte sich jetzt dank eines 15-seitigen Positionspapiers der Rom*nja und Sinti*zze ändern. Darin zeigen sich alle Selbstorganisationen und Aktivist*innen einig in ihrer Forderung nach einem Gedenkort.


Zustimmung aus der Politik

 

Am 8. April 2022 wurde im Parlament die offizielle Roma-, Hymne „Djelem, Djelem“ gespielt, nachdem Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), das Positionspapier von Emmerich Gärtner Horvath (Beiratsvorsitzenden der Volksgruppe der Roma) überreicht bekam. Sobotka signalisierte seine Unterstützung: „Das Positionspapier ist sehr weitreichend und macht uns klar, dass die Roma und Sinti einen lebendigen Ort des Gedenkens möchten, an den auch ein Dokumentationszentrum anschließt … und dafür werden wir das Geld sicher auftreiben.“

 

Sobotka,Parlament,Roma
NationalratspräsidentWolfgang Sobotka (ÖVP) bei seiner Rede anlässlich des Welt Roma-Tages © Parlamentsdirektion / Johannes Zinner

 

Bereits einen Tag zuvor hatten die Parlaments-Klubs der Grünen und der ÖVP die Rom*nja und Sinti*zze zu einem feierlichen Akt des politischen Dialogs in der Hofburg geladen. Olga Voglauer (Sprecherin für Volksgruppen und Gedenkkultur der Grünen) sprach zu diesem Anlass klare Worte: „Ziel muss es sein, den Opfern des Porajmos ein Stück weit ihre Würde zurückzugeben und einen inklusiven Ort für eine würdige Gedenkkultur im Zentrum von Wien zu schaffen.“

Dies soll schon sehr bald geschehen, wenn es nach der Nationalratsabgeordneten der Grünen, Eva Blimlinger geht, die ebenfalls beim Dialog in der Hofburg sprach: “Mein Herzenswunsch wäre es, wenn wir am nächsten internationalen Roma-Tag, am 8. April 2023, bereits eine Gedenkstätte hätten.“

Internationaler Romatag, Grüner Parlamentsklub
Die Vertreter der Community bei der übergabe des Positionspapiers an Olga Voglauer und Eva Blimlinger. Foto © Grüner Parlamentsklub

 

Die Stimmen der Rom*nja und Sinti*zze 

Das Dokument ist bereits jetzt historisch – nicht nur in seiner starken Wirkung auf die Politik, sondern auch deshalb, wie es entstanden ist: Das Positionspapier vereint alle Vertreter*innen der Rom*nja und Sinti*zze Communities - autochtohne wie migrantische, in ihrer Forderung nach einem Gedenkort. Mehr als 15 Organisationen und unzählige engagierte Aktivist*innen haben in dem Papier ihre Gedanken dargelegt: 

 

Sladjana Mirkovic, Präsidentin der Hochschüler*innenschaft österreichischer Romn*ja (HÖR) bezeichnet die Errichtung eines Ortes des Gedenkens für ihre ermordeten Vorfahren als „längst überfällig“. Zaklina Radosavljevic vom Verein Vivaro Rom*nja weist darauf hin, dass Antiziganismus auch heute immer noch zur Tagesordnung gehört: „Die Nicht-Erinnerung ist eine zweite Verfolgung, es nimmt unseren Menschen ein weiteres Mal ihr Menschsein. Den Opfern des Porajmos zu gedenken, braucht nicht nur ein Denkmal, sondern auch ein Mahnmal.“ 

 

Roma Community
Die Roma Community bei der übergabe des Positionspapiers an die Politik (Foto: © Grüner Klub im Parlament)

 

Ausgangspunkt für diese starke Zusammenarbeit war ursprünglich eine Arbeitsgruppe des von der EU geförderten Interreg-Projekts „Dream Road“. Die Arbeitsgruppe wurde bald erweitert, um die Partizipation aller zivilgesellschaftlich engagierten Akteur*innen zu ermöglichen.

 

Ausblick 

Im Positionspapier werden mehrere zentral gelegene Orte in der Bundeshauptstadt Wien für den Gedenkort vorgeschlagen. Die Gestaltung des Denkmals soll ausgeschrieben werden und von Künstler*innen aus der Roma-Community umgesetzt werden. 

Bevor all dies jedoch beginnen kann, muss die Polititk zuerst das Budget dafür im Parlament beschließen. Dies soll angeblich noch in diesem Jahr geschehen. Erst dann kann mit Sicherheit gesagt werden, ob ein Denkmal gebaut wird, und die österreichische Republik 77 Jahre nach dem nationalsozialistischen Genozid an den Rom*nja und Sinti*zze ein würdiges Gedenken ermöglicht wird. 

 

Die Community wird auf jeden Fall im April weiterhin lautstark für ihre Forderung eintreten: Der Verein Romano Svato lädt vom 21. Bis zum 24. April zum Festival „E Bistarde“ – Vergiss mein nicht ein, dass an mehreren Standorten in Wien stattfindet. Das Thema Gedenken spielt bereits zur Eröffnung am 21. April eine zentrale Rolle: Die Audioinstallation auf der Romawiese in Floridsdorf „ALS ALLE OHREN HÖREN KONNTEN“ besteht aus Kommentaren von Rom*nja und Sinti*zze rund um ihre Verfolgungsgeschichte. Darüber hinaus wird im Programm von Theater, über Performances und Podiumsdiskussion alles geboten, was man braucht, um endlich mehr über die Rom*nja und Sinti*zee zu erfahren. 

 

Ab dem 20. April startet die Initiative gemeinsam-erinnern.info – eine Plattform, auf der Statements von Menschen aus allen Bereichen der Gesellschaft sichtbar gemacht werden, die das Anliegen der Rom*nja und Sinti*zze nach einem würdigen Gedenkort unterstützen. 

 

 

Autor: Boban Ristic (26) - der serbische Wiener absolvierte die biber Akademie und schreibt derzeit als freier Journalist für biber und romblog.net 

 

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