Gedichte gegen Krieg

23. November 2012

Am 22. November wurde die Lyrikerin und Journalistin Adisa Bašić mit dem "Bank Austria Literaris 2012" ausgezeichnet. Das Gedichtband "Ein Werbespot für meine Heimat" (Promotivni spot za moju domovinu, 2011) behandelt den Bosnienkrieg der 90er-Jahre.

In ihren Gedichten beschreibt sie den Lebenswillen einzelner Menschen im Krieg. Bašić ist es wichtiger, die Erinnerung an diese Zeit aufrecht zu erhalten, als zu Verurteilen. Die Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit stehe noch der ganzen Region bevor. "Vielleicht können wir in dieser Hinsicht etwas von Österreich und Deutschland lernen", sagt sie.
Adisa Bašić
"Krieg und oberflächliche Harmonie kommen schnell", sagt Bašić. Mit ihrem Werk verurteilt sie den Trend zur heilen Welt. "Ein teuer produzierter Werbespot über Bosnien zeigt fröhliche Menschen auf Pferden und saftige Wiesen". Als Bosnierin kam ihr das alles seltsam vor. "Wir haben zurzeit noch andere Probleme, wie beispielsweise die zerstörte Infrastruktur und die fehlende Aussöhnung zwischen den Völkern."

Als Jugendliche erlebte Bašić die Belagerung von Sarajevo mit. Später studierte sie "Menschenrechte und Demokratie". "Mein Studium hatte eine therapeutische Wirkung", sagte sie. Dabei traf sie andere Menschen, die den Krieg überlebt hatten. Die vom Westen zugedachte Opferrolle lehnt sie jedoch ab. Sie möchte den Lesern eine andere Perspektive vom Krieg zeigen. "Auch wenn überall die Bomben einschlagen, küssen sich viele Leute weiterhin und bekommen sogar Kinder. Der Lebenswille ist stärker als der Tod", sagt die Autorin.

Bei der Preisverleihung in der Akademie der Wissenschaft las sie ihr Gedicht "Sonnenbad" vor, das sie für eine Jugendfreundin geschrieben hat. Die Übersetzung aus dem Bosnischen stammt von Cornelia Marks:

 

Für Erna

Sonnenbad

 

Unsere Kostüme dieses Sommers

waren vielleicht nicht in,

aber das konnten wir nicht wissen.

 

Die Sonne brannte

und die letzten Tropfen Creme

für das Sonnenbad

pressten wir aus auf unsere

blassen Gesichter.

Auf unseren mageren

milchigen Beine.

 

Es brannte; und lauschst du aufmerksam

ist beinahe zu hören

das Planschen der Kinder

im seichten Wasser.

 

Nur durften wir nicht

hastig aufstehen.

Uns aufrichten.

Das Haupt erheben.

 

Unser geheimer Sandstrand

auf dem Dach des Hochhauses

würde dem Scharfschützen

ins Auge stechen.

 

Des Lebens und der Sonne

freuten wir uns still. Vorsichtig.

Schwach. Und in der Horizontalen.

 

Buchtipp: Ein Werbespot für meine Heimat, Adisa Bašić, Wieser Verlag, EUR 14,80

Bildcredits: © Zoran Lešić

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