Gefährlicher Tourismus

05. April 2013

Gefährlicher Tourismus

Ich bin reisesüchtig und liebe es, Länder und Städte zu bereisen, in denen ich noch nie war. Allerdings gibt es Orte, die ich nur mit Schutzschild besuchen würde, also nie! Gefährliche Orte, an denen mir mein Leben lieber ist, als die Reiselust. Länder, in denen Tourismus zur Lebensgefahr wird. Aufgrund der Medienberichterstattung und der Reisewarnungen vom Au- ßenministerium schreibt sich die No-Go-Liste wie von selbst.

mit dem Fahrrad durch Indien

Ein Schweizer Ehepaar macht eine Tour durch Indien, wird mitten in der Nacht überfallen, die Frau vor den Augen ihres Mannes vergewaltigt. In Kamerun wurde unlängst eine französische Familie mit vier Kindern entführt. Schrecklich! ABSCHRECKEND!
Eine neue Protestwelle wurde in Indien durch den Fall der Schweizerin in der Bevölkerung ausgelöst. Härtere Strafen gegen Vergewaltiger werden verlangt. Die Regierung wird kritisiert, auch deshalb, weil der Innenminister vom Bundesstaat Madhya Pradesh dem Schweizer Ehepaar eine Mitschuld am Vorfall gibt. Verantwortungslos hätten sie gehandelt. Natürlich! Es ist taktlos, einer vergewaltigten Frau die Mitschuld an ihrer Vergewaltigung zu geben. Es ist taktlos, jedem Opfer eines Verbrechens die Mitschuld daran zu geben, was ihm angetan wird. Schließlich hat keiner das Recht, einem die Freiheit zu nehmen, in dieser Welt herumzureisen, wohin man möchte. Und keiner hat das Recht, einem das Leben zu nehmen, oder jemanden zu vergewaltigen – rechtlich gesehen.

Aber bleiben wir realistisch. Manche Orte auf dieser Welt sind scheißgefährlich. Verbrechern, auch durch die Armut geprägt, die Touristen als Beute sehen, ist dieses Recht scheißegal. Auch wenn so ein Fahrradausflug durch Indien total abenteuerlich und spannend ist. In einem Land, wo die meisten Vergewaltigungen nicht einmal gefahndet werden, setze ich mich doch nicht aufs Fahrrad und übernachte in einem Wald. Schlimm genug, dass dort einheimische Frauen dieser Gefahr ausgesetzt sind, sie müssen dort leben, aber ich muss nicht in so ein Land fahren, wo mehrere Vergewaltigungen an der Tagesordnung stehen. Noch weniger komme ich auf die Idee, dort mein Zelt in der freien Natur aufzuschlagen.

Während meiner USA-Tour letzten Sommer bin ich auch in Gegenden geraten, die vor allem
in den Nachtstunden nicht ganz ungefährlich waren. Es wäre mir nicht im Traum eingefallen, gemütlich durch die Gegend spazieren zu gehen, weil’s so spannend ist, einmal die abgefuckte Seite einer Stadt zu erleben. Weil man dort Menschen treffen kann, deren hungrigen Mägen meine Brieftasche lieber ist, als der blühende Tourismus im Land. Klar, ich kann auch in Wien auf die Straße gehen, ausgeraubt, vergewaltigt und getötet werden. Überall gibt es bestialische Menschen, denen das Leben der anderen egal ist. Dennoch gilt es, die Gefahr einzuschätzen. In welchen Ländern kann ein höherer Schutz für Touristen gewährleistet werden? Welche       Maßnahmen müssen wo getroffen werden? Wo verkriecht man sich nachts lieber im Hotelzimmer,

als auf die Straße zu gehen? Den Nationalpark in Kamerun werde ich mit meinen zukünftigen Kindern wahrscheinlich auch nie besuchen und gehe stattdessen lieber ins Disneyland.

 

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Kommentare

 

Nachtrag: 

Diese Kolumne sorgte für Wirbel auf Twitter und Facebook und sorgte für Kritik: 

  • Schuldzuweisung an die Opfer
  • Verallgemeinerung von Ländern als gefährliche Orte und das Schüren von Vorurteilen. 

 

Die Kritik ist berechtigt. Schuldzuweisungen, Verallgemeinerung können aufgrund der Wortwahl herausgelesen werden. 
Diese wurde nicht mit dieser Absicht gewählt, diese Gefühle bei den Lesern hervorzurufen. Der Inhalt der Kolumne hätte sich viel mehr auf meine persönlichen Ängste beziehen sollen, in Länder zu reisen, in denen Verbrechen an Touristen in so einer grausamen Art und Weise verübt wurden, wie an der Frau in Indien. Ja, ich lasse mich durch solche Meldungen abschrecken, in gewisse Länder zu reisen. 

 

Allerdings bin ich dankbar für die Kritik und im nachhinein froh über meine Wortwahl, die zu dieser Kritik führte. 
Das war der Anfang und löste aus, die in mir lange herumgetragenen Wut bzgl. der gescheiterten österreichischen Integrationspolitik niederzuschreiben. 

Bezug auf die Kolumne und über den Ton im österreichischen Journalismus. 
 

 

 

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