Grillsaison - Zeit zum Braten

27. Mai 2010

 

 

 

 

Das große Grillen hat wieder begonnen! Alljährlich startet mit den ersten warmen Tagen für tausende Wienerinnen und Wiener die fünfte Jahreszeit: Die Grillsaison. Ein fettes Stück Fleisch am Rost, ein kühles Blondes in der Linken, die knackige Lauchstange in der Rechten: Mehr braucht der Grillmaniac nicht.

 

Von Aleksandra Klepić, Marina Delcheva und Lucia Bartl (Fotos)

 

Es herrscht Ausnahmezustand rund um die Donau. Zu tausenden scharen sich die großen Sippen auf der Donauinsel und in der Lobau zusammen. Die halbe Esszimmereinrichtung samt Kaffemaschine wird angezarrt, fünfzehn Kilo Schwein, Lamm und ein Würstel-Allerlei werden über großem Feuer gebrutzelt und am Bierchen wird genüsslich genippt.
Den inoffiziellen Start in die Grillsaison läutet der Tag der Arbeit am ersten Mai ein. Diesen begehen sämtliche Exjugoslawen feierlich in Unterleiberl und mit Spießchen in der Hand in der freien Natur auf der Lieblings-Fließdecke. Diese Tradition ist auch der Stadt Wien bekannt, sodass sie für die Ausnahmesituation von über 6000 Grillenden sogar die erlaubten Grillzonen ausweitet.

 

Der Mann und sein Fleisch
Jaja, in der Lobau, da trifft sich das Who-is-Who des Dorfes. Egal aus welchem Winkel Serbiens, Bosniens oder Kroatiens man kommt, bei der Grillerei wird der rote Teppich der Balkan-Community ausgerollt. „Sehen und gesehen werden“ ist das Motto. Etwa von der halben Verwandtschaft und auch der lieben Nachbarschaft, die man sonst so gekonnt meidet. Es ist auch unmöglich, der verfeindeten Cousine nicht über den Weg zu laufen.

Das alljährliche Grillen weckt die Instinkte der Herren der Schöpfung. Tage vorher werden Lammkoteletts, Spießchen, Würstchen und Hühnerschenkeln eingekauft und gebunkert. Die Männer kümmern sich um genau zwei Dinge: Das Fleisch und den Grillplatz. Das heißt, sie fahren bereits am Vorabend los, um einen Platz zum Grillen zu sichern. Dort übernachten sie dann im Freien, und, juhu, fühlen sich wie „echte“ Männer. Nur sie, das Feuer, die Natur, ihre Freunde und drei Kisten Bier. Den Frauen fällt dann die weniger abenteuerliche Aufgabe zu, alles, was man zu den deftigen Fleischbatzen dazu isst (Salat, Gemüse), fein säuberlich herzurichten.

 

 

 

 

 

 

 

In die „Kiehlbox“
Pro Familie braucht man mindestens: zehn Kilo Tomaten, zehn Gurken, mehrere Stangen Jungzwiebel, Sauerrahm, Ajvar und so weiter. Absolut notwendiges Accessoire für den Transport dieser Köstlichkeiten auf die Donau ist die dekorative Kühlbox (auf dem Grillplatz wird richtigerweise „Kiehlbox“ gesagt), wahlweise in Gelb, Pink oder knalligem Rot gehalten. Neben den Köstlichkeiten werden in der Familienkarosse auch Utensilien für den Grill-Komfort der feineren Art herbeigeschafft: Sessel, Tische, Decken, Sonnenschirme, Tischtücher, Servietten, Klopaier, Gläser, Teller, Besteck, Pflaster und natürlich ein Zelt, unter dem das Ganze aufgestellt werden kann. Denn nicht einmal Regen kann Hardcore-Griller dazu bewegen, ihr Revier zu verlassen.

 

Dress to grill
Doch nicht nur am Geruch duftender Kottelets und frischer Knoblauchbrotleibe kann man sich auf Donauinsel & Co. kilometerlang ergötzen. Nein, nicht nur der Rauch, sondern auch der Grill-Dresscode à la „zamgewürfelt und völlig egal, wie’s aussieht“ erzeugt eine optische Dauerirritation. Es heißt ja, weniger sei mehr. Nun, in Grill-Couture-Sprache übersetzt heißt das: Es ist egal, was man anzieht, man sieht meistens sowieso aus wie der Tschusch vom Mexikoplatz. Bei den Herren bedeutet das Trainingshosen aus den 90ern in kurz oder lang, Unterleiberl über dem Bierbauch und Arbeiterkäppi zum Finish. Die Damen stehen dem in nichts nach: Zu-knappe-für-zu-breite-Figur-Trainingshose, Nachthemd als Trägertopp, die ausrangierten peinlichen Fake-Puma-Sportschuhe von den Kindern und natürlich der Bikini drunter.



Meistens dauert die Belagerung der Lobau bis in die späten Abendstunden an. Hardcore-Grill-Fans bleiben, bis die Dämmerung beginnt. Erst wenn der letzte Ćevap gegessen, das letzte Bier getrunken, das letzte Stück Kuchen verdrückt ist, und über alle aus dem Dorf ausgiebig gelästert wurde, dann erst wird eingepackt und das Feld geräumt. Bis zum nächsten Wochenende.

Hauptsache Rock’n’Roll.

 

 

 

 

 

Grill-Hot-Spots in Wien

 

11., Am Kanal, Alberner Hafenzufahrtstraße, Nähe Margetinstraße

14., Auhof – Retentionsbecken

16., Steinbruchwiese im Ottakringer Wald

 

17., Mittereckwiese im Schwarzenbergpark

 

19., Krapfenwaldgasse an der Höhenstraße, beim Krapfenwaldbad

 

23., Draschepark, Ecke Triester Straße/Sterngasse

 

22., Donauinselbereich (insgesamt 16 Grillplätze)
 

 

 

 

 

 

 

The masters of Grillplatz

Auch beim Grillen gelten Regeln – und zwar nicht nur beim richtigen Auflegen der Würstel.
Damit nichts anbrennt, wachen sogenannte „Grillplatzmeister“ der Stadt Wien über den Grillmarathon – etwa Herr Zlatan, Herr Ilkay oder Frau Celik. Zu Zwischenfällen komme es kaum, sagen sie: „Ach, die sind alle brav. Die meisten wollen einfach nur essen, trinken und liegen“, so Zlatan über seine grillenden Schützlinge.
Trotzdem, auch für dich zum Nachlesen: Das Grill-Einmaleins!

So brätst du richtig

- Grillplätze müssen vier Wochen im Voraus reserviert werden. Die Nutzung kostet zehn Euro für den ganzen Tag und den ganzen Clan. Stornieren nur spätestens zehn Tage vorher möglich, sonst blecht man umsonst.
- Je nach Grillplatz darf von neun in der Früh bis 21 bzw. 22 Uhr abends gegrillt werden.
- Grillsaison ist eigentlich immer, also von Jänner bis Dezember. Hardliner grillen im Schnee.
- Kontakt: Für die Wiener Grillplätze sind die Wiener Gewässer (MA 45) bzw. das Forstamt und der Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien (MA 49) zuständig. „Grillanträge“ und Reservierungsformulare gibt’s online unter
http://www.wien.gv.at/wald/freizeit/grillen.htm und für den persönlichen Kontakt gibt’s das Grilltelefon: 01 4000-96496

- Grillen darf man nur an den dafür vorgesehen Plätzen, nur mit Reservierung und nur in der vorgesehenen Zeit.
- Sicherheitsabstand zur umliegenden Vegetation: mindestens zwei Meter.
- Verboten ist noch: Müll hinterlassen – höchst asozial, Bodenfeuer machen, die Umgebung in Brand stecken, anderen Leuten ihr bezahltes Grillrecht vorenthalten…
- Die Ordnungshüter: insgesamt 16 Grillmeister sorgen für Recht und Ordnung. Seit fünf Jahren kümmern sie sich um die Einhaltung der Sicherheitsregeln, verhindern die Überbelegung der Grillplätze und „beraten“ die Brater. Pikantes Detail: Wer Grillmeister werden will, muss eine Ostsprache beherrschen. Die Beratung erfolgt auch auf Türkisch, BKS, Polnisch etc.!

Alle Infos findet ihr unter www.wien.gv.at
Frohes Grillen!

 

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Kommentare

 

Mülleimer. Gemeinsam mit den Plastikflaschen setzt die glosende Kohle Dioxindämpfe frei.
Sonst gut grill, und mir legt´s bitte ein leckeres Stück Melanzani mit viel Knoblauch auf!

 

fehlt nur mehr das wetter zum grillen

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