Hooligan Dance

29. Mai 2009

Ja! Es gibt sie! Sogar hier in Wien: Skinheads die keine Nazis sind, sondern das Gegenteil! Sie mögen Multikulti, Ausländer, Fremdsprachen, Toleranz, Fußball, Ska, Reggae, Soul und Bier. Und finden Hitler, Strache, Haider, Le Pen und alle Nazis – einfach oberpfui: Sie sind: Skins von links!

Von Todor Ovtcharov, Mitarbeit: Bogumil Balkansky

 

Hier in Wien haben die „Roten“ oder „Ska-Skins“ eine kleine, aber funktionierende Event-Landschaft aufgebaut. Ein Treffpunkt ist das „Rock-A-Hula“ im 9. Bezirk. Ein anderer sind die „Skanking Night“-Partys im Club Ost. Mit dieser Veranstaltung verdient ihr „Erfinder“ Clemens, ein Links-Skin, seit einigen Jahren kein Geld. Er tourt trotzdem durch diverse Locations und bringt den Leuten jenen Ur-Reggae im Ska-Tempo aus der Zeit, bevor Bob Marley die Tempi verlangsamt und den klassischen Kiffer-Reggae kreiert hat. Clemens macht das alles aus Überzeugung und Spaß an der Freud' – wie er selbst sagt.

Gute Skins
Weil Clemens oft gefragt wird, ob seine Veranstaltung ein Nazi-Treff sei, wird er nicht müde, dem Fragenden die Geschichte der Skinheads zu erklären und er versucht, immer größere und bekanntere Bands nach Wien zu holen.

Einfach um der Welt zu sagen: „Seht her, es gibt „gute“ Skins! Und die waren vor den „bösen“ Skins da!“

Denn ursprünglich waren die Skinheads keine Neonazibewegung. Alles, was wir heute als Skinhead-Mode, wie Doc Martens, Bomberjacke, Glatze usw. identifizieren, war ursprünglich eine Bewegung, Mode und Musik der Arbeiterkinder Englands. Die „Doc's“, beispielsweise, sind modifizierte Sicherheitsschuhe für die Baustelle. Und keiner dieser Ur-Skins war ein Nazi.

Wie alles beginnt ...
In den späten 60ern erlebt die britische Volkswirtschaft ein starkes Wachstum. Das lockt viele Migranten aus der Karibik, vor allem aus Jamaika, in die Randviertel der englischen Großstädte. Sie vermischen sich mit den Kindern der englischen Arbeiterklasse und begeistern sie für Ska, Reggae und Soul. Die englischen Kids bringen sie dafür zum Fußballstadion und aus der Mischung der Kulturen und der Mode der Londoner „Carnaby Street“ entstehen die ersten Skinheads.

Ab den frühen 70er-Jahren, mit dem Ölschock und der ersten großen Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg, steigt die Ausländerfeindlichkeit aus Angst um den Arbeitsplatz und erreicht auch die Skinhead-Szene. Parteien wie die National Front und die später von ihr abgespaltene BNP – British National Party – nutzen diesen Effekt für die Rekrutierung junger, gewaltbereiter und nunmehr „rechter“ Skinheads aus dem Arbeiter-Milieu.

Mein Freund Zdravko
Einer dieser letzten Mohikaner der linken Skinhead-Szene ist mein Freund Zdravko. Und Zdravko hat es gar nicht leicht.

Als er ein Mal in Sofia an einem Roma-Viertel vorbeispaziert, das aus unerfindlichen Gründen „die Fakultät“ genannt wird, stellt sich ihm eine Gruppe Roma in den Weg. Die Roma haben Stöcke und Steine und sind gar nicht freundlich gesinnt. Klar! Was diese Roma sehen ist eindeutig: Glatze, Bomberjacke, Doc's! In ihrem Viertel!

Als die Stöcke und Steine über Zdravko hereinbrechen, läuft er weg. Aber nur wenige Meter. Zdravko bleibt stehen, um diesen Roma zu erklären, dass es auch gute Skins gibt und er, Zdravko, einer von den Guten ist.

Später, als ich Zdravko im Krankenhaus besuche, weiß er, dass es eine schlechte Idee war.

Zurück in Wien
Nachdem ich Zdravko tröste, dass weder die Roma schuld seien, noch er selbst, sondern die Nazi-Skins, kehre ich nach Wien zurück. Und besuche mit meinem Freund, dem Gut-Skin mit marokkanischen Wurzeln die „Skanking Night“. Es sind etwa 20 Leute anwesend, darunter auch drei, vier Mädels.

Und mein Freund erzählt mir, wie oft er von Türken blöd angemacht wird.

Wegen Glatze, Bomberjacke und Doc's.

Kommentare

 

das glaub ich das, das für deinen freund schwer zum erklären war...hab skins auch nie mit linker politik verbunden...eben auch ein vorurteil ...werd an mir arbeiten!

 

das ist alles eine ziemliche Gratwanderung. Die Grenze zu Hoologanismus, linksextrem und rechtsextrem ist ziemlich verschwommen. Mit einer Gemeinsamkeit: Zielgruppe: männlich zwischen 20 und 30 Jahren mit erhöhten Gewalt Potenzial. Also sprechen wir von einer männlichen Problematik - da müssen sich Männer schon selbst "emanzipieren" und unter einander "resozialisieren" das zum Gemeinwohl der Gesellschaft anfangen zu ticken und nicht gegen sich selbst und andere Mitmenschen handeln.

Aber jede Bewegung hat eine Gegenbewegung.

Hatt auch mal so eine ganz skurrile Begegnung in der Arena. Ich mit einer Freundin sitzen am Bordstein - sind uns zwei Jungs nachgegangen. Der eine linker Punk (chiro, bunt), der andere seinem outfit nach Rechts (Bomberjacke, Doc martins, hochgekrempelte Hosenbeine). Dachte damals mir wird leicht übel und wunderte mich noch, was ein "rechter" in der Arena verloren hatte bzw. wie der da überhaupt reinkam. Egal. Reden wir halt so und erzählt auf einmal der "Rechte" er wird Punk, weil ihm die Klamotten mehr taugen und das styling und überhaupt ist punk stylischer. Nur hatte er eine Glatze und wenige Zähne im Mund. Und erzählt weiter sein Leiden, das er sich zum Punk outfit die Haare lang wachsen lassen muss für eine chirokese-Frisur.

Ich damals, wie vom Maultier getreten, dachte mir nur "Achaaaaa" und konnte diese Begegnung der "dritten Art" lange nicht so wirklich einordnen. Das war dann wohl ein "linker-rechts-geoutfiteter". Gut das ich dass 10 Jahre später verstehe, was da gelaufen ist. Danke für den Artikel!

 

ich denke, dass man als "guter" Skin eine absolute Ausnahme ist und es ist Zeit eine neue Mode für sich zu entdecken. Sonst bleiben die Krankenhäuser nicht leer.

 

Oi

gibts nicht auch die Oi-Skins? Ich hab mal gehört, dass das eben die Liksskins sind, die Ska hören bzw. Oi-Ska (?) und friedlich sind, nur eben gemeingefährlich aussehen.

 

jep stimmt! ursprünglich gab es nur die OI skins mit ihrem weißen schuhbändel. die skinheads haben es denen abgeschaut :)
egal ich liebe sie trotzdem alle :) hab sogar auch ein longestale pulli oder wie man das nennt.

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