"Ich kenne kaum Inder mit Sixpack"

03. April 2009

Ramesh Nair, Dancing Star und Musical-Choreograf, war mit uns im indischen Restaurant Rani essen. Warum indische Männer Bäuchlein haben, wie heilig die Kuh in Indien wirklich ist und was Inder unter „scharf“ verstehen, hat er Anita Malli (Text) und Elsa Okazaki (Fotos) erzählt.

 

Otto-Bauer-Gasse 21 im siebten Bezirk, Samstag zu Mittag im indischen Lokal Rani. Ramesh Nair sitzt mit uns vor der Speisekarte.

 

 

biber: Nimmst du ein spätes Frühstück oder schon etwas von der Mittagskarte?
Ramesh Nair: Ich nehme ein Mittagsgericht; die gemischte Fleischplatte. Das indische Frühstück liebe ich zwar, esse es aber nur, wenn ich zu Besuch bin. Unser europäischer Magen ist in der Früh daran nicht gewöhnt. Das indische Frühstück ist so eine Art Eiercurry, eine Soße mit hart gekochten Eiern. Das wird mit Weißbrot (Naan) gegessen. Hier in Wien frühstücke ich Weckerl oder Müsli, aber in Indien passe ich mich an und esse, was auf den Tisch kommt. Manchmal werden in der Früh so kleine Fladen aus Reismehl mit Bananen gegessen. Zu Mittag gibt es dann Fleisch und Fisch in Saft, Currys und viel Gemüse. Dazu nehmen wir Reis oder Fladenbrote wie Naan, Chapati oder Dosa – das ist eine Art Fladen aus Reismehl. Ihr würdet wahrscheinlich „Palatschinken in Weiß“ dazu sagen. Ich esse das ganz gern mit Hühnercurry. Es ist alles sehr scharf und soßig, meistens braun, rot und grün.

Das klingt ja alles recht gesund und bunt.
Ja, aber indisches Essen ist recht ölig, weil relativ viel Ghee, also Öl, verwendet wird. Mit meinem Onkel habe ich schon darüber diskutiert, warum so viele indische Männer ein kleines Bäuchlein haben. Wir glauben, es ist vom vielen Öl in der indischen Küche, das verursacht wohl diesen kleinen Hüft- und Bauchspeck. Irgendjemand hat mir auch einmal gesagt, dass es genetisch bedingt ist, dass die Inder eben diese Statur mit Bäuchlein haben. Und ich muss sagen, ich selbst hab kaum Inder mit Sixpack-Bauch gesehen.

(Der Kellner bringt das Essen. Ramesh hat die gemischte Fleischplatte „Indian King’s Thali“, bestellt; mit verschiedenen Fleischsorten, Saucen und Gemüsereis.)
Bei meiner Großmutter in Südindien wäre dies keine Platte, sondern ein großes Bananenblatt mit ganz vielen kleinen Schüsseln.

Wo wohnt deine Großmutter?
In einem ganz kleinen Dorf ganz unten im Süden. Ich sag immer, das ist mein Dschungel: ein kleiner Hof, ein Wasserbüffel, Hühner, die durchs Haus laufen, umringt von Palmen. Hinter dem Haus ist ein kleiner Fluss. Da ist ein Fährmann mit einem Kanu; der bringt dich auf die andere Seite ist ein Dorf, wo du einkaufen kannst.

Kannst du indisch kochen?
Ich kann leider nicht indisch kochen. Ich hab einmal meiner Mutter zugesehen, es aber sofort aufgegeben, als ich bemerkt, dass sie in die Gewürztöpfe greift und nach Gefühl nimmt, wie viel sie braucht. Ein Chicken-Curry hab ich einmal ausprobiert, das hat auch irgendwie indisch geschmeckt, aber nicht so, wie es sein soll.

Und deine Mutter, hat sie zu Hause indisch gekocht?
Sie hat deutsch und indisch gekocht, weil wir Kinder – ich habe einen Bruder und eine Schwester – immer deutsche Küche essen wollten. Für sich selbst und meinen Vater hat sie indisch gekocht. Vor zehn Jahren bin ich von zu Hause ausgezogen; seither schätze ich erst wieder das indische Essen. Nur manchmal habe ich Probleme bei der Bestellung. Die Inder in Österreich kochen sehr mild, sonst könntet ihr es nicht essen. Wenn aber ich als Inder etwas bestelle, dann machen sie es so scharf, dass ich es nicht essen kann!

Dein Gaumen ist also europäisiert?
Nein, eigentlich nicht. Total scharf vertrage ich zwar nicht, aber so ein Mittelding finde ich gut. Die österreichische Küche mag ich auch gern, aber manchmal könnte sie ein bisschen aufregender sein. Für einen Inder sind die Gerichte zu „entspannt“. Bevor ich koste, salze und pfeffere ich nach. Was ich sehr gerne mag sind Backhenderlsalat, Palatschinken und ab und zu ein Schnitzerl, da weiß ich auch worauf ich mich einlasse. Die Schärfe ist sehr, sehr wichtig in der indischen Küche. Die Inder sagen, dass sie alles Materielle im Körper abtötet. Indische Küche ist  aufregend, weil sie auf der Zunge und auf dem Gaumen ein kleines Erdbeben auslöst. Darauf will ich nicht mehr verzichten. Und außerdem finde ich toll, dass man mit den Fingern essen darf.

Wie geht das?
(etwas verlegen) In Österreich mache ich das normalerweise nicht, außerdem muss ich mir zuerst die Hände waschen. (Geht Hände waschen und kommt gleich wieder).
Die Inder schieben ihr Essen die ganze Zeit auf dem Teller hin und her. Dann formen sie so kleine Knödel, nehmen ein bisschen auf Zeige-, Mittel- und Ringfinder und schieben das Essen mit dem Daumen in den Mund. Danach waschen sie sich wieder die Hände.

Wie sagen die Inder „Guten Appetit“ oder „Mahlzeit“?
Hmm. (überlegt) Ich weiß gar nicht. Es ist eher „gmiatlich“, noch mal anders als hier. Man setzt sich hin und isst. Wenn ich warte, bis alle was zu essen haben – so wie das hier üblich ist – und dann „Enjoy your meal“ auf Englisch sage, wirkt das eher eigenartig. In Indien wird sofort gegessen, wenn das Gericht auf den Tisch gestellt wird. Ohne „Mahlzeit“ und „Guten Appetit“.

Bist du Hindu, kennst du die Speiseregeln?
Ich bin Hindu auf dem Papier. Der mütterliche Zweig meiner Familie ist katholisch und der väterliche ist hinduistisch. Mein Vater hat versucht, uns den Hinduismus nahezubringen. Als Kind wusste ich weitaus mehr darüber als jetzt. Außerdem war ich dann in der Schule im christlichen Religionsunterricht. Die Speiseregeln im Hinduismus kenne ich nicht. Ich glaube, dass sich nur mehr wenige wirklich streng daran halten. Es ist entspannter geworden in der letzten Zeit. Die Kühe sind aber nach wie vor heilig. Die laufen auf der Straße herum und verursachen manchmal ein ziemliches Verkehrschaos. Das ist schon seltsam für einen Europäer, für mich auch. Es ist eine ganz andere Welt. Auf der Straße wird immer gehupt beim Abbiegen. Durch das Hupen schrecken die Tiere auf und laufen wild drauflos.

Welche Desserts kannst du empfehlen?
Indische Nachspeisen werden einem oft zum Verhängnis, überhaupt wenn man bei Verwandten zu Besuch ist. Da bekommt man immer indischen Tee mit Milch und sehr viel Zucker. Dann wird genascht. Bananenchips – die übrigens nicht wie hier süß, sondern salzig sind – oder Tapiokachips, das ist eine Wurzel. Kuchen, sehr köstliche Biskuitrouladen und Halva werden angeboten. Es gibt natürlich auch diese hohen Riesentorten mit fünf Kilometer Zuckerguss drauf, vor allem zu Hochzeiten und an Geburtstagen.

Wie werden die denn gefeiert?
Das sind riesengroße Feste. Aber nicht nur Hochzeiten und Geburtstage werden groß gefeiert, sondern auch Todestage. Wenn jemand stirbt, gibt es ein Jahr danach eine große Gedenkzeremonie mit Gottesdienst. Ich war vergangenen November in Indien, um den Todestag meines Großvaters zu feiern. Es waren über 600 Menschen bei der Feier. Mein Großvater mütterlicherseits hatte im Dorf eine wichtige Stellung, er hat viel Land besessen und für das Dorf viel getan. Die Gäste wurden dann alle verköstigt mit Riesentrögen von Reis. Schließlich müssen alle satt werden.

Klingt sehr großzügig.
Meine Großmutter hat mir oft erzählt, dass meine Familie nie viel Geld hatte, ihre zehn Kinder mussten aber nie hungern. Auch wenn jemand zu Besuch gekommen ist, haben sie immer gegeben, was sie hatten. Das ist eine Frage der Mentalität. Hier in Europa kuckt jeder nur, dass er mehr hat als die anderen.

Lebst du Großzügigkeit oder Geiz?
Wenn ich mir Sorgen machen muss wie ich meine Miete zahle, dann bin ich eben sparsamer. Wenn es mir gut geht, teile ich. Ich bin eher ein Geber, lade Freunde ein. Wenn ich eine gute Phase habe, warum soll ich andere nicht daran teilhaben lassen? Es kommt ja immer irgendwas zurück; einmal lade ich ein, dann werde wieder ich eingeladen. Ich glaube, dass das hier viel berechnender gelebt wird. „Du hast mich einmal eingeladen, jetzt muss ich dich einladen“, so bin ich nicht. Das ist eine Mentalitätssache.

Welche Rolle spielt Alkohol in Indien?
Ich selber bin niemand, der viel Alkohol trinkt. In Indien vielleicht am Abend, wenn die Männer in einer Runde zusammensitzen, genehmigen sie sich einen Whiskey. Aber sie trinken sehr viel weniger als die Leute in Österreich.

Ein Inder aus Deutschland

Ramesh Nair (33) ist seit September der bekannteste Inder Österreichs. Bei einem Casting für die neue Werbekampagne hat sich der Mobilfunkanbieter tele.ring für ihn entschieden. In Wien lebt Ramesh seit zehn Jahren; geboren wurde er in der deutschen Kleinstadt Landau in der Pfalz. Was ist bei einem in Deutschland geborenen Inder indisch? Sein Aussehen, sein Herz, sein Pass, nicht jedoch seine Sprache: Ramesh beherrscht die Sprache seiner südindischen Eltern – Malayalam – nicht. Sein Beruf ist das Musical. Er arbeitete die letzten zehn Jahre in Wien als Darsteller und Choreograf, zuletzt für „Guys and Dolls“ an der Wiener Volksoper. Seine Bühnenerfahrung kommt ihm derzeit bei der TV-Show „Dancing Stars“ zugute. Kommentatoren rechnen ihm hohe Gewinnchancen aus. Wir drücken die Daumen!

Indisches Essen – je fetter, desto besser

Die indische Küche kann man nicht in einen Topf werfen, denn das Land ist riesig – 40-mal so groß wie Österreich – und die Speisen vielfältig. Reis, Dahl (Linsenbrei), Gemüse, Chapati und Nan (Brot aus Mehl und Wasser) gibt es überall. Ein typisch indisches Getränk ist der Chai (Tee). Fleisch spielt eine weniger große Rolle als bei uns. Hindus essen kein Rindfleisch, Moslems kein Schweinefleisch, auf Huhn und Fisch können sich alle einigen. Currys (Eintöpfe) mit klein geschnittenem Fleisch, Fisch, Gemüse und einer Soße sind sehr üblich. Das bekannteste ist das Hühner-Curry. Bei uns wird die Gewürzmischung Curry fix und fertig im Packerl gekauft, die Inder mischen sich ihr Curry – sie nennen es Masala – selbst zusammen. Indisches Essen ist oft sehr fett. Gekocht wird nach dem Motto „je fetter, desto besser“. Außerdem wird sehr scharf gegessen, im Süden schärfer als im Norden. Die Schärfe hat Vorteile: wenn Hygiene und Kühlung versagen, schützt sie vor der einen oder anderen Darminfektion. Wem es zu hot wird, der nimmt anschließend ein Mango-Lassi (Mango-Joghurt-Milch), geraspeltes Kokosfleisch oder Tee.

Kommentare

 

das ist einfach mein junge!

der bringt uns inder mal wieder zurück in die österreichischen medien, ich bin echt stolz. und wir sind echt ne minderheit in österreich.

 

hey...hab kürzlich bei einer hochzeit mit nem inder geredet.

er meinte, dass er wirklich nicht wusste, dass man kühe essen kann, bevor er nach österreich kam.

er ging mcdonalds und wurde von einem auf nen mc.whatever eingeladen. als er gesagt bekam, dass er gerade ne kuh gegessen hat, wurde ihm schlecht.

 

das ist ja ein ding, also wenn das nicht integration eines inders im westen ist, dann weiss ich auch nicht :-)

 

bei den chinesen würd ich mich nieeee integrieren. hab bei den olympischen spielen die ganze zeit irgendwelche insekten als schmankerl an den imbissständen gesehen. nöööööö

Anmelden & Mitreden

9 + 0 =
Bitte löse die Rechnung